Volta-Krawalle bis Erdogan-Spitzel: Gerhard Lips‘ Chronik der Skandale

Fast acht Jahre hat Gerhard Lips als Kommandant geamtet. In dieser Zeit ist so einiges an Schlagzeilen zusammengekommen. Sowohl Kader-Entscheidungen wie auch Querschläger innerhalb des Corps sorgten immer wieder für Schlagzeilen. Eine Übersicht.

Gerhard Lips ist nicht mehr Polizei-Kommandant. Aber eine Erinnerung.

(Bild: Nils Fisch)

Im Laufe der knapp acht Jahre, in denen Gerhard Lips als Kommandant amtete, sorgten sowohl Kader-Entscheidungen wie auch Querschläger innerhalb des Corps immer wieder für Schlagzeilen. Eine Übersicht.

Der Polizeikommandant Gerhard Lips gibt sein Amt ab. Überraschend kommt der Entscheid eher nicht. Im Justiz- und Sicherheitsdepartement (JSD) hat es schon seit längerem rumort.

Was in Erinnerung bleiben wird von Lips‘ Amtszeit, sind eine Reihe an negativen Schlagzeilen. Mal ging es um tatsächliche Skandale, mal um vermeintliche. Immer hagelte es Kritik von allen Seiten. Den einen war die Polizeiführung zu nachlässig, den anderen zu repressiv. Nun hat der Zweifel überhand genommen. Nicht zuletzt wegen all der Vorfälle in den vergangenen Monaten. Eine kleine Chronik der grössten Aufreger:

September 2009: Der neue Polizeikommandant aus Zürich

Gerhard Lips wird unter der Leitung vom Departementsvorsteher Hanspeter Gass (FDP) vereidigt. Der Jurist amtete vorher als zweiter Stellvertreter des Kommandanten bei der Stadtpolizei Zürich. Mit der neuen Stelle in Basel tritt der Zürcher kein einfaches Erbe an: Sein Vorgänger Roberto Zalunardo, der etwa nach Einsätzen bei einer Anti-WEF-Demo und der «Schande von Basel» in Erklärungsnot geraten war, war in gegenseitigem Einvernehmen mit Hanspeter Gass zurückgetreten.

Herbst 2011: Volta-Krawallnacht

Nach Ausschreitungen im St. Johann muss das JSD seitens Medien und Polizeibeamtenverband heftige Vorwürfe einstecken. Sie bemängelten bei Hanspeter Gass und Gerhard Lips ein zu lasches Vorgehen bei Auseinandersetzungen mit Linksautonomen.

Juni 2013: Favela-Räumung

Erstmals sorgt ein Entscheid unter der Führung des frisch gewählten JSD-Vorstehers Baschi Dürr für Wirbel: Während der Art Basel räumt die Polizei den Messeplatz, wo Aktivisten bei der Kunstinstallation «Favela» eine unbewilligte Party veranstalten. Die «TagesWoche» filmt die Räumung, worauf es zu einem schriftlichen Schlagabtausch zwischen Gerhard Lips und dem damaligen Redaktionsleiter Dani Winter kommt.



Eine Gruppe von Basler Künstlern liess die Kunst-Favela wuchern und baute daneben eigene improvisierte Bretterverschläge auf.

Eine Gruppe von Basler Künstlern liess die Kunst-Favela wuchern und baute daneben eigene improvisierte Bretterverschläge auf. (Bild: Stefan Bohrer)

Juni 2014 Pappteller-Affäre

Um das Vorgehen der Polizei bei der Favela in Erinnerung zu rufen, vollführt eine Gruppe von Kunststudenten eine Performance mit Papptellern. Die Polizei nimmt die friedlichen Teilnehmer auf dem Messeplatz fest. Der Einsatz hat ein juristisches Nachspiel: Im Februar 2017 kommt das Appellationsgericht zum Schluss, die Polizei habe unverhältnismässig gehandelt. Gerhard Lips, der den Einsatz beobachtete, habe zudem nichts zur Mässigung unternommen. Eine Anklage gegen den Einsatzleiter lehnt das Gericht trotzdem ab.

