Der FC Porto – die Veredelungsmaschine

In Teil 4 unserer Serie zum Champions-League-Gegner des FC Basel zeigt unser Autor auf, wie der FC Poto sein Geld mit Transfers verdient, wie das weltweite Netzwerk der Späher gestrickt ist und welche Folgen das Finanzierungsmodell mit Dritteigentümern hat, dem die Fifa nun einen Riegel schiebt.

Porto's Jackson Martinez celebrates his goal against Pazos de Ferreira during their Portuguese Premier League soccer match at Dragao stadium in Porto February 1, 2015. REUTERS/Miguel Vidal (PORTUGAL - Tags: SPORT SOCCER) (Bild: Reuters/MIGUEL VIDAL)

In Teil 4 unserer Serie zum Champions-League-Gegner des FC Basel zeigt unser Autor auf, wie der FC Poto sein Geld mit Transfers verdient, wie das weltweite Netzwerk der Späher gestrickt ist und welche Folgen das Finanzierungsmodell mit Dritteigentümern hat, dem die Fifa nun einen Riegel schiebt.

Um Jackson Martinez bemühen sich viele Clubs. Napoli wollte den Kolumbianer für 30 Millionen Euro ablösen, doch der FC Porto winkte ab. Wahrscheinlich wird der Goalgetter erst im Sommer in eine grosse Liga wechseln. Dann sollte er mindestens 35 Millionen Euro kosten.

In Portugal ist Jackson, der für knapp neun Millionen Euro geholt wurde, der Topskorer. Auch in der Champions League spielt der 28-Jährige seine Qualitäten aus: Treffsicherheit, perfektes Kopfballspiel, gute Technik, Mobilität und Kombinationssinn. So kommt er in der laufenden Saison und in vier Wettbewerben auf 25 Tore bei 29 Einsätzen. An der WM 2014 konnte er sich weniger zeigen, als Porto lieb war. Also blieb der 28-Jährige.

Auf das richtige Timing kommt es an, will man kräftige Transfer-Überschüsse erzielen. Porto muss sie erwirtschaften, um die Finanzen im Griff zu behalten und international wettbewerbsfähig zu sein, was bedeutet, mindestens die Gruppenphase der Königsklasse zu überstehen. In den letzten elf Jahren wurden rund 300 Millionen Euro in neue Spieler investiert und das Doppelte durch Verkäufe eingenommen.

Hulk, Falcao und Rodriguez – die grossen Transfers

Mit 45 Millionen Euro führt der Kolumbianer James Rodriguez die Liste an. 2013 wechselte er nach Monaco, ein Jahr später zahlte Real Madrid schon 75 Millionen Ablöse für einen der besten Spieler der WM. Verletzungsbedingt versäumte sein Landsmann Radamel Falcao den Anlass. Auch er hatte in Porto im Schaufenster gestanden, 2012 machte Atlético Madrid die geforderten 40 Millionen locker. Die gleiche Summe war Zenit Sankt Petersburg der Brasilianer Hulk wert, nach Eusébio vielleicht der spektakulärste Fussballer, der sich je in portugiesischen Stadien präsentierte.

Ein grosser Transfer wurde bereits 2003 getätigt. Nach dem Uefa-Cup-Gewinn wechselte Helder Postiga für mit heute vergleichsweise überschaubare neun Millionen Euro zu Tottenham. Die Ära Mourinho erreichte ein Jahr später sportlich und finanziell ihren Höhepunkt. Porto besiegte im Champions-League-Final die AS Monaco (3:0), und fünf Spieler verliessen den Verein.

José Mourinho nahm die Verteidiger Ricardo Carvalho und Paulo Ferreira mit zum Nobelclub Chelsea. 50 Millionen flossen nach Porto. Das Gesamtvolumen jenes Sommers erreichte gut 75 Millionen, inklusive den 21 Millionen für Regisseur Deco, der auch in Barcelona Akzente zu setzen vermochte.

2007 war wieder ein herausragendes Jahr. Für je 30 Millionen wechselten Pepe (vormals Maritimo Funchal) und Anderson (Gremio de Porto Alegre) zu Real Madrid beziehungsweise Manchester United. Die Summe wurde im vorletzten Sommer noch übertroffen. Neben James übernahm Monaco den quirligen Aufbauer Joao Moutino (25 Millionen). Seinen Pass hatte Porto drei Jahre früher von Sporting Lissabon für 11 Millionen erworben. Am Monaco-Transfer partizipierten die Lissabonner Löwen mit 3,5 Millionen.

Portuenser Transfergeschichte: Paulo Futre (links) wurde 1987 für einen damals hohen, fast siebenstelligen Betrag zu Atletico Madrid abgegeben. Der Brasilianer Deco (Mitte) brachte 2004 beim Wechsel zum FC Barcelona 21 Millionen Euro, und James Rodriguez wurde 2013 mit 45 Millionen zum Rekordtransfer des FC Porto.

Portuenser Transfergeschichte: Paulo Futre (links) wurde 1987 für einen damals hohen, fast siebenstelligen Betrag zu Atletico Madrid abgegeben. Der Brasilianer Deco (Mitte) brachte 2004 beim Wechsel zum FC Barcelona 21 Millionen Euro, und James Rodriguez wurde 2013 mit 45 Millionen zum Rekordtransfer des FC Porto.

Auch der unvergessene, geniale Linksaussen Paulo Futre war von Sporting ausgebildet worden. Mit 17 Jahren ging er nach Porto und gewann 1987 den Meistercup. Bei Atlético Madrid erreichte seine Karriere ihren Höhepunkt.

