Wünschen heisst verändern wollen – und wünschen sollten wir daher dringend. Denn die Schweiz rennt 2016 weiter in eine Isolation, in der sie an den Herausforderungen der Gegenwart zerbricht.
So. Da stehen wir also. Jahreswechsel. Einmal den 2015er-Staub aus den Kleidern geschüttelt, zweimal angestossen, dreimal auf die Schulter geklopft. Bravo, haben wir das wieder einmal gut gemacht, ein bisschen persönliche Bilanz, ein paar schöne Vorsätze, Tischbombe, bumm. So schlimm wars ja irgendwie doch wieder nicht, auf dass das nächste besser werde. Prost!
Jahreswechsel, und die Routine beginnt von vorn. Nach den Ferien wieder ab an die Arbeit, bisschen verkatert und so. Geändert hat sich nichts, ausser dass wir während Wochen noch Datumszeilen korrigieren, weil das Vorjahr immer noch im Handgelenk sitzt. Ein bisschen erholter vielleicht auch, schliesslich machte die Reizüberflutung über die Festtage ebenfalls Urlaub, und die meisten von uns hatten am Familienfest ordentlich zwischenmenschlichen Kontakt. Ansonsten: Guten Morgen, Alltag! Hallo, du kleine Routine!
Mehr Mut, mehr Kraft und Weisheit für die Schweiz
Zeit also, sich etwas zu wünschen. Zeit, zu träumen: Von einer Welt mit weniger Angst. Von einer Welt, in der mehr Dilettanten vergnügt dilettieren. Und von einer Schweiz, mit der die selbsterklärte stärkste Partei nicht Katz und Maus spielen kann, wenn es um die eigene Rechtsstaatlichkeit und das Verhältnis zu Europa geht.
Wünschen ist nötiger denn je: Es ist die Hoffnung auf Besseres, das Streben nach einer Veränderung. Platzieren wir unsere Wünsche also nicht nur zum Jahreswechsel, wenn uns beim Ändern der letzten Zahl auf der Datumszeile Wehmut ergreift. Wünschen wir uns dort etwas, wo wir eine bessere Zukunft gestalten wollen. Dort, wo Veränderung dringend nötig ist.
Wünschen wir uns also:
- Mehr Mut, das Diktat von Rechtsaussen zu brechen: Denn Angst vor den Herausforderungen der Gegenwart führt in die Isolation und damit in die Defensive.
- Mehr Kraft, ein gemeinsames Ziel für diese Nation zu fassen: Eine Schweiz, die in einem internationalen Umfeld gedeiht und den Wettbewerb mitbestimmt statt sich ihm zu verweigern.
- Mehr Weisheit, um uns der humanitären Aufgabe bewusst zu werden: Die Menschlichkeit verbietet es, Menschen in Not die Türe zu verschliessen. Die internationale Migration ist eine der grössten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts; nehmen wir sie an.
Wünschen wir uns also das Beste – und noch ein bisschen mehr – und arbeiten wir darauf hin.
Und halten wir uns noch ein paar Wünsche offen, denn wer weiss schon, was passiert, wenn wir wunschlos glücklich sind. Wir wären wohl in unserer Wunschlosigkeit letztlich nur unendlich unglücklich. Stellen Sie sich das mal vor: Wie grausam langweilig es doch wäre, wenn der letzte Wunsch darin bestünde, nach Jahreswechsel das Datum gleich auf Anhieb richtig hinzubekommen. Und dieser Wunsch sogar noch in Erfüllung ginge.
Wünschen wir uns also das Beste – und noch ein bisschen mehr – und arbeiten wir darauf hin. Zwischendurch dürfen wir uns dann ruhig auch einmal den Staub aus den Klamotten schütteln, zweimal darauf anstossen und dreimal auf die Schulter klopfen – so lange es nicht dabei bleibt. Prost!