Es gab ein paar betretene Gesichter vor dem Anpfiff im St.-Jakob-Park. Selten hat sich ein in der Muttenzerkurve organisierter Unmut der Fans so über dem FC Basel entladen wie an diesem 15. April. In der Kritik steht der Klub in den Augen der Traditionalisten schon länger. Etwa an seinem kerngeschäft-fremden Engagement im eSport stossen sich Teile der Fans.
Aktuell das Fass zum Überlaufen gebracht hat eine weitere eher randständige Idee. Um das «Spiel der Legenden», ein Turnier für Mitglieder zu bewerben, bediente sich der FCB sogenannter Influencer in den sogenannten sozialen Medien, und trat damit in den Fettnapf. Weil sich die just als TV-Sternchen populär gewordene Tochter des Ex-FCB-Profis Admir Smajic einerseits für das Legenden-Spiel ins Zeug legte, sich jedoch andererseits erst kürzlich als GC-Sympathisantin geoutet hatte, deuten das die ideologisch sensiblen Fans in der Muttenzerkurve offenbar als schwer hinnehmbare Beliebigkeit in der Aussendarstellung des FC Basel.
Dieses Missvergnügen ist nun auf überdimensionalen Lettern zu lesen, die in der Nacht von Samstag auf Sonntag auf die Fassade der FCB-Geschäftsstelle gepinselt wurden: «Kunden gewinnen, Fans verlieren – euer Marketing ist zum Kotzen.» Und im Stadion wurde die Botschaft vor dem Anpfiff mit Nachdruck auf Transparenten entrollt: «Für ein Spiel mit FCB-Legenden so beschämende Mittel verwenden. Ihr händ e Knall und mir sehn schwarz.»
Um das zu untermalen, wurden ein paar Rauchtöpfe entkorkt, die das Joggeli für ein paar Momente in eine pechschwarze Wolke hüllten. Vom FCB hiess es am Sonntag offiziell, dass man die Aktion wahrgenommen habe und die Angelegenheit analysieren wolle.
Serey Dié als Dosenöffner
Fussball gespielt wurde dann auch noch. Während in Bern die Young Boys eine Zeitlang benötigten, um ihren Teil dazu beizutragen, den 13-Punkte-Vorsprung auf Basel zu verteidigen und schliesslich 1:0 gegen den FCZ gewannen, lieferte der FCB eine Leistung ab, von der man hinterher nicht so recht weiss, was von ihr zu halten ist.
Erst einmal hatte Raphael Wicky sein Team kräftig umstellen müssen, weil nach der schwerwiegenden Knieverletzung von Taulant Xhaka aus dem Spiel am vergangenen Mittwoch auch noch Léo Lacroix mit Knieproblemen sowie Luca Zuffi und Dimitri Oberlin grippekrank ausfielen.
In neuer Formation griff der FCB jedoch unbeirrt davon und auch von anderen äusseren Einflüssen frisch und fröhlich an. Geoffroy Serey Dié, der sich am Ende des Nachmittags als eine der wenigen Quellen der Freude herausstellen sollte, bereitete mit einem feinen Pass das 1:0 durch Kevin Bua vor.
Da waren noch keine elf Minuten verstrichen, und der FCB schien anschliessend alles im Griff zu haben. Bua vergab in der 40. Minute eine Riesenchance, weil Thomas Castella im Lausanne-Tor mit der linken Wade abwehren konnte. Aber in seiner Coaching Zone hatte Wicky längst angefangen, sich Sorgen zu machen über das laxe Abwehrverhalten seiner Mannschaft.
Der FCB verfällt in einen Trott
Francesco Margiotta vergab kurz vor dem Seitenwechsel eine erste grosse Möglichkeit, in der 54. Minute verhinderte Tomas Vaclik mit grossartiger Parade gegen Benjamin Kololli den Ausgleich, der dann neun Minuten später fiel und keine grosse Überraschung war. Schon gar nicht für den FCB-Trainer, der seine Spieler in der Halbzeitpause vergeblich gewarnt hatte: «Wenn wir mit dieser Einstellung verteidigen, wird es schwierig.»
Seine Mannschaft war in einen Trott verfallen, verlor ihre Spannkraft und gleichzeitig kam der Gegner auf. Etwas zufällig in der Entstehung fiel dann in der 63. Minute der Ball wie im Flipperkasten vor die Füsse von Enzo Zidane. Und wie es sein genialer Vater nicht besser hätte machen können, lupfte der in der Winterpause aus Alavés zu Lausanne gestossene Zidane den Ball in den Lauf von Margiotta, der zwischen den Beinen von Vaclik hindurch traf.
Die Reaktion des FCB kam zwar, wirkte gegen die sehr tief verteidigenden und auf ein Pressing verzichtenden Gäste alles andere als inspiriert. Mühsam erarbeitete Chancen gab es dennoch, doch der eingewechselte Neftali Manzambi in der 81. Minute wie auch Michael Lang (86.) sahen ihre Direktabnahmen von Castella pariert.
Dazwischen lag die 82. Minute, ein rüdes Foul des bereits verwarnten Nicolas Gétaz an Manzambi und der folgerichtige Platzverweis. Und auf dem letzten Zacken glückte dem FCB noch der Siegtreffer in der Nachspielzeit. Den achten Corner, getreten von Bua, köpfte Lang am zweiten Pfosten perfekt über Castella hinweg, und Albian Ajeti beförderte den Ball sicherheitshalber ins Netz.