200 Späher weltweit und eine Rundumversorgung

Billig einkaufen, Spieler im Auge behalten, deren Talent sich anderswo noch nicht entfalten konnte – die Devise des FC Porto ist scheinbar einfach. Jackson kam aus Mexiko, Hulk aus Japan, Falcao und James aus Argentinien, alle zu günstigen Konditionen.

Der Boss und sein Chefspäher: Antero Henriques (rechts) schaut nach Talenten und Transfers und wird als Nachfolger von Präsident Pinto da Costa gehandelt.

Dass sie passen würden, hatten Leute vor Ort evaluiert. Über 200 Späher arbeiten Porto weltweit zu. Das Modell wurde vor 10 Jahren eingeführt, und der Spiritus Rector dieses Scoutingsystems ist Antero Henriques, die rechte Hand und wahrscheinlich auch der Nachfolger des 76-jährigen Präsidenten Jorge Nuno Pinto da Costa.

Daneben haben Team-Manager für die A- und die zweitklassige B-Mannschaft eine Schlüsselrolle. Ihre Aufgabe besteht darin, den Profis alles abzunehmen, was die Konzentration auf den Job stören könnte. Um den Kauf von Autos und Handys brauchen sie sich nicht zu kümmern, Kinder werden in die Schule gebracht, Behördengänge erledigt. Schöne Wohnungen am Meer sind ausreichend vorhanden.

Die Rundumversorgung gilt im Regelfall drei Jahre. Länger lassen sich gute Spieler trotz Ablöseklauseln in den Verträgen kaum halten. In Porto verdienen sie nämlich maximal einen Drittel des Lohns, den europäische Spitzenclubs bezahlen. England und Spanien sind bevorzugte Destinationen, Frankreich und Italien die nächste Wahl. Leihgeschäfte spielen eine grosse Rolle.

Der Riegel für die Drittbeteiligung macht Porto zu schaffen

Doch die Fortsetzung des Transfer-Booms ist stark gefährdet. Grund sind Verfügungen von Uefa und Fifa, die Anfang Mai in Kraft treten sollen und Drittbeteiligungen an Spielertransfers untersagen. Investmentfonds wird so ein Riegel geschoben. Hintergrund ist die dubiose Herkunft mancher Gelder, der Verdacht von Geldwäsche.

Aus portugiesischer Optik stellt das Dekret eine kolossale Klippe dar. Das Land leidet seit Jahren an den Folgen des Sparzwangs, weitere Einschnitte zeichnen sich ab und im Fussball fehlen zunehmend Sponsoren. Bis vor zwei Jahrzehnten hatten reiche Privatleute die Ausgaben weitgehend finanziert. Bei Benfica und Sporting als Präsidenten, bei Porto kamen diese Leute eher aus dem Hintergrund. Nachfolger dieser Patrons gibt es nicht.

* Zahlen laut transfermarkt.de | Übersicht zu den Transfers des FC Porto
Die Top Ten der Transfers des FC Porto
   Ablösesumme* Saison neuer Club Investition* vorheriger Club
 James Rodriguez 45 2013/14  AS Monaco 7,35 CA Banfield/Arg
 Eliaquim Mangala 40 2014/15 Manchester City 6,5 Standard Lüttich
 Falcao 40 2011/12 Atlético Madrid 5,4 River Plate/Arg
 Hulk 40 2012/13 Zenit St. Petersburg 19 Tokyo Verdy
 Anderson 31,5 2007/08 Manchester United 5 Gremio/Bra
 Pepe 30 2007/08 Real Madrid 2 Maritimo/Por
 Ricardo Carvalho 30 2004/05 Chelsea FC   eigene Jugend
 Joao Moutinho 25 2013/14 AS Monaco 11 Sporting Lissabon
 Ricardo Quaresma 24,6 2008/09 Inter Mailand 6 FC Barcelona
 Lisandro Lopez 24 2009/10 Olympique Lyon 2,3 Racing Club/Arg

Die Alternative waren und sind ausländische Investoren. Ohne ihre Finanzkraft wären international wettbewerbsfähige Kader illusionär. Selbst wenn Fonds nur Anteile zu den Transfersummen beisteuern und diese später gegebenenfalls den Clubs verkaufen. So suspekt einige Investoren erscheinen mögen, in Portugal werden sie als Robin Hood gepriesen. Ihr Engagement verringert die Differenz zwischen arm und reich.

Maximal sechs europäische Clubs sind zurzeit in der Lage, die Champions League zu gewinnen. Dass Portugal zwei Repräsentanten direkt in die Königsklasse entsendet und der Dritte, wie zuletzt Porto gegen Lille, sich im Playoff qualifizieren kann, scheint unter den neuen Bedingungen fast unmöglich zu werden.

Der Sündenbock heisst Platini

Hoffnungen ruhen noch auf der EU und juristischen Nachhutgefechten über die Frage, ob sich das Fonds-Verbot mit den EU-Normen vereinbaren lässt. Wenn ja, müssten portugiesische Topclubs ihre Anstrengungen auf die Nachwuchsschulung konzentrieren und die Auslandsmärkte wie Kleinunternehmen bearbeiten. Die Umstellung wäre enorm.

Als Sündenbock gilt einmal mehr Michel Platini. Der Uefa-Präsident ist in Portugal unbeliebt, erst recht, seit er sich für Manuel Neuer als Weltfussballer 2014 aussprach. Gewonnen hat trotzdem Cristiano Ronaldo – und vielleicht wird ja auch der portugiesische Kandidat Luis Figo im Mai ins Fifa-Präsidium gewählt. Wovon man allerdings nicht ausgehen sollte.

Lesen Sie morgen: Flugkünstler und Fliegenfänger – seit dem Rücktritt von Vitor Baia stellt sich in Porto die Torhüterfrage

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