Böse Baselbieter, gute Städter? Hier brennt es wirklich zwischen den Halbkantonen

Manche Unstimmigkeit zwischen den beiden Basel ist eingebildet, andere Konflikte sind real. In diesen Bereichen gibt es zwischen Baselland und Basel-Stadt Streitpotenzial.

(Bild: Hans-Joerg Walter)

Manche Unstimmigkeit zwischen den beiden Basel ist eingebildet, andere Konflikte sind real. In diesen Bereichen gibt es zwischen Baselland und Basel-Stadt Streitpotenzial.

Die Ressentiments zwischen Städtern und Ländschäftlern nehmen zu. Das zeigt das Sorgenbarometer, das die TagesWoche und «bz Basel» in einer Umfrage erfassten. «Der Kanton Baselland profitiert übermässig von der Stadt Basel» – dieser Satz hatte die zweithöchste Zustimmung neben der Aussage, die hohen Krankenkassenprämien seien ein Problem.

Das mag mit diffusen Gefühlen zu tun haben, wie schon unsere Glosse «Grabenkampf um 30 Rappen» gezeigt hat. Doch konkret lassen sich etwa folgende Beispiele anführen: Städter sind beleidigt, weil Baselland 2015 die Fusion ablehnte. Während Baselbieter ihre Unabhängigkeit mit Höhenfeuern zelebrieren, motzen Städter über einen Uni-Standort in der Liestaler Provinz.

Und schliesslich ist da die Finanzlage. Baselland darbt und spart, Basel-Stadt blüht und gibt aus. Der 80-Millionen-Deal weckt wohl bei manchen Städtern paternalistische Gefühle gegenüber dem Problemkanton Baselland. Ganz nach dem Motto: Ihr kriegt euren Kanton ja selbst nicht auf die Reihe, also müssen wir mit etwas Entwicklungsgelder nachhelfen.

Doch nicht alles lässt sich auf Gefühle zurückführen. Zwischen Baselland und Basel-Stadt gibt es sehr reales Konfliktpotenzial:

  • Spitäler: Fast die Hälfte der Baselbieter Patienten gehen in der Stadt ins Spital. In Basel-Stadt liegt die Hospitalisierungsrate und Anzahl praktizierender Ärzte derweil am höchsten in der Schweiz. Eine Koordination bei den Spitälern drängt sich nur schon deshalb auf. Nun haben die Gesundheitsdirektoren Lukas Engelberger (BS) und Thomas Weber (BL) ihre Pläne für eine gemeinsame Spitalgruppe vorgestellt. Pikantes Detail: Baselland und Basel-Stadt sollen gleich viel Mitsprache im neuen Konstrukt erhalten, obwohl die Stadt mehr Eigenkapital einschiesst (rund 70 Prozent). Für die städtische LDP ist das eine unverständliche Bevorzugung des «Minderheitspartners». Die SVP Baselland provoziert derweil mit der Aussage, Baselland komme mit der 50:50-Stimmenteilung der Stadt entgegen.
  • Universität: An der Universität Basel steigt die Zahl der Studenten aus Baselland. Aktuell sind es 20 Prozent aller Studierenden. Die Universität wird derweil von den beiden Halbkantonen paritätisch getragen. Sprich: Beide Partner zahlen ungefähr gleich viel. 2015 wollte die Baselbieter Regierung den Beitrag an die Uni kürzen, was wohl zu einer Kündigung der gemeinsamen Trägerschaft geführt hätte. Um das zu verhindern, einigten sich die beiden Regierungen auf einen Kompromiss: den 80-Millionen-Deal. Der Uni-Vertrag läuft deshalb bis Ende 2019 weiter. Die beiden Regierungen verhandeln hinter den Kulissen, wie eine neue gemeinsame Trägerschaft aussehen könnte. Der Baselbieter Spardruck ist nach wie vor gross.
  • Kultur: 1997 handelten die Kulturchefs der beiden Halbkantone den Kulturvertrag aus, der die Beiträge von Baselland die städtische Kultur und das Theater regelt. Die Subventionen ans Theater Basel waren in der Folge häufig ein Zankapfel zwischen Stadt und Land. 2011 lehnte die Baselbieter Stimmbevölkerung zusätzliche Subventionen ans Theater ab. 2015 gab die Regierung in Liestal bekannt, den Kulturbeitrag um die Hälfte zu kürzen. Das hätte wohl eine Kündigung des Kulturvertrags bedeutet. Die Halbkantone einigten sich anschliessend mit dem 80-Millionen-Deal, den Kulturvertrag bis Ende 2019 weiterzuführen. Die Verhandlungen darüber, welchen Beitrag Baselland an die städtische Kultur leisten soll, laufen derzeit. Sollten sich die Halbkantone auf einen Zentrumslasten-Ausgleich einigen, müsste Baselland wohl mehr zahlen als bisher.
  • Bildung: Hier driften die Halbkantone auseinander, insbesondere weil Baselland auf die Einführung von Sammelfächern verzichtet. In Basel-Stadt ist der Lehrplan 21 mit Sammelfächern bereits in Kraft. Die gemeinsamen Stundentafeln, die Stadt und Land vereinbart haben, müssen deswegen nochmals revidiert werden. Auch die gemeinsame Ausbildung von Lehrkräften an der FHNW ist durch den Baselbieter Alleingang bei den Sammelfächern in Frage gestellt.

Während Hunderte von Einzelvereinbarungen der beiden Halbkantone weiterlaufen – zum Beispiel der freie Eintritt für Baselbieter Schulklassen im Zoo Basel –, sind insbesondere der Kultur- und Univertrag gefährdet. Beide Verträge laufen laut 80-Millionen-Deal bis Ende 2019 weiter. Was ab dann geschieht, ist offen.

Die Spitalplanung könnte bereits vorher verworfen werden. Dann nämlich, wenn sich die Kantonsparlamente gegen die Pläne aussprechen oder die Initiative «Ja zum Bruderholzspital» im kommenden Jahr angenommen wird. Tragende Pfeiler der bikantonalen Partnerschaft stehen also weiterhin auf der Kippe.

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Lesen Sie auch den ersten Teil unserer kleinen Serie Land vs. Stadt: Die Glosse «Grabenkampf um 30 Rappen»

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