Kein Ruhmesblatt, aber eine Woche mit drei Siegen
Damit verhinderte der FCB, dass er gegen Lausanne ein drittes Mal in dieser Saison nicht gewinnen konnte. Daneben gab es einen Auswärtssieg, ein Remis in Lausanne und die Heimniederlage im Herbst, die am Anbeginn der ersten Krise gestanden hatte.
Seine erste von zwei Englischen Wochen schloss der FCB damit makellos mit dem Punktemaximum ab, er ist nun seit sechs Spielen nicht mehr besiegt, ein Ruhmesblatt war dieser Heimerfolg aber dennoch nicht. Zu unkonstant wirkt das, was die Mannschaft zur Zeit abzuliefern in der Lage ist. Die nächste Gelegenheit, sich den Anhängern wieder von einer anderen Seite zu präsentieren, bietet sich schon am Mittwoch. Dann wird gegen das strauchelnde GC die Heimspiel-Trilogie abgeschlossen.
Trainermonologe
Raphael Wicky, Trainer des FC Basel:
«Ich bin natürlich zufrieden, dass wir gewonnen haben. Es gab auch Spiele in dieser Saison, in der das Glück nicht auf unsere Seite gekippt ist. Das werte ich als gutes Zeichen. Ich habe sehr gute Momente von unserer Mannschaft gesehen, speziell offensiv in der ersten Halbzeit.
Wir haben in der Pause angesprochen, dass es schwierig wird, wenn wir mit der defensiven Einstellung verteidigen, wie wir das zum Teil in der ersten Halbzeit gemacht haben. Ich hatte das Gefühl, dass die mentale Einstellung defensiv so war: Wir führen eins zu null, wir haben die eine oder andere gute Chance, wir dominieren das Spiel eigentlich. Wir machen das schon.
Dieses Gefühl hatte ich schon nach 30 Minuten. Aber dann sind wir die ersten 20, 25 Minuten der zweiten Halbzeit genauso oder noch schlechter gewesen. Das werden wir uns am Montag anschauen und ansprechen. Es geht darum, mit welcher Einstellung ich das Tor verteidige, mit welchem Tempo, mit welcher Intensität.
Aber schlussendlich bin ich zufrieden, dass wir das Spiel noch drehen konnten. Es war eine gute Reaktion der Mannschaft. Aber wie ich schon oft gesagt habe in dieser Saison: Es ist nicht immer alles gut, wenn man die drei Punkte hat. Wir sind einfach glücklich und schlafen besser.»
Fabio Celestini, Trainer von Lausanne-Sport:
«Wir haben defensiv gut angefangen. In der Offensive hat uns ein wenig Vertikalität gefehlt und Qualität auf den letzten 30 Metern. Ich bin aber grundsätzlich sowohl mit der ersten als auch mit der zweiten Halbzeit zufrieden. Dann ist es eigentlich ein Penalty bei der Szene mit Benjamin Kololli und später sieht Nicolas Gétaz die Gelb-Rote Karte. Diese beiden Szenen waren spielentscheidend.»
Die Aufstellung: Campo darf gegen Ex-Verein von Beginn weg ran
Raphael Wicky veränderte seine Startelf im Vergleich zum Sieg gegen den FC Zürich (3:0) auf drei Positionen: Geoffroy Serey Dié (für den verletzten Taulant Xhaka), Marek Suchy (zuletzt gesperrt, jetzt für angeschlagenen Léo Lacroix) und Mohamed Elyounoussi (gegen Zürich verletzt) standen von Beginn an auf dem Platz.
Erneut musste Ricky van Wolfswinkel Albian Ajeti den Part als Starter in der offensiven Spitze überlassen. Und wieder stand Samuele Campo in der Startelf. Er spielte zum zweiten Mal gegen seinen Ex-Verein FC Lausanne-Sport, bei dem er zwei Jahre verbracht und den Aufstieg in die Super League miterlebt hatte.
Taktisch setzte der Trainer auf eine 4-3-3-Grundordnung – eine Premiere unter Wicky.
Auf der Bank (Durchschnittsalter: 22 Jahre) nahmen drei Junge Platz, die noch nicht oft dabei gewesen waren: Noah Okafor, Robin Adamczyk und Yves Kaiser. Sie rutschten unter anderem deswegen ins Kader, weil Luca Zuffi und Dimitri Oberlin krank fehlten.
FC Basel (4-3-3): Vaclik – Lang, Suchy, Frei, Riveros – Serey Dié, Elyounoussi (67. van Wolfswinkel), Campo – Stocker (77. Manzambi), Ajeti, Bua.
Bank: Salvi, Kaiser, Petretta, Adamczyk, Okafor, Manzambi, van Wolfswinkel.
FC Lausanne-Sport (3-4-2-1): Castella – Loosli, Cabral, Rochat – Kololli, Fransson, Schmid, Gétaz – Zidane (87. Marin), Zarate (73. Geissmann) – Margiotta (88. Maccoppi).
Bank: Martin (Tor), Geissmann, Rapp, Marin, Maccoppi, Tejeda, Zeqiri