Basler Polizei forscht an Gummischrot-Frühwarnsystem

Die Polizei warnt jeweils, bevor sie Demonstranten mit Gummischrot-Salven eindeckt. Bisher allerdings oft zu leise. Aber: Eine «bessere Warnung» ist geplant. Alles wird gut.

Was die Blues Brothers können, sollte eigentlich auch die Basler Polizei hinkriegen: Anständige Lautsprecher vor dem Einsatz.

(Bild: Montage: Hans-Jörg Walter)

Die Polizei warnt jeweils, bevor sie Demonstranten mit Gummischrot-Salven eindeckt. Bisher allerdings oft zu leise. Aber: Eine «bessere Warnung» ist geplant. Alles wird gut.

Bei Demonstrationen und Ausschreitungen hat die Basler Polizei in jüngster Zeit mehrmals zu «Kollektivmitteln» gegriffen, dem Einsatz von Reizgas und Gummischrot. So geschehen etwa beim Polizeieinsatz nach dem FCB-Spiel im vergangenen April. Oder, ebenfalls im vergangenen Frühling, bei der Demonstration gegen die Räumung der Matthäuskirche.

Der Gummi-Kugelhagel führte in beiden Fällen zu Verletzungen sowie zu einem langen medialen und juristischen Nachspiel. Die Vorkommnisse rund um die Elisabethenkirche-Demo haben auch die Ombudsstelle des Kantons Basel-Stadt beschäftigt – nachzulesen im aktuellen Jahresbericht.

Erst warnen, dann schiessen

Zwei Frauen sind an die Ombudsstelle gelangt. Eine von ihnen, weil «Gummigeschosse nur knapp an ihrem Kopf» vorbeigezischt seien. Die zweite hatte weniger Glück im Unglück: Sie sei als «Teilnehmerin in der dritten Reihe des Demonstrationszugs mitgelaufen. Plötzlich seien ohne Vorwarnung Gummigeschosse herumgeflogen und eines habe sie am Kopf getroffen.»

Wie konnte es dazu kommen? Eigentlich, das hat Justiz- und Sicherheitsdepartementsvorsteher Baschi Dürr auch nach dem Vorfall vor dem Grossen Rat gesagt, hat sich die Sache laut Polizei doch folgendermassen zugetragen: «Die Einsatzleitung drohte über Megaphon den Einsatz sogenannter Kollektivmittel – also Reizstoff und Gummischrot – an, sollte der Zug weiterziehen. Da die Kundgebungsteilnehmer dieser Aufforderung nicht Folge geleistet haben, kam es beim Verzweigungsgebiet Hammerstrasse/Clarastrasse zu einem Einsatz von Gummischrot.»

Hier spricht die Polizei – aber man hört sie nicht

Was stimmt denn nun? Beides, weiss die Ombudsstelle zu berichten. Einerseits hat die Polizei laut Bericht die Demonstrierenden vor dem Einbiegen gewarnt. Per Megafon. Andererseits seien die Sprechchöre der Demonstranten so laut gewesen, dass «die Warnung der Polizei wegen des Lärms der Sprechchöre von den Teilnehmenden – ausser vielleicht denen in der vordersten Reihe – nicht gehört werden konnte.»

Ein Zustand, der nicht nur zu Beinahe- und tatsächlichen Kopftreffern geführt habe, sondern der auf Nachfrage der Ombudsstelle auch etwas auslöst bei den Ordnungshütern.

«Polizei stellt bessere Warnung in Aussicht», kann die Ombudsstelle vermelden. Klingt vielversprechend. Was hat die Polizei vor?

Laut-Sprecher! Mega-Fone!

Im Bericht der Ombudsstelle heisst es dazu auf Seite 22: «Der Einsatzleiter hat der Ombudsstelle versichert, dass die Polizei nach Wegen sucht, um Demonstrationsteilnehmende akustisch noch besser abmahnen zu können. Dies hat die Ombudsstelle den Beschwerdeführerinnen mitgeteilt.»

Auch das ist noch keine klare Antwort. Kauft sich die Polizei eigene Sound-Systems? Oder Megafone, die diesen Namen auch verdienen – so, wie etwa im Film «Blues Brothers» zu sehen (siehe Artikel-Bild)?

Auf Anfrage, ob man denn auf der Suche nach besseren akustischen Abmahn-Möglichkeiten vor dem Drücken des Abzugs schon fündig geworden sei, antwortet Toprak Yerguz, Sprecher des Justiz- und Sicherheitsdepartements: «Die Polizei ist noch daran, dies zu überprüfen.»

Innovation ist gefragt

Ein gutes Gummischrot-Frühwarnsystem will, so scheint es, Weile haben. Zu lange sollten unsere Polizisten aber nicht warten damit: Die nächste Demo kommt bestimmt – und versprochen ist versprochen. Ansonsten muss die Ombudsstelle wieder aktiv werden.

Einfallsreichtum und Innovation sind gefragt. Wir hätten da ebenfalls einige Vorschläge, neben den bereits genannten:

  • Sollten die Warnungen über Sehr-Laut-Sprecher und/oder Ultra-Mega-Fon keine Wirkung zeigen, könnte vor den ersten Salven mit scharfer Gummi-Munition eine Reihe von Knallkörpern auf den bevorstehenden Mittel-Einsatz aufmerksam machen.
  • Da die Sprechchöre der Demonstrierenden ein akustisches Problem verursachen, wäre es dienlich, wenn die Polizeibeamten ebenfalls mit Sprechchören auf den geplanten Einsatz der Kollektivmittel hinweisen würden. «PENG-PENG-PENG-eins-zwo-eins-zwo – jetz-isch-Zyt-zum-heimego!» oder ähnliches würde sich anbieten.
  • Weil akustische Warnungen im Zeitalter von Airpods womöglich nicht ausreichen – und damit auch taube Demonstrierende adäquat auf Gummischrot-Einsätze aufmerksam gemacht werden könnten – sollte sich die Polizei dringend auch ein ergänzendes visuelles Warnsystem überlegen. Denkbar wären verschiedenfarbige Fahnen, eine Laser-Warn-Show, oder Strobo-Blaulicht, bevor es Schrot hagelt.

Sollten Sie, verehrte Leserin, verehrter Leser, noch weitere blendende Ideen zur Lösung des Gummischrot-Frühwarn-Problems auf Lager haben: Ab in die Kommentare damit.

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Auch das noch – die TagesWoche-Rubrik fürs Schöne, Schräge und Fiese. Immer mit einem 😉 zu verstehen.

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