Der nächste Tiefschlag – blutleerer FCB unterliegt St. Gallen

Wieder verschiesst der FC Basel einen Elfmeter, wieder verliert er ein Heimspiel – bei der 0:2 (0:0)-Heimniederlage bleibt der Meister auch im dritten Spiel des Jahres vor eigenem Publikum ohne Tor und droht nun schon vorentscheidend Boden im Titelrennen zu verlieren. Doppeltorschütze ist ausgerechnet der vom FCB ausgeliehene Cedric Itten. 

Hallo, aufwachen: Albian Ajeti beim Versuch, Ricky van Wolfswinkel nach dem vergebenen Penalty aufzurichten.

Man muss sehr weit zurückblättern in der Meisterschaft, um zwei Heimniederlagen hintereinander des FC Basel zu finden. Im September 1997 war das, erst ein 3:4 gegen Luzern, gefolgt von einem 0:1 gegen Lausanne. Das waren noch andere Zeiten und ein Meistertitel von Basel ungefähr so unerreichbar fern wie er es in den letzten Jahren für die Young Boys war.

Nun reibt sich Basel verwundert die Augen nach drei Heimpleiten in Folge inklusive des Anschauungsunterricht in der Champions League. Drei Heimspiele, in denen den Rotblauen kein Tor gelang. Auch das ist ziemlich einmalig und hinterlässt Spieler wie Verantwortliche konsterniert.

Nichts strahlt die Mannschaft mehr aus, was sie im goldenen Spätherbst zu einer Siegesserie in der Super League und einem europäischen Höhenflug beflügelte. Der Ernüchterung des 0:1 gegen Lugano mit einem vergebenen Elfmeter von Mohamed Elyounoussi folgte nun der nächste Tiefschlag mit einem weiteren verschossenen Elfmeter. Diesmal drosch Ricky van Wolfswinkel den Ball übers Tor. So schlecht war der Penalty getreten, das er sinnbildlich für das Basler Spiel steht, dem in der Winterpause fast alles abhanden gekommen ist.

Der Trainer rätselt und beklagt fehlende Klarheit, Selbstverständnis und fehlende Form bei einigen Spielern. Und Wicky sagt auch: «Das ist alles zu wenig und nicht unser Anspruch.» Sportdirektor Marco Streller fordert, dass sich nun jeder einzelne, also auch er, selbst hinterfragen müsse.

Durch die Basler Unpässlichkeit erhalten die Young Boys am Sonntag im Derby gegen Thun die Gelegenheit, ihren Vorsprung auf acht Punkte auszubauen. Das käme fast schon einer Vorentscheidung gleich, oder, wie man so schön bei solch einer Konstellation sagt: Aus eigener Kraft könnte der FCB dann nicht mehr Meister werden.

«Gelaufen ist es sicher noch nicht», sagt Wicky, «wir brauchen es auch nicht schönreden. Aber aufgeben werden wir sicher nicht.»

Cedric Itten: Spieler des Abends im falschen Trikot

Dabei war ein Basler der Spieler des Abends, trug allerdings das falsche Trikot. Cedric Itten, im FCB ausgebildet, nach Luzern ausgeliehen, im Herbst spontan zurückgeholt und in der Winterpause als überzähliger Stürmer erneut ausgeliehen, war der Doppeltorschütze.

Erst luchste er Léo Lacroix den Ball ab, liess den neuen Innenverteidiger dabei peinlich aussehen und danach auch den Rest der FCB-Abwehr (52. Minute). Und dann krönte Itten seine Leistung mit dem 0:2, als er eine Freistossflanke direkt abnahm und sich dabei keinen Deut um die Anwesenheit Raoul Petrettas scherte.

«Konnte nicht glauben, was passiert ist» – der Basler Cedric Itten schiesst den FCB ab.

Nach diesem Treffer, seinem vierten in der laufenden Saison (zwei davon im FCB-Trikot) schlug der 21-Jährige die Hände vors Gesicht. «Ich konnte es nicht glauben, was passiert ist», erzählte er hinterher. Groll hegt er keinen darüber, dass man ihn erneut ausgeliehen hat: «Das war ein gemeinsamer Entscheid, damit ich zu Spielpraxis komme.»

Und Itten, der von seinen FCB-Kollegen zu seiner Doublette beglückwünscht wurde, bedankte sich im Gegenzug mit der Verkündung von Durchhalteparolen: «Ich glaube weiter an den FCB und daran, dass er Meister werden kann. Es ist noch alles offen.»

Gellende Pfiffe

Diesen Optimismus werden im Basler Lager nicht mehr alle teilen. 22’988 Zuschauer waren es offiziell im St.-Jakob-Park, tatsächlich anwesend waren viel weniger. Nicht wenige verliessen nach dem 0:2 in der 86. Minute desillusioniert und schlagartig das Joggeli, und den FCB-Spielern gellte nach Abpfiff des (guten) französischen Schiedsrichters ein Pfeifkonzert entgegen. Etwas Balsam gab es lediglich aus der Muttenzerkurve.

