Der Bundesrat hat am Mittwoch seine Vorschläge für die «Steuervorlage 17» – so heisst die Neuauflage der USR III in ihrer derzeitigen Form – veröffentlicht. Selten geht es in Bundesbern so schnell: Keine sieben Monate sind seit dem wuchtigen Nein zur USR III vergangen. Mit 59,1 Prozent Nein-Stimmen hatte das Volk die Reform am 12. Februar 2017 bachab geschickt.
Dies, weil die mit der USR III verknüpften Steuergeschenke für Firmen viel zu grosszügig ausgestaltet waren. Der gemeine Steuerzahlende liess sich von der Propaganda der Wirtschaftsverbände nicht beeinflussen: Milliardenausfälle für Bund, Kantone und Gemeinden bei gleichzeitigen Steuererleichterungen für Firmen hatten keine Chance.
Deshalb musste Bern zackig noch einmal über die Bücher. Das Tempo zeigt die Wichtigkeit der Reform, deren Kernzweck die Aufhebung der kantonalen Steuerprivilegien für Statusgesellschaften ist. Der Druck steigt: Die Schweiz steht wegen der Begünstigung von Firmen mit Auslandbezug international seit mehr als zehn Jahren am Pranger.
Ehemalige Basler Gegner sind sich mehrheitlich einig
Die Basler Regierungsrätin Eva Herzog und ihr Parteikollege, der Basler SP-Nationalrat Beat Jans, hatten sich im Abstimmungskampf um die USR III einen harten, ja, erbitterten Kampf geliefert: Die Finanzdirektorin kämpfte an vorderster Front für die Vorlage, Jans war pointierter Gegner der Reform.
Heute sieht das anders aus. Beat Jans sieht im Vorschlag «gegenüber der vorherigen Steuerreform-Vorlage einen Fortschritt». Perfekt sei die Sache noch nicht, aber der Vernehmlassungsprozess habe ja erst begonnen. Er gehe «davon aus, dass sich noch einiges an der derzeitigen Vorlage ändern wird». Schade fände er allerdings, dass bei der Arbeitsgruppe zur Ausarbeitung der Vorlage kein einziger USR-III-Gegner mit dabei war: Sie stammt ausschliesslich aus der Feder von Befürwortern, so Jans.
Einige Forderungen seien deshalb noch zu stellen, sagt der SP-Nationalrat: «Die Refinanzierung ist bei den nach wie vor grossen Steuerausfällen noch immer zu wenig klar gegeben. Die Dividendenbesteuerung wurde meines Erachtens zu wenig stark erhöht – 70 Prozent reichen bei den übrigen Ausfällen nicht. Bei den Familienzulagen kann man ebenfalls nicht von einem Ausgleich sprechen: Viele Kantone haben schon jetzt 30 oder mehr Franken erhöhte Familienzulagen.»
Laut Jans braucht es, wenn man überhaupt zu diesem Mittel greife, «eine Massnahme, von der alle Bewohner und Kantone gleich profitieren».
Herzog schwärmt und mahnt
Eva Herzog, die als Vizedirektorin der Finanzdirektorenkonferenz das neue Paket mitgeschnürt hat, äusserte sich am Rande der Präsentation des baselstädtischen Budgets 2018 zum neuen Anlauf des Bundesrats. Zwar könne man die finanziellen Folgen für den Kanton Basel-Stadt noch nicht genau abschätzen, so Herzog – klar sei aber nach wie vor, dass es Steuerausfälle geben werde.
Aufgrund der soliden Finanzlage sei der Kanton für die Reform «gut aufgestellt», sagt Herzog zur TagesWoche. Die Vorlage biete Basel-Stadt «alles, was wir brauchen» – besonders erfreulich seien die für den Kanton wichtigen Patentboxen.
So müsse man sich aus Basler Sicht keine Sorgen machen über die neue Vorlage, sagt Herzog: «Wir haben einen Überschuss, der ungefähr in der Höhe dessen ist, was wir geschätzt haben. Derzeit laufen die neuen Berechnungen.» Mit Blick auf die bereits von bürgerlicher Seite geforderten Steuersenkungen fügt Herzog an: «Wenn man uns den Überschuss nun nicht wegnimmt, dann kann Basel-Stadt die neue Vorlage stemmen.»
