Was Amir, lieber Urs Widmer, mit Ihrem wunderbaren Buch "Im Kongo" erlebt hat, schreibt er im Gedenken an Sie so, als ob Sie selber ihm die schreibende Hand geführt hätten.
Mit einigen Träne in den Augen und gleichzeitig einem Augenblick voller Leseglück danke ich Euch beiden für Eure wunderbaren Erzählungen.
Natürlich soll der Preis verglichen werden. Zur Wahl stehen dabei nicht nur die Beispiele von Jans.
Ich habe kürzlich in einem so genannten Markenladen in Berlin zwei Hemden gekauft.
Am eingenähten Stoff-Preisschild waren die Kaufpreise in Euro, in SFr. , in US-Dollar und in Pfund angegeben.
Eines der Hemden kostete mich 46,99 €. Der entsprechende Preis für die Schweiz wird auf dem genannten eingenähten Preisschild mit mit 69,90 SFr. vorgeschrieben.
Man rechne: Der Kurs dieser - markenfirmeninternen - Wechselgeschichte beträgt 1 € : 1.4855 Sfr.
Real schwankt der Kurs Euro zu Schweizer Franken zur Zeit zwischen etwa 1:1,23 und 1: 1,26.
Es ist wohl anzunehmen, dass die schweizerische Geschäftsführung des Markennamens, welche in ganz Europa eigene Läden und auch Outlets betreibt, ihre schweizerischen Interessen im Schweizerischen Gewerbeverband einbringt respektive von diesem vertreten lässt.
Ein zweites Beispiel, eben im Internet recherchiert:
Eine bekannte global tätige Möbelfirma mit skandinavischem "Stil"-Bewusstsein verkauft einen dreitürigen Kleiderschrank namens "Hemnes".
Schaue ich auf die deutsche Webside dieser Firma, kostet dieser Schrank 349,00 €. Schaue ich auf die französische Webside der Firma, kostet der genau gleiche Schrank interessanterweise 379.00 €. Schaue ich auf die schweizerische Webside dieser Firma, kostet der Schrank 499.00 Schweizer Franken.
Verglichen mit dem deutschen Angebot rechnet das schweizerische Angebot mit einem Wechselkurs Euro-SFR. von 1.1,4298. Verglichen mit französischen Angebot rechnet das schweizerische mit einem Wechselkurs von 1: 1,3166.
Immer wieder stelle ich fest, dass in Deutschland die Konsumenteninformationen und -dienste um einiges besser organisiert sind als in der Schweiz - und durchaus auch gesetzliche Rahmenverpflichtungen einzuhalten haben. Kartelle werden hier regelmüssig zerschlagen und Kartellbrüder mit saftigen Strafzahlungen zur Räson gebracht. Übrigens durchaus mit Unterstützung der deutschen Marken- und KMU-Wirtschaft - wenigstens meistens.
Lieber Herr Fischer
Die Crux mit dem, was Sie und viele andere Schweizerinnen und Schweizer annehmen, bezogen auf wissenschaftliche Zusammenarbeit auf EU-Ebene (auch, was kulturelle Zusammenarbeit in Zukunft betreffen würde), besteht darin, dass Sie offensichtlich nicht sehr viel darüber wissen.
EU-geförderte Kooperation besteht nicht nur darin, dass Geld herumgeschoben oder, wenn Sie so wollen, aus der Schweiz "abgezogen" wird.
Es kommt zuerst einmal auf die Projekte an.
Als zweites Kriterum für EU-Forschungsförderung gilt der Grad der Offenheit und Bewegungsfreiheit in personeller Hinsicht - was die schweizerischen Forschungseinrichtungen wegen der bevorstehenden Kündigung des Personenfreizügigkeitsabkommens direkt betrifft. Und zwar deshalb, weil die Schweiz in Zukunft den freien Aufenthalt ausländischer (sprich: europäischer) Forscher in der Schweiz nicht mehr gewährleisten kann (siehe diesbezüglich den Text der angenommenen SVP-Initiative mit ihrem "Schweizer zuerst"-und ihrem Einbezug der Grenzgänger in die "Kontingente die zudem jährlich neu erstellt werden müssen).
