Alle Jahre wieder kommt die Steuererklärung in alle Briefkästen. Aber nicht kommentarlos: Die Basler Finanzdirektorin Eva Herzog schreibt jedes Jahr einen kurzen Dankesbrief an die Steuerzahlenden, welcher der Steuererklärung beiliegt. «Im Namen des Regierungsrates danke ich Ihnen herzlich für den wichtigen Beitrag, den Sie mit Ihren Steuern an die Finanzierung unseres Staatswesens leisten», steht darin etwa.
Ob die netten Worte das Bezahlen der Steuern erleichtern, sei dahingestellt – eine nette Geste ist es allemal. Oberflächlich betrachtet wirkt auch der Rest des Schreibens harmlos. Rückblick auf wichtige Projekte, Ausblick auf wichtige Projekte, Dank und freundliche Grüsse, fertig. Trotzdem hatten einige Basler Steuerzahler keine Freude an Herzogs diesjährigem Brief.
«Das Schreiben stimmt inhaltlich nicht»
Absatz des Anstosses: fünf Zeilen über die Steuervorlage 17 (SV17), wie der neue Anlauf zur Unternehmenssteuerreform III heisst. Im Wortlaut:
«Der Regierungsrat verfolgt eine restriktive Ausgabenpolitik. Er priorisiert Investitionen und legt ein hohes Gewicht auf die Nachhaltigkeit. Diese vorsichtige Politik will der Regierungsrat fortführen. Nachhaltigkeit ist auch die Basis für die Steuervorlage 17: Der Regierungsrat will in einem Paket die Investitionssicherheit für grosse und kleine Unternehmen stärken, die Einkommenssteuern für die Bevölkerung senken und einen sozialen Ausgleich schaffen. Die Steuervorlage 17 soll Unternehmen und Bevölkerung zugutekommen.»
Dass es die SV17 braucht, ist unbestritten – doch Uneinigkeit herrscht darüber, wie die Steuern gesenkt werden sollen.
Entsprechend harsch fielen einige Reaktionen aus: «Die Haltung des Regierungsrates zur SV17 ist bekannt und muss in einem offiziellen Schreiben nicht noch zum Ausdruck gebracht werden», sagt SVP-Grossrat Joël Thüring. Dies «insbesondere, da auch nicht alle im Schreiben erwähnten Punkte so korrekt sind».
Thüring sagt, dass eine Senkung der Einkommenssteuern ja gar nicht geplant sei. Darum stimme das Schreiben «inhaltlich nicht». «Frau Herzog möchte lediglich den Steuerfreibetrag nach oben setzen, was ich dezidiert ablehne.» Aus seiner Sicht müsse die kantonale Umsetzungsvorlage zwingend eine Senkung der Einkommenssteuern beinhalten. Ausserdem sagt Thüring: «Neu ist mir auch, dass der Regierungsrat eine restriktive Ausgabenpolitik verfolgt.»
«Sehr irritierend»
Ebenfalls keine Freude am Brief hatte FDP-Präsident Luca Urgese. Es sei grundsätzlich nichts gegen einen Brief mit Dank und Ausblick einzuwenden, doch was laut Urgese «hingegen sauer aufstösst, ist die rosarote Darstellung der kantonalen Ausgabenpolitik, und dass der Regierungsrat die Erfolge für sich allein reklamiert».
Tatsächlich sehe der Regierungsrat ein jährliches Ausgabenwachstum vor – und ein Schuldenwachstum in Zeiten von Überschüssen, so Urgese. «Restriktiv ist anders!», moniert er. Die Rolle der Bürgerlichen an der Mässigung des Ausgabenwachstums werde dagegen verschwiegen.
Das Fazit von Luca Urgese: «Letztendlich ist das nichts anderes als Propaganda für die rot-grüne Regierungsmehrheit, versehen mit dem Kantonswappen und auf Kosten der Steuerzahler.» Das Parlament, sagt er, habe schliesslich «seine anderslautende Haltung bei drei verschiedenen Vorstössen geäussert» und die Senkung des Einkommenssteuersatzes angenommen sowie die Erhöhung des Freibetrags und der Kinderzulagen abgelehnt. Herzog kenne die Meinung der Legislative und riskiere nun, «dass ihre Vorlage im Parlament Schiffbruch erleidet».
Insofern finde er es «sehr irritierend, dass die Finanzdirektorin eine amtliche Kommunikation dafür nutzt, einseitig für ihre Variante des Pakets Stimmung zu machen», sagt Urgese weiter.
«Die Kritik ist für uns inhaltlich nicht nachvollziehbar»
Beim Finanzdepartement nimmt man die Aufregung über Eva Herzogs Schreiben gelassen. Generalsekretär Sven Michal – Eva Herzog weilt derzeit in den Ferien – sagt, der Brief sei von der Tonalität her genau gleich gehalten wie die Begleitschreiben in den Jahren zuvor. «Es geht in diesen Briefen an die Steuerzahlenden jeweils einerseits um einen kurzen Rückblick; dazu wird andererseits kurz aufgezeigt, was der Regierungsrat im Bereich der Steuern als nächstes plant», sagt Michal zur TagesWoche. Er betont, der Brief sei «faktisch, nicht politisch».
«Die Kritik ist für uns inhaltlich nicht nachvollziehbar», sagt Michal zu den Vorwürfen. Man habe jedes Mal betont, eine restriktive Ausgabenpolitik zu betreiben, darauf lege das Finanzdepartement seit jeher Wert. Die Behauptung, es seien keine Steuersenkungen geplant, sei falsch, so Michal: «Der Regierungsrat schlägt vor, mit der Steuervorlage 17 den Freibetrag zu erhöhen. Damit würden die Einkommenssteuern für alle Steuerzahlenden um den gleichen Betrag sinken.»
Eine Steuersenkung sei auch das – einfach eine gerechtere. Michal: «Wenn man hingegen den Steuersatz senkt, kommt das eher den höheren Einkommen zugute.» Die Regierung hat also lediglich eine andere Ansicht darüber, auf welche Art und Weise Steuern gesenkt werden sollen. Darüber laufe nun die politische Diskussion. Und zu dieser politischen Frage sagt das Schreiben nichts, wie Sven Michal betont.