Herzog will die Reform der Unternehmenssteuer nach wie vor mit Entlastungsmassnahmen zugunsten der Bevölkerung (höhere Krankenkassen- sowie höhere Steuerfreibeträge) verbinden. Aber erst bei der Ausarbeitung des Basler Kantons-Pakets – «und nicht mit Steuersenkungen auf Vorrat».
Mit der Streichung der bei der USR III umstrittenen zinsbereinigten Gewinnsteuer könne Basel-Stadt gut leben, sagt Eva Herzog.
Weniger erfreut zeigt sich Eva Herzog über die einzige Änderung gegenüber den Empfehlungen des Steuerungsorgans, die der Bundesrat an der ausgearbeiteten Vorlage vorgenommen hat: Die Erhöhung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer wird, Stand jetzt, nur auf 20,5 Prozent erhöht – gefordert waren allerdings 21,2 Prozent. «Wir von den Kantonen haben da keine Freude, da dürfte das letzte Wort noch nicht gesprochen sein.»
Mit der Streichung der bei der USR III hoch umstrittenen zinsbereinigten Gewinnsteuer könne Basel-Stadt gut leben. «Der Kanton Zürich hingegen ist unglücklich», so Herzog, die Handelskammer des Banken-Kantons würde sich hier bereits engagieren. Gemäss dem erläuternden Bericht des Bundesrats wird die zinsbereinigte Gewinnsteuer im Rahmen der Reform zur Verrechnungssteuer erneut zu diskutieren sein.
Es sei zentral, dass diesmal eine mehrheitsfähige Vorlage aus der Vernehmlassung aus Bundesbern komme, betont Eva Herzog. Und sicher nichts, was nach dem USR-III-Nein wieder für möglichen Widerstand sorgen könnte. «Wir brauchen diese Reform», sagt Herzog.
Nichts gelernt?
Bei der CVP klingt das ganz ähnlich: Die Partei bewertete in ihrem Communiqué die Vorlage mehrheitlich positiv: Sie entspreche grundsätzlich «der Stossrichtung, welche von der CVP bereits Ende April aufgezeigt worden ist», es brauche nun einzig eine «angemessene Erhöhung des Kantonsanteils an den Bundessteuern». Ein Ausgleich sei «unumgänglich», auch, was die Unterstützung von Familien angehe. Das habe das Abstimmungsresultat klar gezeigt.
Ob die Mahnung allerdings bei allen Reform-Befürwortern nach dem klaren Nein zur USR III verstanden wird, muss nach der Lektüre weiterer Reaktionen aus dem bürgerlichen Lager bezweifelt werden.
Schon das Communiqué der FDP lässt auf zukünftige Konflikte in der Vernehmlassung schliessen. Zwar schreibt die Partei, sie möchte «eine wirksame und mehrheitsfähige Reform», da «die Einnahmen aus der Unternehmensbesteuerung auf Ebene Bund, Kanton und Gemeinde wichtige Leistungen zugunsten des Gemeinwohls» finanzierten und «daher unbedingt gesichert werden» müssten. Dass die FDP aber die «Erhöhung der Kinderzulage» oder andere «allfällige Begleitmassnahmen in der Sozialpolitik» grundsätzlich ablehnt, dürfte für Konflikte sorgen.
Hans-Ulrich Bigler, Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes, bezeichnet die neue Vorlage als «Deal zwischen den Grosskonzernen und der Linken».
Deutlicher wird die SVP: Sie lehnt «die Mindestbesteuerung von Dividenden in den Kantonen von mindestens 70 Prozent sowie die Erhöhung der Dividendenbesteuerung beim Bund» – zwei grundsätzliche Pfeiler der neuen Reform – grundsätzlich ab.
Massiven Widerstand ist vom Schweizerischen Gewerbeverband zu erwarten, dessen Präsident Hans-Ulrich Bigler ein besonders kurzes Gedächtnis zu haben scheint. Bigler, persönlich verantwortlich für die gescheiterte Angst-Kampagne der USR-III-Befürworter, behauptet, die Vorlage sei «ein Affront gegen die KMU und den gewerblichen Mittelstand» und bezeichnet sie als «Deal zwischen den Grosskonzernen und der Linken».
Solche und ähnliche Voten lassen erahnen: Sollten die Verlierer der USR III aus dem rechtsbürgerlichen Lager weiter kompromissunfähig an ihren Positionen festhalten und die Vorlage massgeblich mitgestalten, könnte es die Steuervorlage 17 am Ende ähnlich schwer haben wie die USR III.