Der Uni-Sparhammer trifft erste Fächer

Der neue Leistungsauftrag der Universität Basel entfaltet seine Wirkung: Der Abbau von Lehrstühlen und ganzen Studienangeboten bei der Philosophisch-Historischen Fakultät hat begonnen.

Schmerzhafte Folgen bei allen Departementen: Der Sparhammer schlägt zu bei der Uni Basel.

Im Juni 2017 machten sie noch gute Miene zum bösen Spiel. Uniratsdirektor Ulrich Vischer und Unirektorin Andrea Schenker-Wicki sprachen vor den Medien über den neuen Leistungsauftrag. Sie betonten die «Erfolge». Fragen zu den verordneten Sparübungen lächelte man weg. Das sei Sache der einzelnen Fakultäten, man werde dann im März 2018 darüber entscheiden.

Laut Rektorin Andrea Schenker-Wicki war aber klar: «Es müssen sicher alle etwas beisteuern.» Und: «Sobald wir es entschieden haben, können wir es kommunizieren.»

Laut Recherchen der TagesWoche sind längst Entscheide getroffen worden. Folgenschwere. Nur wurden sie bisher nicht kommuniziert.

Abbau bei Kulturanthropologie und Gender Studies

Den Hinweis gab eine Stellenausschreibung des Departements Gesellschaftswissenschaften der Philosophisch-Historischen Fakultät. Die zu besetzende Stelle ist «eine Professur für Kulturanthropologie und Geschlechterforschung (open-rank) mit Schwerpunkt Migration».

Seltsam: Eigentlich gäbe es nicht einen, sondern zwei prominente Lehrstühle bei den Gesellschaftswissenschaften neu zu besetzen. Erstens den von Prof. Dr. Jacques Picard, Kulturanthropologe am Gesellschaftswissenschaftlichen Seminar. Picards Abschiedsfest fand Ende 2017 statt. Zweitens den von Prof. Dr. Andrea Maihofer, der Leiterin des Instituts für Gender Studies. Maihofer (65) wird dieses Jahr pensioniert.

Sind das die ersten Auswirkungen der Sparvorgaben? «Ja, jetzt greifen die Umsetzungen in den einzelnen Fakultäten», sagt Uni-Sprecher Matthias Geering. Er bestätigt die Vermutung, dass hier zwei prominente Stellen zu einer gemacht werden. Es handle sich neu um eine «Brückenprofessur für Kulturanthropologie und Gender Studies mit Schwerpunkt Migration». Eine Person, zwei Fächer – «die gemeinsame Professur soll dazu beitragen, dass in Zukunft mehr gemeinsame Lehre wie auch Forschung möglich ist», sagt Geering. Die einzelnen Studiengänge würden nicht zusammengelegt.

Professoren werden zurückgestuft

Die zwei Abgänge betreffen Vollprofessuren – mit allem Drum und Dran, inklusive Assistentinnen und Assistenten. Der gesuchte Ersatz für das scheidende Doppel ist nun als «open rank» ausgeschrieben, sprich, die Stelle kann auch eine Assistenzprofessur sein. Was wiederum bedeutete: eine Lehrkraft, zwei Fachbereiche, keine Assistenten und Assistentinnen.

Uni-Sprecher Geering wiegelt ab: Falls man eine junge Person für die Aufgabe wähle, «bekommt diese eine Tenure-Track-Assistenzprofessur. Finanziell spielt dies keine Rolle, denn die Mittel bleiben gleich; hat jemand noch keine Assistierenden, werden die Gelder für Lehraufträge etc. in diesem Bereich eingesetzt.»

Eine weitere Sparmethode, die an der Philosophisch-Historischen Fakultät zur Anwendung kommt, ist anscheinend die Rückstufung. Die Fakultät spare unter anderem auch, indem «Professuren auf Assistenzprofessuren zurückgefahren werden», sagt Geering. Welche Auswirkungen das auf den Ruf der Uni und die Motivation der Lehrenden haben wird, wird sich zeigen.

Drei Prozent weniger – zwei Fachbereiche abgeschafft

Die «Brückenprofessur» bei den Gender-Studies und der Kulturanthropologie ist nur eine von vielen. Es sollen noch weitere solche Stellen geschaffen werden, «die zwei Fächer miteinander verbinden und Synergien schaffen», fügt Geering an. «Dieser Prozess erstreckt sich über mehrere Jahre und betrifft eine ganze Reihe von Fächern und alle Departemente.»

Insgesamt muss die Philosophisch-Historische Fakultät «knapp drei Prozent» einsparen. Das Departement Gesellschaftswissenschaften sei von diesen Sparmassnahmen leicht unterdurchschnittlich betroffen, weil es eine sehr hohe Belastung aufweise, so Geering. Anders gesagt: Die Geisteswissenschaften sind schon längst die günstigste Zitrone im Korb – und schon stark ausgepresst. Jeder Sparbefehl geht ans Lebendige.

Es sei zwar das Ziel der Umsetzung der Sparmassnahmen, «keine Angebote aufzugeben», so Geering. Doch zwei «Kleinstangebote in den Altertumswissenschaften» müssen über die Klinge springen.

Bei den zwei Fachbereichen handelt es sich um Historisch-vergleichende Sprachwissenschaft und Vorderasiatische Altertumswissenschaft.

Verhältnismässigkeiten

Eine kleine Rechnung zum Schluss. Im Jahr 2016 kostete die Historisch-Philosophische Fakultät (Personal plus Betriebskosten) laut Uni-Budget 34’493’702 Franken. Nachzulesen in der Vorlage an den Landrat der Baselbieter Regierung zum Uni-Globalbeitrag 2018–2021. Das macht pro Studierenden Geisteswissenschaftler 11’346.60 Franken. Im Herbstsemester 2016 waren in den Geisteswissenschaften 3040 Studierende immatrikuliert,  was knapp einem Viertel aller Studierenden an der Uni Basel entspricht.

Laut Geschäftsbericht 2016 lag der gesamte Personalaufwand der Universität Basel bei 381’732’881 Franken, der Betriebsaufwand bei 106’012’234 Franken. Total: 487’745’115 Franken.

Das wiederum bedeutet: Die Philosophisch-Historische Fakultät verursacht gerade einmal 7 Prozent der Personal- und Betriebskosten der Uni – und das für fast 25 Prozent der Studierenden. Diese Tatsache dürften der Hand, die den Sparhammer führt, durchaus bekannt sein.

https://tageswoche.ch/politik/stagnation-und-faecher-abbau-der-neue-auftrag-ist-gift-fuer-die-uni-basel/
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