Fusionen verschrecken Angestellte, weil sie selten ohne sogenannte Synergieeffekte ablaufen – was in der Regel nichts anderes als Stellenabbau heisst. Im Baselbiet, wo die BLT mit der Autobus AG Liestal zusammengehen will, erhält man überraschend andere Rückmeldungen. Wir haben mit vier Busfahrern der AAGL gesprochen und alle halten die Übernahme durch die BLT für überfällig. «Die AAGL war mal eine gute Firma, aber in den letzten Jahren hat die Bürokratie stark zugenommen», sagt ein Busfahrer.
Verkehrte Welt bei der Autobus AG Liestal: Die einfachen Angestellten wollen, dass ihre Firma geschluckt wird – und das Topmanagement wehrt sich dagegen. Was vermutlich daran liegt, dass Verwaltungsrat und Geschäftsleitung handfeste Interessen am Status quo aufweisen: Bei einer Übernahme wären sie ihre Posten los.
Der Verwaltungsrat besteht vornehmlich aus rechtsbürgerlichen Politikern aus SVP und FDP, Persönlichkeiten ohne einschlägige Erfahrungen im öffentlichen Verkehr. Aber mit direktem Zugang in die Verwaltung und Baselbieter Regierung. Gemäss Informationen der TagesWoche hat die Regierung dem Druck nachgegeben und die Neu-Ausschreibung der AAGL-Konzession auf frühestens 2023 verschoben. Damit entgehen dem in einer Finanzkrise steckenden Landkanton Einsparmöglichkeiten von 2,1 Millionen Franken jährlich.
Schon zuvor hatte das Management der Liestaler Busbetreiber für Irritationen gesorgt. Den Regierungsvertreter im Verwaltungsrat lehnte die Autobus AG ebenso ab wie den Vollzug der Eigentümerstrategie des Kantons.
«Es ist ein unerhörter Vorgang.»
Klaus Kirchmayr (Grüne)
Der Entscheid der Regierung, alles so zu belassen, wie es ist, sorgt parteiübergreifend für Kopfschütteln. Klaus Kirchmayr, Fraktionschef der Grünen, spricht von einer «Kapitulation vor dem Filz». Es sei kein gutes Zeichen für den Kanton, dass er vor der AAGL eingeknickt ist. «Es ist ein unerhörter Vorgang. Erst verweigert die Autobus Liestal den Wunschkandidaten des Kantons – des grössten Aktionärs –, dann stellt sie sich gegen die Eigentümerstrategie. Und die Regierung belohnt dieses Verhalten auch noch.» Der Kanton, resümiert Kirchmayr, mache sich unmöglich in der Aussenwahrnehmung.
Der grüne Finanzspezialist will nun im Landrat die Regierung zum Handeln zwingen. Mit einem Budgetantrag will er ab 2019 die 2,1 Millionen Franken aus dem Haushalt streichen. Zudem arbeitet er an einem Vorstoss, mit dem die Regierung aufgefordert wird, eine ausserordentliche Generalversammlung bei der Autobus AG Liestal einzuberufen, um dort doch noch den eigenen Mann im Verwaltungsrat durchzusetzen.
Liestaler Stadtpräsident gegen Liestaler Firma
Verständnislos reagiert auch Lukas Ott, Stadtpräsident von Liestal und frisch gekürter neuer Kantons- und Stadtentwickler von Basel. Ott hätte gute Gründe «seine» Liestaler Firma zu beschützen, aber er tut es nicht:
«Dass der Kanton nun offenbar darauf verzichtet, für die Steuerzahler und die Busbenützer einen besseren Preis herauszuholen, ist stossend. Insbesondere wenn man bedenkt, dass der Kanton gleichzeitig Abbau bei peripheren Linien betreibt. Vielmehr zeigt das BLT-Angebot, dass andernorts zu viel bezahlt wird. Das ist nicht haltbar. Der Verzicht auf die Ausschreibung bedeutet jedoch, dass null Anreiz besteht, den Busbetrieb effizienter und preiswerter zu gestalten. Die AAGL setzt offensichtlich alle Hebel in Bewegung, um eine allfällige Konkurrenz durch die BLT zu verhindern.»
Ähnlich befremdet über den Freundschaftsdeal der Regierung äussert sich Felix Keller, Fraktionschef der CVP im Landrat: Er sei dezidiert der Meinung, das Angebot der Einsparung von 2,1 Millionen Franken pro Jahr müsse vertieft geprüft werden. «Man darf da nicht Wasser predigen und Wein trinken. Wenn schon schwierige Entscheide wegen Sparmassnahmen im ÖV gefällt werden müssen, dann wäre das eine Optimierungsmassnahme, welche dem ÖV-Benutzer wohl kaum wehtut.»
FDP und SVP schweigen
Unklar sind die Meinungen bei den Sozialdemokraten. Es gibt Vertreter wie den Sissacher Landrat Stefan Zemp, die mit deutlichen Worten eine Übernahme durch die BLT fordern. Es gibt aber auch einen Hannes Schweizer, immerhin Präsident der für den Verkehr zuständigen Bau- und Planungskommission, der nichts verändern will. Schweizer sagt: «Ich bin grundsätzlich gegen Fusionen. Beim Kanton, bei Gemeinden und beim ÖV.» Schweizer befürchtet, dass die 2,1 Millionen auf dem Buckel der Busfahrer eingespart würden.
Keine Stellungnahme wollte Christoph Buser, Direktor der Wirtschaftskammer und FDP-Landrat abgeben. Er sei zu beschäftigt, lässt er über seinen Sprecher ausrichten. Dominik Straumann, Fraktionschef der SVP, äussert sich zurückhaltend. Es sei zu früh, um eine abschliessende Beurteilung abzugeben, die Fraktion müsse die Lage erst diskutieren. Beide Parteien sind im Verwaltungsrat der AAGL prominent vertreten.