Unverzüglich abgeführt: Die Polizei nahm jeden ab, der einen weissen Pappteller in der Hand hielt. (Inken Zierenberg)

Unverzüglich abgeführt: Die Polizei nahm jeden mit, der einen weissen Pappteller in der Hand hielt. (Inken Zierenberg) (Bild: Inken Zierenberg)

September 2015: Anti-Conex-Demo

Eine Kundgebung gegen die Armeeübung «Conex 15» eskaliert. Bei Auseinandersetzungen beim Bässlergut werden vier Polizisten verletzt. Der Basler Polizeibeamtenverband kritisiert Gerhard Lips daraufhin scharf und fordert gar dessen Rücktritt. Einer der Vorwürfe: Es seien zu wenig Polizisten im Einsatz gewesen. Während sich Sicherheitsdirektor Baschi Dürr hinter seinen Kommandanten stellt, erstattet SVP-Grossrat Eduard Rutschmann eine Anzeige gegen die beiden. Zu einem Verfahren kommt es aber nie.

Januar 2016: Sauvage in der St.-Johanns-Vorstadt

Ein Polizeiprotokoll bringt Dürr und Lips in die Bredouille: Sie sollen die Hausbesetzung geduldet haben, behauptete die «Basler Zeitung». Ein Strafverfahren wegen Verleumdung gegen die BaZ kommt nicht zustande.

April 2016: Gummigeschosse gegen FCB-Fans

Beim Ligaspiel des FC Basel gegen den FC Zürich kommt es zu heftigen Krawallen vor dem Joggeli. Dabei wird ein junger Fussballfan von einem Gummigeschoss im Gesicht getroffen und verliert ein Augenlicht. Es kommt zu einem Verfahren gegen den Schützen. Der Polizist wird jedoch mit Hinweis auf Notwehr freigesprochen. Zwei Monate nach der Auseinandersetzung ärgern sich Fussballfreunde erneut. «Dort ist alles Feind»: Mit dieser auf die Fankurve gemünzte Aussage provoziert Gerhard Lips in einem Interview mit der «bz Basel».

Juni 2016: Kader-Rundflug

Die Polizei feiert ihren grössten und erfolgreichen Einsatz, den Europa-League-Final zwischen Liverpool und Sevilla. Dabei gönnt sich das Kader ein Nachtessen mit Oldtimer-Rundflug mit der «Tante Ju». Gerhard Lips ist nicht dabei, bewilligt aber den kostspieligen Spass, was ihm Kritik einbringt.

August 2016: Sex-Skandal

Eine angebliche Schändung sorgt für Schlagzeilen: Bei einem Team-Ausflug soll sich ein Polizist an einer berauschten Kollegin vergangen haben. Dem gleichen Beamten wird vorgeworfen, eine Kollegin beim Umkleiden gefilmt zu haben. Nun hat sich das anscheinend doch nicht so abgespielt, wie anfangs vermutet: Das Verfahren gegen den Polizisten wird eingestellt.

September 2016: «Blaulicht von Basel»

Meldungen über das rüpelhafte Benehmen eines Polizisten leistet dem Image der Uniformierten erneut einen Bärendienst. In der «Bar Rouge» soll er sich ausfällig benommen haben. Zudem soll er mehrere Frauen mit Nacktbildern belästigt haben. Derselbe Mann traktierte bereits Jahre zuvor einen in Handschellen Gelegten mit Pfefferspray. Wegen diesem «schweren Verstoss gegen die Polizeiregeln» wird er im Februar 2017 vom Strafgericht verurteilt.

Herbst 2016: Dienstwagen-Affäre

Offiziere der Kantonspolizei verwenden die Autos für private Zwecke. Die Geschichte sorgt für Schlagzeilen in den Medien und für Schnitzelbank-Pointen an der Fasnacht. Der Sicherheitsdirektor hat inzwischen reagiert. In einer Weisung von Baschi Dürr werden die Bedingungen für Privatfahrten verschärft. 18 Polizei-Offiziere reichen dagegen allerdings Rekurs ein.

April 2017: Spitzel-Affäre

Ein Polizist mit türkischer Staatsbürgerschaft kommt an heikle Daten über Erdogan-Kritiker und reicht diese weiter. Obschon die Polizei vom Nachrichtendienst informiert wurde, greifen die Massnahmen gegen den mutmasslichen Spitzel zu spät. Erst nach den Enthüllungen der BaZ wurde eine externe Untersuchung gegen den mittlerweile freigestellten Polizisten eingeleitet. Der verdächtigte Erdogan-Anhänger ist zudem als Velo-Hehler bekannt, wie die «bz Basel» publik machte.

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