Vom Ami-Snack zur Hipster-Delikatesse: Der Burger erobert Basel

Der Hamburger ist salonfähig geworden. Einst als Kalorienbombe und Zeichen kulinarischer Dekadenz geschmäht, ist er heute gourmettauglich. Wie überall schiessen auch in Basel die Burger-Beizen wie Pilze aus dem Boden. Wir haben uns einen Überblick verschafft und in Kartenform gebracht.

Das Image des Ungesunden schlechthin hat der Burger längst abgestreift. Auch die Zeiten von gummigem Brot mit kartonähnlichem Hackfleisch sind grösstenteils vorbei.

(Bild: iStock/Montage: Nils Fisch)

Der Hamburger ist salonfähig geworden. Einst als Kalorienbombe und Zeichen kulinarischer Dekadenz geschmäht, ist er heute gourmettauglich. Wie überall schiessen auch in Basel die Burger-Beizen wie Pilze aus dem Boden. Wir haben uns einen Überblick verschafft und in Kartenform gebracht.

Ob Veganer, Feinschmecker oder Puristen: Für alle möglichen Zielgruppen gibts mittlerweile den passenden Burger. Die einen mögens traditionell, andere mit exotischen Zutaten wie Blauschimmelkäse, Jalapeños, Teriyakisauce oder Rotwein-Schalotten-Mayonnaise: Bei dem, was mittlerweile übereinandergeschichtet werden kann, sind jedenfalls keine Grenzen gesetzt.

Der fleischgewordene Inbegriff der Fastfoodwelle ist mittlerweile erwachsen geworden. Das war bekanntlich nicht immer so: Einst wurde der Burger sowohl von Gourmets wie auch von Anhängern alternativer Ernährung als Untergang der Esskultur geschmäht. Nach dem Aufstieg von McDonald’s musste der Burger für kulturpessimistische Pamphlete – nicht selten gepaart mit antiamerikanischen Ressentiments – ziemlich oft als Zielscheibe hinhalten. 

Amerikaner mögens ohne viel Schnickschnack

Das ist Schnee von gestern: Bei McDonald’s gehen deutlich weniger Burger über den Ladentisch. Damit hat der Gigant seinen Zenit überschritten und taugt nicht mehr als grosse «Gastro-Bedrohung» wie noch in den Achtzigerjahren. Ein Blick auf die Basler Beizenlandschaft zeigt, dass der Burger definitiv auch hier angekommen ist.

Carmelo D’Amelio, Wirt beim Diner «Mel’s Bar», sieht dafür zwei Gründe: Erstens sei der Burger mittlerweile das Image des «Ungesunden» losgeworden. Zweitens hätten viele Leute ein Faible für das Retroambiente der Burgerbeizen.

Dabei beobachtet er bei seinen Kunden zwei Tendenzen: «Die amerikanischen Gäste mögen den Cheeseburger mit Milkshake – ganz klassisch, ohne viel Schnickschnack», sagt D’Amelio. Studenten, Pärchen und Arbeiter – meist Schweizer oder Italiener – bevorzugten jedoch eher die Eigenkreationen wie etwa den mediterranen «Don Corleone» mit Rucola, Mozzarella und Bruschetta.

Unkomplizierte Gastronomie ist gefragt

Die Rehabilitierung des Burgers ist nicht nur in Basel zu beobachten: Maurus Ebneter, Vorstandsdelegierter des Basler Wirteverbands, spricht von einem internationalen Trend in Richtung «Casual Dining». Damit meint er, dass die Leute vermehrt in einem unkomplizierten Ambiente speisen möchten. Dabei dürfe es nicht zu edel und steif zugehen. Gleichzeitig grenze sich dieser Trend aber auch vom reinen Fastfood ab: «Es soll gemütlich sein – ohne Anstehen», sagt Ebneter.

Dieser Trend ist weit weg von der Massenabfertigung: «Mehr Qualität und Individualität ist gerade in den Städten gefragt.» Als Beispiel nennt er «La Manufacture» im Gundeli, wo etwa Burgers mit Pulled Pork oder Guacamole auf der Karte stehen. Schon die Wahl eines französischen Namens mache deutlich, dass der Burger seine amerikanische Heimat längst hinter sich gelassen habe. 

«Das Burgerfieber entspringt der Ratlosigkeit vieler Beizer.»


Leo Egloff, Gastronomieberater 

Gastronomieberater Leo Egloff ist skeptischer. Er spricht von einer Hinwendung zum Altbewährten: «Man sucht den Erfolg in Dingen der Vergangenheit.» Das konnte er etwa beim Rindsbraten oder beim Hacktätschli – das nun zwischen zwei Brotscheiben als Burger wieder auftaucht – gut sehen. Dabei werde aber viel kopiert: «Das Burgerfieber entspringt der Ratlosigkeit vieler Beizer», sagt Egloff.

