Mit der Hypothek eines späten Gegentreffers zum 2:2 (1:1) gegen Maccabi reist der FC Basel kommenden Dienstag nach Tel Aviv zum Rückspiel im Champions-League-Playoff. Matias Delgado gleicht per Penalty die Führung Maccabis aus, dann erlöst Breel Embolo die 15’620 Zuschauer im St.-Jakob-Park in der 88. Minute, ehe Maccabi-Star Eran Zahavi mit seinem zweiten Treffer in der 96. Minute für Ernüchterung sorgt.
Es hätte natürlich auch ganz anders laufen können. Der FCB hätte eine seiner Chancen in der Anfangsphase nutzen können, als er überfallartig über den israelischen Meister kam. Marc Janko zum Beispiel, der in der 10. Minute einen Meter vor der Torlinie eigentlich nur noch den Fuss hätte hinhalten müssen, um Behrang Safaris schöne Vorarbeit zu vollenden.
Stattdessen tat der Österreicher einen Fehltritt und musste kurze Zeit später mit einer Oberschenkelverletzung ausgewechselt werden. Urs Fischer traf daraufhin eine Entscheidung, deren Folgen vielleicht erst in einer Woche in Tel Aviv abschliessend zu bewerten sind. Jedenfalls beorderte der FCB-Trainer Breel Embolo anstelle Jankos ins Angriffszentrum. Eine schwer nachvollziehbare Massnahme, denn Embolo hatte bis dahin mit seinem Gegenspieler Omri Ben Harush Katz und Maus gespielt.
Nicht zu halten war Basels Jung-Star und die Hypothese sei erlaubt, dass der Linksverteidiger von Maccabi das Ende der Partie nicht auf dem Platz erlebte hätte. Schon nach 14 Minuten hatte er mehrere Fouls an Embolo in höchster Not auf dem Kerbholz, und Fischers Rochade muss Ben Harush wie eine Erlösung vorgekommen sein.
Denn danach war Embolo im dichten Geflecht des Tel Aviver Abwehrzentrums die Wirkung genommen, und der für Janko eingewechselte Shkelzen Gashi blieb so ziemlich alles schuldig.
Einbahnstrassenfussball
An der Physiognomie der Partie änderte das nichts: Es war Einbahnstrassenfussball, der den 15’620 Zuschauern im St.-Jakob-Park geboten wurde. Maccabi igelte sich komplett hinten ein, und der FCB rannte gegen die israelische Festung an; in der ersten Halbzeit mit 65 Prozent Ballbesitz, nach dem Seitenwechsel mit Höchstwerten von 72, 73 Prozent.
Michael Lang vergab in der 22. Minute die nächste grosse Chance bei einem Kopfball, aber wie Maccabi mit seiner Spielanlage zu einem Tor kommen wollte, erschloss sich dem Betrachter nicht. Es reichte auch ein ruhender Ball. Daniel Hoegh verursachte einen Freistoss, Avi Rikan, im Sommer vom FCZ zu Maccabi gewechselt, spielte gewitzt den Freistoss flach in den Rücken der Basler Abwehr, wo Eran Zahavi Lang entwischte und zum 0:1 traf.
Traumwandlerisch sicher: Matias Delgado hat Maccabi- Torhüter Juan Pablo (nicht im Bild) in die falsche Ecke gewschickt und trifft vom Elfmeterpunkt zum 1:1-Zwischenstand. (Bild: Steffen Schmidt/Freshfocus)
Billig war Maccabi zu einem wertvollen Auswärtstor gekommen, aber die Basler Schockstarre dauerte nicht lange. Nur sechs Minuten später wurde Matias Delgado im Strafraum von Innenverteidiger Tal Ben Haim zu Fall gebracht. Der FCB-Captain trat selbst zum Penalty an und verwandelte mit seinem typischen, verzögerten Anlauf traumwandlerisch sicher.
Den Faden verloren
Kaum vorstellbar, aber nach dem Seitenwechsel zog sich Maccabi noch weiter zurück. Das Rezept durch die engmaschigen Linien fand der FCB nicht. Er verzettelte sich im Zentrum, fand über die Flügel nicht statt, weil Birkir Bjarnason nur noch ein Schatten seiner ersten Spiele für den FCB ist und Gashi so rat- und ideenlos wirkt wie zunehmend auch der Rest der Mannschaft in diesen 45 Minuten.