Die Chronik: Ohne Nachdruck im Abschluss

Mutig wollten die Sankt Galler in Basel, wo sie die letzten sechs Partien allesamt verloren hatten, auftreten, und das taten sie auch in ihrer 3-5-2-Grundordnung. Die ersten beiden Chancen boten sich jedoch dem FCB, der von seinem Trainer ebenfalls mit zwei Stürmern in einem 4-4-2 aufs Feld geschickt worden. Aussenverteidiger Raoul Petretta verpasste die Führung zweimal.

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Als sich die Gäste zurückzogen, ereilte sie auch das Unheil in Form eines reichlich unnötigen Zupfers von Silvan Hefti an Albian Ajeti. Den fälligen Elfmeter schoss Ricky van Wolfswinkel in der 25. Minute übers Tor ins Fangnetz. Der FCB tat sich zwar weiter schwer, erarbeitete sich unter Dauerschneeregen in einem zähen Kampfspiel Möglichkeiten, doch Mohamed Elyounoussi und van Wolfswinkel fehlte der Nachdruck im Abschluss.

Methode Brechstange

Auf den Rückstand reagierte Wicky und ersetzte nach einer Stunde den schwachen Geoffroy Serey Dié durch Luca Zuffi sowie Elyounoussi durch Samuele Campo. Dadurch bekam das Basler Spiel vorübergehend etwas mehr Struktur, es resultierten Möglichkeiten für Valentin Stocker daraus, doch einmal kam nur ein Schüsschen heraus (64.) und einmal fehlte dem Rückkehrer die letzte Entschlossenheit.

Das Plus an Ballzirkulation wurde in der 82. Minute durch die Methode Brechstange ersetzt, als Innenverteidiger Lacroix zum Zielstürmer umfunktioniert wurde. Der vor zwei Wochen aus St-Etienne gekommene Funkturm traf prompt per Kopf, stand dabei allerdings deutlich im Abseits. Näher kam der FCB einem Tor nicht mehr – St. Gallen dafür zu seinem zweiten Treffer.

Trainer, in Not: Raphael Wicky sieht das dritte Spiel hintereinander, in dem seiner Mannschaft im Joggeli kein Tor gelingt.

Die Trainermonologe: «Es war wie verhext»

Raphael Wicky, Trainer des FC Basel:

«Es ist eine unerklärliche Geschichte. Wir haben eigentlich genügend klare Chancen gehabt, haben unser Spiel aber nicht so aufgezogen, wie wir uns das vorgenommen hatten. Wir haben nicht die Klarheit gefunden, die wir noch im Herbst hatten. Es war wie verhext. Das Ergebnis ist sehr enttäuschend. Wir hatten gegen Lugano und St. Gallen sechs Punkte budgetiert, nun sind es null, und das ist zu wenig und nicht unser Anspruch. 

Ich suche nun keine Ausreden. Wir haben gehofft, den Schwung aus dem Herbst mitnehmen zu können in die zweite Saisonhälfte. Jetzt muss jeder selbstkritisch sein, Spieler wie alle im Staff. Aber wir werden versuchen, intern ruhig zu bleiben. Es gibt Spieler, die nicht in Bestform sind, aber wir müssen uns rauskämpfen aus dem Loch.»

Giorgio Contini, Trainer des FC St. Gallen:

«Wenn man viel schafft, kann man sich mit drei Punkten belohnen. Wir sind mutig gewesen, haben uns gewehrt und die Zweikämpfe angenommen. Cedric Itten tut uns gut, seine Qualitäten und seine physische Präsenz hilft uns. Wir hatten ein happiges Startprogramm, und für mich geht es darum, meine Philosophie umzusetzen. Dafür geben diese drei Punkte sicher Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben.» 

Die Aufstellungen:

FC Basel (4-4-2): Vaclik – Lang, Lacroix, Suchy, Petretta – Stocker, Xhaka, Serey Dié (61. Zuffi), Elyounoussi (61. Campo) – van Wolfswinkel, Ajeti (69. Oberlin).

Bank: Salvi (Tor), Riveros, Frei, Bua.

FC St. Gallen (3-5-2): Stojanovic – Hefti, Wiss, van der Werff – Aratore (70. Koch), Wittwer – Tschernegg, Sigurjonsson, Barnetta (80. Kukuruzovic) – Ben Khalifa (76. Tafer), Itten.

Bank: Lopar (Tor), Koch, Kukuruzovic, Tafer, Muheim, Babic, Gasser.

Das Aufwärmprogramm:

https://tageswoche.ch/sport/zurueck-zum-wesentlichen/

https://tageswoche.ch/stadtleben/die-irritation-der-fans-mit-burgeners-fcb/

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