Der Mode hält er aber zugute, dass es nicht mehr dasselbe ist wie noch in den Achtzigerjahren: Die plattgedrückte Scheibe mit schwammigem Brot und wenig Gout gehöre weitgehend der Vergangenheit an. Heute seien die Burger in allen Schattierungen anzutreffen. Es mag daher kaum erstaunen, dass McDonald’s längst auf diese Ansprüche reagiert hat: Mit Gourmet-Burgers der «Signature Line» vom TV-Koch René Schudel möchte auch der Fastfood-Riese bei diesem Trend mithalten.

Letztendlich noch immer ein Hackfleischbrot

Dass der Burger veredelt wird, macht nicht alle glücklich. Der Trend hat auch Stilkritiker auf den Plan gerufen. «The Telegraph» warnte schon vor Jahren vor einer «Verhipsterung» des ursprünglich einfachen Gerichts. Die «Süddeutsche Zeitung» holte dieses Jahr zu einer Polemik gegen den «Burger-Wahn» aus. Dabei wird das Versprechen der alternativen Burgerbrater vom «schnellen, aber trotzdem irgendwie guten Essen» als Hochstaplerei abgetan: Trotz allem Tamtam sei es letztendlich immer noch ein Hackfleischbrot.

Das alles tut der Burger-Popularität keinen Abbruch. Wie auch in vielen anderen Städten springt auch die Basler Gastronomie auf diesen Zug auf. Da gibts die rollende Variante wie die Foodtrucks von «Mrs. Burger» und «Meat and Greet» oder in einer fleischlosen Variante wie bei «Vegiman»in der Markthalle. Im «Design- und Lifestyle-Hotel» Nomad wird zudem ein Burger mit Brie und Parmaschinken serviert. Ob in der Quartierbar wie «Valentino’s Place», im Irish Pub, Rock-Kunst-Café L’Unique oder auf der Birsköpfli-Veranda: Der Imbiss ist auf dem Siegeszug. 

Basel hinkt dem Hype hinterher

Auch in Lokalen, die oft von Studenten besucht werden, geniesst der Imbiss hohe Popularität – etwa im im September 2015 neu eröffneten «Milchhüsli». Roger Greiner, Initiant der Kulturbeiz, stellt fest, dass das angesichts der vielen Angebote bereits nicht mehr als etwas Spezielles betrachtet werde. «Basel hinkt sowieso jedem Hype etwas hinterher», findet er.

Trotzdem ziehen die Burger noch immer bei der jungen Kundschaft: Das sehe man etwa an den «Milchhüsli»-Themenabenden mit Live-Jazzkonzerten: «Gibts Tapas, so sind die meisten Gäste über dreissig, bei den Burger-Nächten ist die Kundschaft dann doch etwas jünger», sagt Greiner.

Als grosse Player bei der Basler «Burgerschwemme» sind der Gastro-Unternehmer Jérôme Beurret und sein Geschäftspartner Stefan Grieder zu erwähnen. Das Duo übernahm die Kasernen-Buvette, das Rhyschänzli sowie das «Union». Zuletzt eröffneten sie das «Union Diner». Wie sein Pendant an der Klybeckstrasse ist auch dieses Lokal auf Burger spezialisiert. «Wir haben an unserer Buvette verschiedene Snacks ausprobiert und die Burger stiessen auf sehr grosse Nachfrage», erklärt Stefan Grieder. Daher setze man in die beiden «Union»-Restaurants den Fokus auf den «Burger für höhere Ansprüche».

Die Rolle der Expats beim Burger-Aufschwung

Nicht nur Studenten, Authentizitätssuchende und urbane Feinschmecker haben den Burger entdeckt: Als wichtiges Kundensegment sind auch die Expats zu nennen. «Mittlerweile machen sie einen grossen Teil unserer Klientel aus», bestätigt Grieder. Er bestreitet aber, dass man mit dem Gastro-Konzept gezielt Expats ansprechen wollte. Dass die Karte im Union Diner etwa ausschliesslich in Englisch verfasst ist, habe andere Gründe. Begriffe wie Bun, Patties, BBQ und Cheddar seien einfach schlecht zu übersetzen. «Beim Diner haben wir uns zudem aus Platzgründen für eine Sprache entscheiden müssen – und das war eben Englisch», erklärt Grieder.

Expats werden als Zielgruppe im Basler Gastrowesen immer wichtiger. Auch Maurus Ebneter beobachtet diesen Trend: «Sie sind kaufkräftig und ausgehfreudig, da sie soziale Kontakte suchen.» Restaurants mit einer unkomplizierten Gastronomie seien Leuten aus dem angelsächsischen Raum besonders vertraut – daher auch die Beliebtheit der englischen und irischen Pubs oder von Konzepten wie «Papa Joe’s» und «Zic Zac». Auch indische und mexikanische Restaurants seien bei den Expats begehrt. Leo Egloff sieht hingegen andere Gründe hinter dem anglophilen Konzept mancher Restaurants: «Das ist ein mühsamer Versuch, einen Schichtenwechsel herbeizuführen und jüngere Leute in überalterte Beizen zu locken.»

Die Aufzählung der Beizen erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Haben Sie noch weitere Burger-Tipps?

Falls Sie ein Beizen-Muffel sind und den Imbiss lieber gemütlich vor dem Fernseher geniessen möchten: Wir haben ein Rezept für den EM-Burger.

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