Wie die Bürgerlichen jetzt den vierten Sitz holen können

Nach dem Verzicht von Regierungspräsident Guy Morin bröckelt die linke Mehrheit in der Basler Regierung. Denn treten die Bürgerlichen geschlossen auf, könnte die rot-grüne Periode dieses Jahr ihr Ende finden. Eine Analyse.

Der Mann links geht: Guy Morin tritt nicht mehr an. Wenn Baschi Dürr noch einmal fürs Präsidialdepartement ins Rennen steigt, steigen die Chancen für eine bürgerliche Mehrheit im Regierungsrat.

(Bild: Dominique Spirgi)

Nach dem Verzicht von Regierungspräsident Guy Morin bröckelt die linke Mehrheit in der Basler Regierung. Denn treten die Bürgerlichen geschlossen auf, könnte die rot-grüne Periode dieses Jahr ihr Ende finden. Eine Analyse.

Guy Morin gibt ab, und wir haben allen Grund, ihm Respekt zu zollen. Der Mann übernahm 2009 als erster Basler Regierungsrat das neu geschaffene Präsidialdepartement. Das zeugt von Mut.

Denn Morin wurde Chef in einem Sammelbecken von Amts- und Dienststellen aus verschiedensten Departementen, die in einem neuen zusammengefasst wurden. Unter Morins Leitung gab sich das Departement gerne als Drehscheibe und Vermittler zwischen den anderen. Teilweise mit durchzogener Bilanz, aber immerhin: Morin verpasste dem Departement eine Rolle.

Das Experiment eines Präsidialdepartements war für alle neu. Für den Grünen Morin, fürs Stimmvolk, für die Angestellten. Doch sieben Jahre sind für die Festigung eines neuen Departements eine kurze Zeit. Morin hat aufgebaut. Jetzt muss der Neue ran.

Intakte Chance auf die Mehrheit

Die Chancen stehen gut, dass dieser Neue ein Bürgerlicher wird. Denn Morins Abgang bereitet nicht nur den Weg für den nächsten Basler Regierungspräsidenten. Er öffnet auch die Tür für den grossen Wunsch der Basler Bürgerlichen: den vierten Sitz in der Regierung und damit das Ende der rot-grünen Basler Periode.

Dafür verschaffen wir uns zuerst den Überlick zur Stunde:

  1. Präsidialdepartement: vakant (Guy Morin, Grüne, tritt nicht mehr an)
  2. Erziehungsdepartement: vakant (Christoph Eymann, LDP, tritt nicht mehr an)
  3. Gesundheitsdepartement: Lukas Engelberger, CVP
  4. Justiz- und Sicherheitsdepartement: Baschi Dürr, FDP
  5. Finanzdepartement: Eva Herzog, SP
  6. Bau- und Verkehrsdepartement: Hans-Peter Wessels, SP
  7. Departement für Wirtschaft, Soziales, Umwelt: Christoph Brutschin, SP

Am Montag spekulierte die «Basler Zeitung», dass Links-Grün damit weitere Sitzgewinne verbuchen könnte. Schliesslich wollen die Grünen laut Präsidium auf jeden Fall mit einem eigenen Kandidaten antreten und auch die linke BastA! mischt sich in den Kampf um einen der Sitze. Ganz zu schweigen von der SP, die ihre drei Sitze mindestens behalten will. Auf der linken Seite herrscht also Gerangel.

Aber Links-Grün schwächelt. Den Grünen geht mit dem angekündigten Wegzug von Mirjam Ballmer das wohl stärkste Zugpferd für eine Exekutivwahl verloren. Das gleiche Problem hat BastA!. Die städtische Linkspartei stellt mit Sibel Arslan neu zwar eine Nationalrätin, aber sonst kaum einen mehrheitsfähigen Kopf für ein Exekutivamt.

Die SP selbst ist mit ihren drei Regierungsräten bereits satt vertreten. Kommt hinzu, dass das Partnerschaftsverhältnis zwischen SP und BastA! traditionell gestört ist, da die staatstragende linke Regierungspartei der kleineren BastA! selten links genug ist.

