Flugkünstler und Fliegenfänger – die Torhüter des FC Porto

Seit dem Rückzug von Vitor Baia stellt sich in Porto die Torwartfrage. Der inzwischen 36-jährige Helton mochte in der heimischen Liga jeweils brillieren, doch versagten ihm auf internationalem Parkett oft die Nerven. Und ob der zehn Jahre jüngere Fabiano den hohen Anforderungen gerecht werden kann, wird noch bezweifelt. Teil 5 unserer Porto-Serie.

League Cup: Braga vs Port Braga - Sporting Braga received tonight, FC Porto at the Municipal stadium of Braga, match counting for the 3rd round of the League Cup group stage 2014/15. Helton and Rafa PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY xIvanxdelxValx League Cup Braga vs Port Braga Sporting Braga received tonight FC Porto AT The Municipal Stage of Braga Match Counting for The 3rd Round of The League Cup Group Stage 2014 15 Helton and Rafa PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY (Bild: imago sportfotodienst)

Seit dem Rückzug von Vitor Baia stellt sich in Porto die Torwartfrage. Der inzwischen 36-jährige Helton mochte in der heimischen Liga jeweils brillieren, doch versagten ihm auf internationalem Parkett oft die Nerven. Und ob der zehn Jahre jüngere Fabiano den hohen Anforderungen gerecht werden kann, wird noch bezweifelt. Teil 5 unserer Porto-Serie.

Er misst 1,92 Meter, ist 36 Jahre alt und immer noch verblüffend reaktionsschnell. Das hat Helton Mitte Januar im Liga-Cup bewiesen. Die Partie in Braga endete 1:1, weil der brasilianische Keeper des FC Porto überragend hielt. Nur ein Elfmeter flog knapp an seiner Hand vorbei. Die Leistung war insofern sensationell, als Helton lange nicht mehr gespielt hatte. Ein Achillessehnenabriss schien das Ende der Karriere zu bedeuten.

Doch der hagere Mann quälte sich und will seinen Vertrag unbedingt erfüllen. Jetzt könnte sogar die Verlängerung ein Thema sein – drei Spiele im Ligacup hat er im Januar absolviert. Erste Wahl in Liga und Champions League aber ist Fabiano Freitas, der sich zwar bewährt hat. Doch Fabiano hat auch bei der ersten von bislang bloss zwei Niederlagen in der Liga gepatzt, in Porto gegen den Leader Benfica (0:2).



Er ist eigentlich die Nummer 1: Fabiano Freitas (hier im Einsatz gegen Lille). Bloss wird in Porto an seiner internationalen Klasse gezweifelt.

Er ist eigentlich die Nummer 1: Fabiano Freitas (hier im Einsatz gegen Lille). Bloss wird in Porto an seiner internationalen Klasse gezweifelt. (Bild: imago sportfotodienst)

Helton konnte sich gut in den zehn Jahre jüngeren Landsmann einfühlen. Dass der FC Porto Titel in Serie holte, lag auch an seiner Fähigkeit, unhaltbar scheinende Bälle zu entschärfen. Doch in der Champions League unterliefen Helton haarsträubende Fehler. Auf internationalem Parkett mutierte der Flugkünstler öfter zum Fliegenfänger. Helton sei talentierter als sein Vorgänger Vitor Baia, sagten die Trainier unisono, jedoch unsicherer.

Vitor Baia – Aussenminister und Clubinventar

Über ein Jahrzehnt war Baia eine Art Lebensversicherung, bloss ein kurzes Intermezzo in Barcelona verlief enttäuschend. Das Eigengewächs kehrte nach Porto zurück und reüssierte wieder, auch im Nationalteam. Inzwischen ist er 45-jährig und durch Immobiliengeschäfte reich geworden. Die Aktivitäten als «Aussenminister» des FC Porto wurden zurückgefahren. Trotzdem gehört Baia wie die früheren Mistreiter André, Paulinho Santos und Fernando Gomes, der an Auslosungen regelmässig präsent ist, zum Clubinventar.

Mit dem Namen Baia ist auch ein Wandel in der portugiesischen Goalie-Kultur verbunden. Vor ihm prägten Manuel Bento von Benfica und Vitor Damas von Sporting die Position. Kleingewachsen, waren sie in der Luft limitiert, aber unglaublich stark auf der Linie und in Eins-gegen-eins-Situationen. Diesbezüglich auch Helton überlegen.

Rutschte ihnen mal ein Ball zwischen den Beinen durch, nahmen es die Fans achselzuckend hin. Noch heute schwärmen sie von der Explosivität eines Vitor Damas, der wie Bento schon verstorben ist. Anders als die unsteten Kollegen stand Baia für einen klaren Kopf, für Solidität und Strafraumbeherrschung.



Vitor Baia: Der ehemalige Porto-Goalie ist heute Geschäftsmann und gehört zum Clubinventar.

Vitor Baia: Der ehemalige Porto-Goalie ist heute Geschäftsmann und gehört zum Clubinventar. (Bild: imago sportfotodienst)

Vergleiche mit dem Deutschen Sepp Maier wurden gezogen, und eine Nähe zur mitteleuropäischen Schule lässt sich nicht verkennen. Das war in Barcelona allerdings problematisch. Bei den Katalanen brauchte ein Torhüter Reflexe und schnelle Beine, um im Notfall die Libero-Rolle übernehmen zu können. Solche Situationen kommen häufiger vor, je offensiver eine Mannschaft agiert und je schneller das Tempo allgemein wird.

In der Liga geht der Trend zum brasilianischen Keeper

Den Umschwung erlebte Baia selber mit. Vor der WM 2002 sortierte ihn Portugals brasilianischer Trainer Luiz Filipe Scolari aus. Zwei Jahre später versetzte auch Jose Mourinho die Ikone Baia im Club gelegentlich ins zweite Glied. Er raffte sich auf, dirigierte die Abwehr souverän und hielt, was nach normalen Massstäben zu halten war.

Im Nationalteam trumpften fortan Keeper mit schnelleren Reflexen und Füssen auf: Zunächst Quim, dann Ricardo und seit einigen Jahren Rui Patricio. Auch in den Vereinen werden diese Qualitäten bevorzugt. Mehrere brasilianische Keeper in der Liga belegen den Stilwandel, der 35-jährige Julio César knüpft bei Benfica wieder an Glanzzeiten an.

Wen zaubert Trainer Lopetegui in Basel aus dem Hut?

Fabiano könnte sich in die gleiche Richtung entwickeln. Allerdings weiss man in Porto nicht, ob er wirklich die Statur für einen europäisch ambitionierten Club hat. Vor einer schwierigen Wahl steht der Trainer Julen Lopetegui. Es ist nicht auszuschliessen, dass der Baske mit Blick auf die Spiele gegen Basel dem erfahrenen Helton mehr Spielpraxis gibt – oder ihn im St.-Jakob-Park einfach aus dem Hut zaubert.

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