Es war schon vom Umfang her ein imposantes Geschütz, das der Vorsteher des Justiz- und Sicherheitsdepartements (JSD) Baschi Dürr am Freitagmorgen im Basler Rathaus auffuhr. Dreissig A4-Seiten Informationsmaterial erhielten die Medienschaffenden zur Konferenz, die der Sicherheitsdirektor zusammen mit Major Peter Kötter, dem Leiter Spezialformationen der Kantonspolizei Basel-Stadt, zum «Ratschlag und Massnahmenplan 2018: Radikalisierung und Terrorismus» abhielt.
Es folgten rhetorische Salven im Maschinengewehrtempo, wie man sie sich von Schnelldenker und -sprecher Dürr gewohnt ist. Von der Einschätzung der allgemeinen Lage zur Terror-Gefahr durch den Schweizer Nachrichtendienst gelangte man rasch zur Ausgangslage in Basel-Stadt – und damit zum konkreten Handlungsbedarf. Vorab betonte Dürr, die Basler Behörden seien «ganz generell gut aufgestellt».
Shopping-Liste für 4,5 Millionen Franken
Handlungsbedarf bestehe aber in vier Bereichen: der Sensibilisierung der Bevölkerung, der Verbesserung des Bedrohungsmanagements auf behördlicher Seite, einer Gesamtkonzeption für die Infrastruktur in Einzelfällen und bei Grossanlässen, sowie bei der Ausrüstung der Blaulichtorganisationen.
Einige wichtige Eckpfeiler des Massnahmenplans sind bereits in die Tat umgesetzt, respektive zur Umsetzung in die Wege geleitet worden. Dazu gehören unter anderem die geplanten sechs zusätzlichen Poller-Anlagen in der Kernzone der Stadt. Aber auch die Weiterführung und ein geplanter Ausbau der Anlaufstelle Radikalisierung. Diese habe sich bewährt: Seit 2017 seien 21 Verdachtsanzeigen eingegangen, wovon die Behörde deren neun «vertieft angeschaut» hat. Wie Baschi Dürr auf Nachfrage sagte, wurden zwei Verdachtsfälle an den Nachrichtendienst des Bundes weitergemeldet.
Am meisten zu reden geben wird sicher der umfangreiche Forderungskatalog «Ausrüstung Kantonspolizei». Hier vermischt Dürr geschickt zwei Geschäfte: Er beantragt vom Grossen Rat unter dem Deckmantel der Terror-Bekämpfung eine materielle Aufrüstung des kantonalen Polizeikorps in der Höhe von 4,5 Millionen Franken (mit jährlich wiederkehrenden Kosten von einer Viertelmillion).
Doppelt so viele Maschinenpistolen und ein Panzerfahrzeug
Konkret fordert die Regierung einerseits ein «neues Sonderschutzfahrzeug», sowie den «Ersatz der Maschinenpistolen» und die «Aufrüstung der Schutzbekleidung».
Der «Ersatz» entpuppt sich auf Nachfrage als massive Aufstockung des Waffenbestandes. Zwar machen Major Kötter und Regierungsrat Dürr wohl zu Recht darauf aufmerksam, dass die derzeitigen Schnellfeuerwaffen der Basler Polizei in die Jahre gekommen seien und ein Ersatz an der Zeit sei. Doch im Antrag steht auf Seite 13 unmissverständlich: «Diese Ersatzmittel sollen in genügender Anzahl beschafft und flächendeckend im Polizeikorps verteilt werden.»
Konkret heisst das, wie Baschi Dürr auf Rückfrage sagt: Der Erwerb von 380 Maschinenpistolen sei anvisiert. Das bedeutet mehr als eine Verdoppelung des heutigen Arsenals von 170 Maschinenpistolen bei der Basler Kantonspolizei.
Panzerfahrzeug für Einsätze an Demos?
Zum beantragten «neuen Sonderschutzfahrzeug» – zum konkreten Modell will man wie auch bei den Waffen derzeit noch keine Angaben machen – heisst es im Antrag, es sei «für die Sondereinheiten» gedacht. Betont werden mögliche Einsätze «zur Evakuation von verletzten oder gefährdeten Personen aus ungesicherten Gebieten oder zur Inteverntion an solchen Orten».
Bisher gebe es kein schusssicheres Fahrzeug bei der Basler Polizei, man habe jeweils «notbehelfsmässig mobile Schutzschilder» an einem an sich nicht für «Einsätze in unbefriedetem Gebiet geeigneten» Fahrzeug anbringen müssen.
An der Medienkonferenz nannten Dürr und Kötter noch das Szenario eines Amoklaufes an einer Schule. Auch da sei ein gepanzertes Fahrzeug – «wir kaufen keinen Panzer!», betonte Dürr – ein nötiges Mittel, um überhaupt eingreifen zu können.
«Nicht nur für den Terrorismusfall»
Doch bleibt ein gepanzertes Polizeifahrzeug wirklich in der Garage stehen – ausser, es kommt zu einem Terroranschlag oder einem Amoklauf? Von beiden Szenarien ist Basel bisher glücklicherweise verschont geblieben. Auf Rückfrage wollen zwar weder Baschi Dürr noch Peter Kötter sagen, ob das Fahrzeug allenfalls an einer Demonstration auf dem Marktplatz auffahren könnte – oder vor dem Joggeli bei einem FCB-Match.
Doch Dürr stellt klar: «Das Fahrzeug ist nicht nur für den Terrorismusfall gedacht.» Man müsse dann je nach Einsatzszenario «genau schauen». Sowohl Erwerb als auch Verwendung von polizeilichen Einsatzmitteln müsse man immer «gut abwägen».
Der Grosse Rat ist gut beraten, den beantragten Kauf des Einsatzmittels ebenfalls gut abzuwägen. Zumal das gepanzerte Fahrzeug – anders als es der Regierungsrat im Antrag vorgaukelt – auch ganz ohne Terroristen und Amokläufer auf Basels Strassen zum Einsatz kommen könnte. Je nach Abwägung und Laune des jeweiligen Einsatzleiters.
380 Maschinenpistolen. Ja, das gibt einiges zu scrollen. (Symbolbild: Hans-Jörg Walter)