Im Windschatten erstarkt

Auftritt Bürgerliche. Im Windschatten der vergangenen Legislatur verbuchte Mitte-Rechts in Basel kantonal stückweise Erfolg um Erfolg. Die Strasseninitiative wurde 2015 in ihrem Sinne deutlich verworfen, ebenso die Initiative «Wohnen für alle». Linke und Grüne hatten beide Initiativen deutlich unterstützt.

So kanns funktionieren: Basler Wahlvorschau mit Strichmännchen und -frau.

So kanns funktionieren: Basler Wahlvorschau mit Strichmännchen und -frau. (Bild: Andreas Schwald)

Eine Schlüsselrolle auf dem Weg zur bürgerlichen Regierungsmehrheit nimmt Sicherheitsdirektor Baschi Dürr (FDP) ein. Entscheidet er sich, nach 2012 erneut fürs Präsidialdepartement anzutreten, stellt er damit indirekt den Sitz des Sicherheitsdirektors zur Disposition.

Als Bisheriger stehen seine Chancen zur Wahl nicht schlecht. Ob und wofür er bei den Wahlen antritt, ist zur Stunde allerdings noch nicht klar. Eine Mitteilung dazu soll nach Informationen der TagesWoche noch erfolgen.

Offen ist auch, wer als Ersatz für Christoph Eymann (LDP) antritt. Die Partei hat allerdings mit Conradin Cramer einen anerkannten jungen Politiker zur Hand, der nicht nur bereits Grossratspräsident war, sondern auch aktiv in Abstimmungskämpfen auftritt, aktuell im Gegnerkomitee zur Bodeninitiative. Tritt Cramer an und portieren ihn die Bürgerlichen geschlossen, wäre die Nachfolge Eymanns praktisch gesichert.

Die Pflicht: Ein fähiger Kandidat und Zusammenarbeit

Bliebe noch das Sicherheitsdepartement, das mit einem allfälligen Antritt Dürrs fürs Präsidium frei werden könnte. Schaffen es die Bürgerlichen, einen weiteren mehrheitsfähigen Kandidaten aus dem Hut zu zaubern, wären auch dessen Chancen realistisch. Auch wenn die Departemente erst nach den Wahlen verteilt werden, erhöht die Aussicht auf das aktuell unter Beschuss stehende Departement eher die Wählbarkeit eines Kandidaten von Mitte-Rechts als die eines linken Kandidierenden.

Das bedingt allerdings zwei Faktoren. Erstens: Der zweite bürgerliche Kandidat muss wählbar sein. Die Basler SVP liebäugelt laut «Basler Zeitung» bereits mit Ex-Novartis-Schweiz-Chef Pascal Brenneisen. Der Manager ist politisch allerdings unbeschlagen. Hinzu kommt, dass sein abruptes Ende beim Pharmakonzern nicht gerade leise verlief. Gefährlicher für Rot-Grün wäre die Kandidatur eines unverbrauchten SVP-Politikers. Zum Beispiel Lorenz Amiet: Kadermitarbeiter der Keller Swiss Group, Dossier Finanzpolitik, mit Jahrgang 1976 noch jung.

Faktor Schulterschluss

Zweiter Faktor: Der bürgerliche Schulterschluss. Der traditionellen Wählerkraft der SP sind die bürgerlichen Parteien einzig gewachsen, wenn sie zusammenarbeiten. Anders gesagt: Das Ende der rot-grünen Periode findet nur mit einer starken Zusammenarbeit von CVP über FDP und LDP bis SVP statt. 

Es wäre ein Coup. Und der ist nicht unmöglich. Es sei denn, die SP schafft es, eine mit Grünen und BastA! funktionierende Allianz zu bilden und einen Kandidaten aufzubauen, der das bisherige Gespann von Eva Herzog, Christoph Brutschin und Hans-Peter Wessels ergänzt.

Ansonsten bleibt Guy Morin als Wegbereiter in zweierlei Hinsicht in Erinnerung. Mit der Annahme der Pionierrolle als Wegbereiter eines neuen Präsidialdepartements für Basel-Stadt. Und mit seinem Abgang als Wegbereiter einer neuen bürgerlichen Mehrheit in der Basler Regierung.

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