Liebe Leser
Ich verstehe euch einfach nicht. Das tut mir weh zu schreiben, weil eigentlich würde ich euch gern verstehen. Mehr noch: Ich würde euch gern verstehen helfen – was mich umtreibt, was euch umtreibt, was die Welt umtreibt.
Worte verbinden. Im besten Fall so, dass man sich in anderen Menschen, anderen Ideen und Leben wieder erkennt. Im schlimmsten Fall so wie in dieser Kommentarspalte.
Was ist los mit euch, dass ihr einen Text als gemeinsamen Feind ernennt? Noch dazu einen Text, der höchstens medioker ist? Was ist los mit euch, dass ihr euch nicht über die harte Arbeit freut, der sich Journalisten täglich hingeben, sondern euch die schwächsten Glieder dieser Arbeit aussucht und sie gemeinsam zerstört? Was bringt euch das? Was bringt Verbindung in Hass?
Wisst ihr eigentlich, wie oft man sich als Journalist den Kopf zerbricht, wie man euch – den Leser – zufriedenstellen kann? Es ist nicht so, dass wir einmal pro Woche zusammensitzen und jeder furzt mal etwas in die Luft und alle klatschen und sagen, yeah, mach doch mal einen mediokren Text über den Montagmorgen in einem Easyjet-Flieger! Die Wahrheit sieht anders aus: Man versucht verzweifelt ein Blatt zu füllen, dass von oben als nötig empfunden wurde. Dieses Blatt ist ein Klotz am Fuss, ein Fehler in der Idee. Man muss dieses Blatt gefüllt haben, jede Woche, obwohl man von Grösserem träumt, von langen Reportagen, dicken, lebendigen Geschichten. Die darf man auch machen, aber erst muss dieses Blatt voll werden, schnell. Immer schnellschnellschnell.
Also gibt es Füller. Texte, die weder besonders hochstehend noch kreativ noch sonstwie wahnsinnig relevant sind. Texte, die nicht das Talent des Schreibenden widerspiegeln, sondern halt einfach hermussten.
Genau diese Texte sind es, die dann viele Klicks bekommen, die alle lesen und dann mit den Augen rollen und böse Kommentare verfassen. Die geteilt werden, weil sich alle so aufregen über ihre Irrelevanz. Und dadurch umso relevanter werden.
Denkt ihr, grosse Geldgeber scheren sich um grosse Inhalte? Die scheren sich um Klicks. Und indem ihr solchen Texten so viel Aufmerksamkeit schenkt, bewirkt ihr, dass sie als relevant eingestuft werden, und dass ihr am Ende nur noch solche Texte kriegt. Wollt ihr das? Will ich das?
Ich will das nicht. Ich will dasselbe wie ihr. Aber das kriegen wir nicht durch gehässige Kommentare. Damit kommen wir nirgends hin. Auch nicht, wenn ihr mich öffentlich als Bekloppte hinstellt. Das kostet euch und mich bloss Energie. Energie, die ich lieber für Geschichten aufwende, die mir und euch am Herzen liegen.
Nur setzen unter die Geschichten höchstens die zwei, drei usual suspects einen Kommentar. Als wäre es eine Selbstverständlichkeit, dass man sich für euch, vorwiegend gratis konsumierende Leser, so ins Zeug legt. Ist es das? Ist das eure Logik? Gratis Unterhaltung und die muss dann aber auch bittesehr höchsten Ansprüchen genügen?
Mich macht das traurig. Ich will einfach meinen Job erledigen. Das bedeutet: Aufwendige, liebevolle, starke Geschichten – und der ganze Kram, der sonst noch mit muss. Als Journalist darf man nicht immer wählerisch sein, kein Journalist darf das. Als Journalist schreibt man das, was der Leser lesen will. Und wenn ihr bei solchen Texten zu persönlichen Höchstformen aufläuft, dann signalisiert ihr: Das will ich lesen. Ich finde es einen huere Brunz, aber ich will es lesen.
Entschuldigung, aber: Wie abgefuckt ist das denn?
Um beim Tequila-Duktus zu bleiben.
Schön wars trotzdem mit euch.
Liebe Grüsse
Naomi
Liebe/r MFischer
Da haben Sie natürlich recht, ich hab auch mit den Betreibern darüber geredet. Das Konzept unterscheidet sich dann aber doch wesentlich. In der Breite ist die Werkstatt hauptsächlich auf Holzarbeit ausgelegt.
Ich habe den Text trotzdem entsprechend verändert/ergänzt - jetzt sollte es kein Ärgernis mehr sein.
Herzlich
Naomi
@chröttli
ehrlich gesagt kenne ich das k17 gar nicht - und vom podiumsgespräch wusste ich auch nichts. werd aber gern darüber informiert! : naomi.gregoris@tageswoche.ch
Liebe Alle - danke für die Blumen! Und @Andreas, Sie haben natürlich Recht. Aber mit einem freundlichen Anklopfen beim freundlichen Sekretariat könnten Sie Glück haben @pfefferstreuer. So haben wirs zumindest gemacht.
Liebe Grüsse
Naomi