Kolumbianische Fussballer haben eine grosse Tradition beim FC Porto und dienen als Botschafter und Bindeglied zwischen den Ländern. Teil 7 unserer Serie über den Gegner des FC Basel in der Champions League.
Sir James wäre denkbar gewesen. Doch lieber mühten sie sich mit der gutturalen spanischen Aussprache ab, einem Laut, den es im Portugiesischen nicht gibt. Einen Spitznamen bekam James Rodriguez, der 2013 vom FC Porto nach Monaco wechselte und jetzt bei Real Madrid spielt, nicht.
Individuell ragte James in der Mannschaft von Porto heraus, nachdem Falcao 2012 zu Atlético Madrid gewechselt hatte. Nachfolger des «Tigers» Falcao im Sturmzentrum wurde ein weiterer Kolumbianer, Jackson Martinez, und der hatte schnell einen Künstlernamen weg: «Cha Cha Cha» nimmt Bezug auf tänzerische Bewegungsabläufe.
James Rodriguez – auch er wurde beim FC Porto gross, teuer weiterverkauft und ist eines der Beispiele der Kolumbien-Connection. (Bild: Imago/Ivan del Val)
Der kolumbianische Botschafter in Lissabon, German Barragan, verglich die Goalgetter: Falcao lebe von der Inspiration des Augenblicks, Jackson sei enorm schlau. James könne dagegen in die Fussstapfen des «Pibe» treten. So nennen sie Carlos Valderrama, den legendären Spielmacher, das Idol schlechthin im kolumbianischen Fussball.
Valderrama, Maturana und das l’art pour l’art
Anfang der 1990er Jahre konnte ich Valderramas lässige Technik im Training von Real Valladolid bestaunen. Anschliessend war ein Gespräch mit dem Trainer Francisco Maturana, auch er Kolumbianer, vereinbart. Wie aus der Szene gefallen wirkte er, eine Mischung aus Künstler und Philosoph. Es ging dem Fussballlehrer darum, das Spiel als Kunst zu zelebrieren und die Menschen in ein alternatives Theater zu locken. Erfolge waren schön, aber nicht essenziell, das l’art pour l’art ging vor.
Kolumbien hatte an der WM 1990 im Gruppenspiel gegen den späteren Weltmeister Deutschland 1:1 gespielt, der Trainer und mehrere Spieler bekamen Angebote aus Europa. 1998 lief dieser Zyklus mit der letzten WM-Teilnahme Kolumbiens aus. Bis ein Argentinier, José Pekerman, die Cafeteros an der WM 2014 in Brasilien in den Viertelfinal brachte. Der unerbittliche Schlagabtausch gegen die Gastgeber war das Kontrastmodell zu Maturanas Ästhetik.
Tore am Fliessband: Jackson Martinez, aktueller Captain des FC Porto und Torschützenkönig. (Bild: Imago)
Das zweite Gesicht zeigt bisweilen der kolumbianische Nationalspieler Juan Quintero in Porto. Anders als Jackson steht er aber nicht im Mittelpunkt, sondern sitzt öfter auf der Ersatzbank. Sein Name fällt kaum in der Kategorie «Botschafter». Als solche fördern die Kolumbianer in Porto indirekt diplomatische Beziehungen zwischen den Ländern.
Fussballer als Botschafter
2012 flog der portugiesische Ministerpräsident nach Bogota, ein Jahr später der Staatschef. Neben Unternehmern befanden sich dem Sport verbundene Persönlichkeiten in den Delegationen. Die bis dahin kaum existenten wirtschaftlichen Beziehungen erhielten Auftrieb, Portugiesen wanderten aus und eröffneten Geschäfte. Umgekehrt leben nur etwa 2000 Kolumbianer in Portugal, meist betuchte Akademiker.
Im Volk kannte man jedoch nur die Fussballer Eusebio, Figo und Ronaldo und verehrte die Jungfrau von Fatima. Wallfahrten sind auch bei Emigranten in Spanien beliebt, wo rund eine halbe Million Kolumbianer leben und Carlos Bacca die Fans des FC Sevilla verzaubert. Er ist ein Konkurrent von Jackson im Nationalteam.
Der Trainer und seiner besten Pferde im Stall: Julen Lopetegui (rechts) mit Jackson Martinez bei einer Pressekonferenz im Oktober 2014. (Bild: Imago/Fabio Well)
Schon vor dem inzwischen berühmten Terzett hatte ein Kolumbianer in Porto Aufsehen erregt, einer mit völlig anderen Charakteristiken: Fredy Guarin lief wie ein Uhrwerk, gewann fast jeden Zweikampf und erzielte manches Tor – ein Spieler, den Trainer gern als Vorbild hinstellen: uneigennützig, ohne Allüren und wertvoll für das Ganze. Seit einigen Jahren spielt Guarin mit Inter Mailand in einer Meisterschaft, die physisch anspruchsvoller ist als die portugiesische, an spielerischer Klasse aber eingebüsst hat.
Das spielerische Niveau zu halten, wäre im derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld schon beachtlich für Portugal. Vielleicht helfen ja die diplomatischen Beziehungen zu Kolumbien, tiefere Einnahmen durch Schnäppchen zu kompensieren.
Lesen Sie morgen: Tiki Taka – die katalanische Ausrichtung des Porto-Fussballs
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Bisher erschienen:
- Von akademischen Höhen ins pralle Leben – eine Geschichte über Fernweh, Fussball und Porto
- Porto – eine Synthese zwischen Stadt und Club
- José Maria Pedroto – der Revolutionär des portugiesischen Fussballs
- Der FC Porto – die Veredelungsmaschine
- Flugkünstler und Fliegenfänger – die Torhüter des FC Porto
- Das Kreuz des Südens und ein schillernder Präsident
- Wie es zur Serie kam: Ein Beitrag im Mittendrin-Blog