Was von der Oscar-Nacht 2015 bleibt

Was bleibt von der 87. Oscar-Nacht? Ein Plädoyer für Gender-Gerechtigkeit. Ein männlicher Sieger, der auch ein Verlierer ist. Und ein Moderator, der die Hosen runterliess, uns sonst aber nicht wirklich zum Lachen brachte. 1. Die meisten Trophäen: «Birdman» und «The Grand Budapest Hotel» Gingen in den wichtigsten Kategorien (bester Film, bestes Drehbuch) an «Birdman» – […]

John Travolta küsst Scarlett Johansson bei ihrer Ankunft Dolby Theatre in Hollywood, wo in 24 Kategorien Oscars verliehen wurden.

Was bleibt von der 87. Oscar-Nacht? Ein Plädoyer für Gender-Gerechtigkeit. Ein männlicher Sieger, der auch ein Verlierer ist. Und ein Moderator, der die Hosen runterliess, uns sonst aber nicht wirklich zum Lachen brachte.

1. Die meisten Trophäen: «Birdman» und «The Grand Budapest Hotel»

Gingen in den wichtigsten Kategorien (bester Film, bestes Drehbuch) an «Birdman» – und in den kunstvollsten Kategorien (Kostüm, Musik, etc.) an «The Grand Budapest Hotel». Das freut uns für beide, für Alejandro González Iñárritu und für Wes Anderson, gehören sie in Hollywood doch zu den eigenwilligsten Regisseuren. (Wer die Sieger aller 24 Kategorien aufgelistet haben möchte: Hier wird er/sie fündig.)

 

2. Der grosse Verlierer: Michael Keaton

Er trägt den Film «Birdman» von Alejandro González Iñárritu: Michael Keaton, der Mann, der das Batman-Kostüm nie richtig abstreifen konnte – was in «Birdman» ironisch aufgenommen wird. Trotz seiner beachtlichen Leistung blieb Keaton der Award für den besten Hauptdarsteller verwehrt, was in vielen Wettbüros für Enttäuschung gesorgt hat. War er doch Topfavorit bei den Männern. Keaton trug es mit Fassung.

In der besten Hauptrolle aber hat die Akademie einen jüngeren, einen unbekannteren Schauspieler gesehen. Eddie Redmayne, der in «A Theory of Everything» Stephen Hawking spielt, konnte sein Glück kaum fassen.   

3. Die grossen Verluste: mit H. R. Giger

Es kommt selten genug vor, dass ein Designer, der keine Mode schöpft, im kollektiven Gedächtnis Hollywoods haften bleibt (Oscar-Gewinnerin Julianne Moore trug ein Chanel-Kostüm, das ihr in 127 Arbeitsstunden auf den Leib geschneidert wurde, by the way). Noch seltener ist, dass ein Schweizer in der Filmkapitale allgegenwärtig ist. H.R. Giger hat es geschafft. Ihn hat die Akademie in ihrer traditionellen Andacht an die Verstorbenen des letzten Jahres erwähnt.

4. Die Politik: Frauenpower, Einwanderung und Abhörskandale

Patricia Arquette hat den Oscar als beste Nebendarstellerin gewonnen (für «Boyhood») und bei dieser Gelegenheit ein flammendes Plädoyer für Gender-Gerechtigkeit gehalten. Frauen sollen endlich gleich entlöhnt werden wie Männer, forderte Arquette in ihrer Dankesrede – und Kolleginnen wie Meryl Streep und Jennifer Lopez quittierten es mit begeistertem Applaus.

 

Sean Penn witzelte später, als es um den Oscar des besten Film ging, dass man diesen Typen nie hätte einbürgern sollen, und verkündete den gebürtigen Mexikaner Iñarritu als grossen Gewinner. Dieser wünschte sich von den Amerikanern am Ende seiner Dankesrede, dass seine Landsleute ebenso aufgenommen würden wie alle Immigranten in der Vergangenheit der USA. 

Zu guter Letzt äusserte sich auch noch ganz Hollywood politisch: Indem es den Dokumentarfilm «Citizenfour» mit einem Oscar auszeichnete, jenen Film, der sich um Edward Snowdens Whistleblowing und den Abhörskandal der NSA dreht.  

5. Die Moderation: Der Typ, der Barney spielt

Barney aus «How I Met Your Mother», der eigentlich Neil Patrick Harris heisst, führte 2015 durch den Abend. Und er war … leider keineswegs so bissig lustig wie etwa Ricky Gervais, der britische Komiker, an dessen Moderationen der Golden Globes 2010 bis 2012 offenbar keiner mehr herankommen darf (weil sie eigentlich zu frech waren für Hollywood).

Bester Moment von Neil Patrick Harris: Als er die Hosen runterliess.

Wer aber lachen will mit und über Hollywood, der bedient sich besser in der Vergangenheit: 

6. Der überraschendste Kuss: John Travolta und Scarlett Johansson

John Travolta auf Rekrutierungstour für Scientology? Nun, Pech gehabt, denn Scarlett Johansson bleibt trotz Kussversuch des alten Mannes unnahbar. Wahnsinnig cool, wie cool sie blieb. 

(Bild: Mike Nelson)

7. Der sülzigste Moment

Als Lady Gaga einen auf Julie Andrews machte und ein Medley des Filmmusicals «Sound of Music» intonierte. Wer kennt das überhaupt ausserhalb der USA? Niemand. Aus gutem Grund: voller Schwulst, Pathos und Patina.

_
Harte Facts zu den Oscars: hier lang.

Nächster Artikel