«Ab der 55. Minute haben wir den Faden verloren, waren wir zu hektisch, haben wir zu viel riskiert», monierte Urs Fischer hinterher, der seiner Mannschaft im gleichen Atemzug aber attestierte, sie habe «vieles richtig gemacht».
Das ist ein wohlwollendes Zeugnis, denn in die gefährliche Zone kam der FCB bei aller Überlegenheit kaum noch. Mohamed Elneny schoss aus der Distanz weit daneben und Gashi weit drüber. Und als Daniel Hoegh mit dem Kopf nach einem Zuffi-Eckball traf, erkannte der englische Schiedsrichter nicht auf Tor, sondern auf Foul. Eine ebenso fragwürdige Entscheidung wie zwei weitere Elfmetersituationen, die er gut und gerne für den FCB hätte pfeifen können.
Dass es durch die Mitte dennoch geht, demonstrierte der auf gutem Niveau agierende Elneny, als er in der 88. Minute Embolo mit einem idealen Steilpass in die Schnittstelle bediente. Wie der 18-Jährige dann das 2:1 mit einem überlegten Flachschuss zwischen den Beinen von Juan Pablo hindurch erzielte, wird bei den Spähern – zu denen auch Paulo Sousa gehörte, der Ex-Trainer des FCB wie von Maccabi – Eindruck hinterlassen haben.
Hoeghs Fehlpass und das bittere Ende
Sechs Minuten liess William Collum dann nachspielen für die Verzögerungstaktik der Israelis. Und statt den mühsam erkämpften Mini-Vorsprung für das Rückspiel zu sichern, suchte der FCB das dritte Tor – und wurde von Maccabi ein zweites Mal kalt erwischt.
Ein Fehlpass von Hoegh stand am Anfang, dann liessen die Gäste den Ball für einmal zirkulieren, bei der Flanke des eingewechselten Doe Mihan kam der für Safari auf die linke Abwehrseite gewechselte Lang zu spät und in der Mitte demonstrierte der als israelischer Cristiano Ronaldo gehypte Zahavi seine Klasse: Zwischen Hoegh und Suchy stieg er zum Kopfball hoch und traf via Innenpfosten.
Ein sehr bitteres Ende für den FCB, und Urs Fischer, der im neunten Spiel als FCB-Trainer erstmals nicht als Sieger analysierte, stellte fest: «Wenn man solche Fehler macht, muss man sich nicht über das Ergebnis wundern.»
Man of the Match: Eran Zahavi, zweifacher Torschütze für Maccabi Tel Aviv, das sich eine gute Ausgangslage für das Rückspiel kommenden Dienstag geschaffen hat. (Bild: Keystone/WALTER BIERI)
Vor dem Spiel:
Das liebe Geld: Sich für die Champions League zu qualifizieren bedeutet mehr als nur Ruhm und Ehre in der Welt des Fussballs. Die Gruppenphase bedeutet vor allem auch, eine ganze Menge Geld einzunehmen.» Was für den FC Basel gegen Maccabi auf dem Spiel steht
Die heikle Problemzone: Um an den grossen der beiden Geldtöpfe, an denjenigen der Champions League zu gelangen, muss der FCB die Playoffs gegen Maccabi überstehen. Und dabei hat Trainer Urs Fischer das Problem zu lösen, dass er zwar viele Flügelspieler im Kader hat, diese aber aus Verletzungen zurückkommen, ihrer Form hinterherlaufen oder noch nie mit der Mannschaft gespielt haben. » Die Problemzone des FCB-Trainers sind die Flügel
Der innige Wunsch: Maccabi war nicht eben froh darüber, schon wieder auf den FCB zu treffen. Die letzten beiden Male hat der israelische Meister die Hürde nicht genommen. Und jetzt geht es für ihn im Hinspiel darum, ein Resultat zu erreichen, das dem FCB keinen Ferientripp nach Israel ermöglicht. » Jokanovic: «Basel soll nicht nach Israel in den Urlaub fahren können»
Der israelische Galgenhumor: Insbesondere die Medien glauben kaum daran, dass sich Maccabi für die Gruppenphase qualifizieren kann. Wenn von Basel die Rede ist, dann fallen in Israel die Worte «Tragödie», «Heimsuchung» oder «Nemesis». » Maccabi Tel Aviv reist mit einer Niederlage zur «Nemesis» vom Rhein