Rund um die Meret Oppenheim-Strasse – Teil 2: die Kurierzentrale

Unscheinbar, aber gar nicht so ohne. Was geht in der Meret Oppenheim-Strasse? Wir stellen diese Woche alle Anlieger vor. Heute: die Zentrale der Radkuriere. Meist unschwer erkennbar an dem vor dem Gebäude abgestellten Fahrrädern befindet sich in der Meret Oppenheim-Strasse 35 die «Kurierzentrale» , eins der beiden Radkurierunternehmen in Basel. Werktags wimmelt es hier von ankommenden […]

Der Eingangsbereich der Kurierzentrale. Werktags wimmelt es hier von ankommenden und abfahrenden Kurieren.

Unscheinbar, aber gar nicht so ohne. Was geht in der Meret Oppenheim-Strasse? Wir stellen diese Woche alle Anlieger vor. Heute: die Zentrale der Radkuriere.

Meist unschwer erkennbar an dem vor dem Gebäude abgestellten Fahrrädern befindet sich in der Meret Oppenheim-Strasse 35 die «Kurierzentrale» , eins der beiden Radkurierunternehmen in Basel. Werktags wimmelt es hier von ankommenden und abfahrenden Radkurieren, die Aufträge entgegennehmen.

Heute, Samstag, ist wenig los. Öfffnet man die Tür des einstöckigen Gebäudes, steht man im Eingangsbereich. Auf der rechten Seite gibt es eine Durchreiche zur «Dispozentrale», dem Dreh- und Angelpunkt des Unternehmens.

Auf der anderen Seite der Durchreiche sitzt Joost Oerlemans entspannt vor zwei grossen Bildschirmen. Drei Fahrer sind derzeit auf der Strasse, jeder ist mit einem Handy ausgerüstet. Von den anderen beiden Schreibtischen ist heute nur einer besetzt.

«Die Zentrale muss auf Zack sein»

Auf den Bildschirmen sind die laufenden, eingehenden und bevorstehenden Fahrten aufgelistet. Samstags laufen vor allem Blumenlieferungen an Spitäler und Essenslieferungen an Privathaushalte. Für Restaurantlieferungen gibt es mehrere Partnerunternehmen, wie zum Beispiel das «Lilly’s» am Claraplatz. «Pizza», sagt Oerlemans, «liefern wir nicht.»

Seit 25 Jahren gibt es die Kurierzentrale, seit zehn Jahren ist der pensionierte Informatiker Joost Oerlemans Geschäftsführer. Im November wird Jubiläum gefeiert. Etwa 500 Aufträge wickelt die Kurierzentrale an Wochentagen ab, die meisten per Velo.

Für grössere und umfangreichere Lieferungen gibt es fünf Autos. «Die Zentrale muss auf Zack sein», erklärt Oerlemans. Eine Sendung abholen, ausliefern und zurückfahren, lohne sich nämlich wenig, erklärt der Geschäftsführer. Auf dem Weg noch etwas abholen oder abliefern bringt dagegen mehr. Wer die Verteilung koordiniert, muss wissen, wer wo unterwegs ist, und was er dabei hat.

Netzwerk der Kurierfirmen

«Den muss man um 11 Uhr holen gehen…», unterbricht er sich und leitet einen Terminauftrag weiter. Als Transportunternehmen sind die Radkuriere in mehrere Netzwerke eingebunden. Die Kurierzentrale nimmt zum Beispiel an einem System namens Swissconnect teil, bei dem Lieferungen von mehreren  Kurierfirmen sowie per Bahn transportiert werden. 

Für einen Transport nach St. Gallen kann man sich das so vorstellen: Die Sendung wird in Basel aufgenommen und reist mit dem Zug nach Zürich, wo sie am Hauptbahnhof von einem Kurier entgegengenommen und nach St. Gallen umverteilt wird. Dort holt sie ein anderer Kurier ab und bringt sie an den Bestimmungsort. Nachts kommen Lieferungen aus einem anderen System an, das GO (General Overnight) heisst. Am Tag darauf werden sie verteilt.

«Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir nahe am Bahnhof sind», sagt Oerlemans. Was bald nicht mehr der Fall sein wird. Die Kurierzentrale ist eines der Unternehmen, die dem Gleisausbau der SBB Platz machen müssen. Im März 2015 müssen die Kuriere raus.

«Wir sind der Low-Level-Betrieb mit den meisten Akademikern.»

Eine Sorge dürfte die Kurierzentrale dann los sein: die um die Netzverbindung. Die Telefonleitung auf dieser Seite der Meret Oppenheim-Strasse kommt nämlich per Oberleitung.

«Irgendwas wird sich finden», sagt Oerlemans. Vielleicht in Allschwil. Ein Hauptgeschäftsbereich ist der Transport von Laborproben zu den Labors von Viollier. Ansonsten wird fast alles transportiert, was aufs Velo passt.

120 Personen sind bei Joost Oerlemans angestellt, die meisten in Teilzeit. «Wir sind der Low-Level-Betrieb mit den meisten Akademikern», sagt er schmunzelnd. Gearbeitet wird von 6 bis 22 Uhr, eine Schicht dauert vier Stunden. Mehr geht kaum. «Danach bist du müde», sagt Oerlemans.

Mittags wird gemeinsam gegessen

Oerlemans ist es wichtig, dass die Fahrer anständig bezahlt werden. Viel verdient ein Radkurier nicht. 20 bis 30 Franken pro Stunde sind aber weit mehr als im deutschen Ausland bezahlt wird, wo die Fahrer teilweise für ein sehr geringes Entgelt arbeiten.

Mittags wird gemeinsam gegessen. Für das Mittagessen bezahlen die Kurierfahrer drei Franken, den Rest übernimmt das Unternehmen.

Ausser der Dispozentrale gibt es im Gebäude ein Büro, einen Umkleideraum, einen Gemeinschaftsraum, einen Pausenraum mit einem laut Joost Oerlemans sehr belieben Töggelikasten, ein Lager und eine kleine Küche. Hinter dem Haus stehen etliche Bienenstöcke, Eigentum von Oerlemans, der nebenher imkert. Auch die müssen raus. Wohin, wird sich zeigen.

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Mehr rund um die Meret Oppenheim-Strasse:

Teil I: Die Meret Oppenheim-Strasse verändert sich
Teil II: Die Kurierzentrale der Radkuriere

Teil III: Die Hicret Moschee

Teil IV: Der Steinmetz Strauss

Teil V: Margrethen Carosserie

Teil VI: Die Schreinerei Bruno Küttel

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