Was ist los in der Meret Oppenheim-Strasse? Nicht nur Gewerbetreibende gibt es im ehemaligen Hinterhof – auf meiner Tour durch die Meret Oppenheim-Strasse besuche ich heute die Hircet Moschee.
«Hicret Moschee» steht auf dem Schild am unscheinbar braun gestrichenen Gebäude, bei meinem Besuch am 13. September wird davor gerade ein Basar veranstaltet. Auf dem Papier liegt sie gar nicht in der Meret Oppenheim-Strasse. Die offizielle Adresse ist seit jeher «Güterstrasse 91».
Den Basar gibt es öfter, erfahre ich später. Aus sozialen Gründen und zu Wohltätigkeitszwecken. Auf der Suche nach einem Ansprechpartner treffe ich auf Berat Karadeniz, der meine Allgemeinbildung in Sachen in Islam in Folge ein wenig auffrischt. Karadeniz ist einer der Leiter der Gemeindegruppen, die in vier Bereiche aufgeteilt sind: junge Männer, junge Frauen und die jeweiligen Erwachsenengruppen. Karadeniz ist für die jüngeren Männer zuständig.
Die Hicret Moschee gibt es seit 1985, seit 1991 befindet sie sich in der Meret Oppenheim-Strasse. Hicret, erklärt Karadeniz, sei zum einen ein türkisches Wort, das schlicht «Auswandern» bedeutet und zum anderen die spezielle Bezeichnung für die Flucht des Propheten Mohamed von Mekka nach Medina im Jahre 622, der zugleich der Beginn der muslimischen Zeitrechnung markiert. Besser bekannt ist wahrscheinlich der arabische Begriff «Hidschra».
In der Gundeldinger Moschee bete eine Gemeinde von etwa 200 Personen, sagt Karadeniz. Am Abendgebet während der Woche nehmen etwa 20 bis 30 Personen teil, am Wochenende ein paar mehr. Während des Fastenmonats Ramadan können es schon mal 180 werden. Geöffnet ist die Hicret Moschee aber für jeden, auch soziale Aktivitäten finden dort statt. Günstig für durchreisende Muslime ist die Lage am Bahnhof. Wer ein Gebet verrichten oder eines nachholen will, ist willkommen. Zu den Gebetszeiten sei auf jeden Fall jemand da, sagt Karadeniz.
«Wenn man betet, spürt man Gott»
Fünf Gebete schreibt der Islam täglich vor. Die müssen nicht alle zwingend und auch nicht alle in der Moschee verrichtet werden. Die Gebetszeiten richten sich nach Sonnenauf- und untergang. Derzeit findet das erste um ungefähr 5.30 Uhr und das letzte um 21.30 Uhr statt. Die Zeiten bekommt Berat Karadeniz per App aufs Handy, online nachsehen kann man sie auch. Was ihm das Gebet bedeute, frage ich Karadeniz. «Wenn man betet, spürt man Gott», sagt er einfach. Man spüre seine Präsenz, und dass er der Ursprung von allem sei.
Mit diesen Worten geht es zur Besichtigung der Moschee. Auf der Treppe herrscht wegen des Basars vor der Türe reger Betrieb. Schüsseln mit Lebensmitteln werden hoch- und runtergetragen. Schuhe werden trotzdem an der Treppe zum ersten Stock abgelegt. Gebetet wird ohnehin ohne Schuhe. Auch Handys müssen dann auf lautlos geschalten werden, um die Gläubigen nicht zu stören, erfahre ich.
Im Treppenhaus hängen Plakate, die meisten in türkischer Sprache, denn ein Grossteil der Basler Muslime ist türkischstämmig. Aber auch Bosnier, Albaner, Araber und natürlich Schweizer beten hier.
«Imam kann eigentlich jeder sein.»
In der Moschee befinden sich ausser den Gebetsräumen ein Aufenthaltsraum, ein Jugendraum, ein Unterrichtsraum, ein Waschraum für die Reinigung vor dem Gebet und eine Küche. In einer «richtigen» Mosche, sagt Karadeniz, gäbe es ausserdem getrennte Eingänge für Männer und Frauen.
Weiter geht es zum Gebetsraum der Männer im zweiten Stock. Der liegt, wie alle muslimischen Gebetsräume in östlicher Richtung. Dort ist Mekka. Vorne befindet sich ein besonderer Platz für den Vorbeter oder Imam. «Imam kann eigentlich jeder sein», erklärt mein Führer. Gesetzt, er kenne sich im islamischen Glauben aus und könne die Gebete sprechen.
Eine Moschee leistet sich in der Regel einen festangestellten Imam, der noch weitere Aufgaben hat. Er stellt Regeln für die Gemeinde auf, erklärt den Koran, betreibt Seelsorge, gibt Religionsunterricht und unterweist die Gemeindemitglieder in der arabischen Schrift, die, so Karadeniz, jeder Muslime wenigstens soweit beherrschen sollte, dass er den Koran lesen kann. Der Imam der Hicret Moschee heisst Achmed Kocabas, ist seit Anfang September im Amt und gerade nicht da.
Hier freut man sich über Medien-Besuch
Im dritten Stock befindet sich der Gebetsraum der Frauen. Der ist etwas kleiner als der der Männer und ebenfalls nach Osten ausgerichtet. Die Frauen haben keinen eigenen Imam, statt dessen bekommen sie das Gebet der Männer per Lausprecher übertragen.
Danach steigen wir zurück in den Hof, wo ich noch schnell die appetitlichen Essensauslagen fotografiere. Dabei werde ich neugierig gefragt, warum ich denn so viele Fotos mache – die Mädchen und Frauen an den Essensauslagen freuen sich, dass die Medien sich für das Geschehen in der Moschee interessieren. Einen Vorteil hat das schon mal: Fürs Mittagsessen ist gesorgt.
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Mehr rund um die Meret Oppenheim-Strasse:
Teil I: Die Meret Oppenheim-Strasse verändert sich
Teil II: Die Kurierzentrale der Radkuriere