Dann kommt es innerhalb der EU-Forschungsförderung auch darauf an, welche Eigenleistungen die Forschungstandortstaaten der EU sowohl in Bezug auf gemeinschaftlich organisierte Projekte als auch in Bezug auf deren Anwendung in der Wirtschaft (mitsamt allfälligen Patentfragen) zu leisten im Stande sind. Und so weiter.
Das heisst: Wer nicht dabei ist, ist eben nicht dabei. Und das hat in der globalen Forschung-und Forschungsanwendungskultur (jaja) eine ziemlich große Bedeutung. Denn wer forscht schon freiwillig an einem Ort, der für den Aufenthalt des Forschers eine Bürokratie veranstaltet, welche dessen Bewegungsfreiheit und dessen Austauschmöglichkeiten aus "Souveränitätsgründen" (SVP-Ideologie) drastisch einschränkt, je nach "Bedürfnissen" der sogenannten "Einheimischen".
Es ist wahrscheinlicher, dass Schweizerinnen und Schweizer, welche forschungstauglich sind, sich andernorts in die global tätige Forschergemeisnchaft einbringen als in ihrem eigenen Land. Denn dieses Land versteht ihre Tätigkeit nachweislich der Abstimmung vom 9.2.2014, ausgedrückt durch 50.3 % der Stimmenden, nicht.
Herr Fischer: EU Geld fliesst auch (noch) in die Schweiz, dieses Jahr, und zwar ziemlich reichlich und vor allem: Projektbezogen.Das Verhältnis von Geldeinfuhr und Geldausfuhr ist nachweislich der Statistiken durchaus ausgewogen, und zwar, wenn ich mich nicht irre, mit einem gewissen Überschuss von EU-Mitteln.
Aber dann ist für die Schweiz vorerst éinmal Ende Fahnenstange.
"Was Mörgeli freuen wird, denn dann werden seine grundlegenden Forschungen für die Zukunft der Schweiz vielleicht ja wieder hochschultauglich...Grins)
Aber Sie werden es mit Sicherheit erfahren:
Geld ist da halt in der Forschung nicht der einzige Maßstab. Zudem:Geld wandert sehr viel leichter als dass ein Kontingent bestimmt wird.
Der Artikel von Georg Kreis gibt einen Denkanstoss in Richtung der Wahrnehmung von Realitäten.
Zugleich eröffnet er die Möglichkeit, differenzierter auf die aktuelle Politik- und Mediennervosität zu reagieren, als es das aktuelle Nachrichtenwesen momentan scheinbar zulässt.
Kreis schreibt als Schlussfolgerung seiner Darstellung ukrainischer Verhältnisse:
"Wenn sich diese nationale Stimmung mit demokratischen Bestrebungen verbindet, könnte das entstehen, was wir Willensnation nennen, eine Gesellschaft, die ihre Identität weniger über Altlasten definiert als mit einem Zukunftsprojekt. Das aber braucht Zeit."
Man muss in diesem Zusammenhang allerdings untersuchen, wer denn Druck erzeugt, wer schnelle Ergebnisse will, wer also eine Kriegsrhetorik anstimmt und damit den Faktor Zeit für Entwicklungen massiv verkürzt.
Auf der einen Seite ist das ohne Zweifel Russland, genauer: Putin und seine Mannschaft (Lawrov usw.). Auf der anderen Seite aber ist nicht zu übersehen, dass die US-Administration(Obama, Kerry usw.) ebenfalls eine Droh- und Druckkulisse aufbaut - vor allem durch eine PR-Lawine gegen russische Ansprüche im Kontext der Ukraine.
Dazwischen rennen, könnte man sagen, die EU-Staatsleute von Sitzung zu Sitzung und versuchen, Zeit für mindestens mittelfristig angelegte Politiktätigkeit in der Ukraine zu gewinnen.
Unter Berücksichtigung dieser Wahrnehmungsmöglichkeit scheint mir die Darstellung der Ukraine als Ort der west-östlichen Bruchlinientektonik etwas zu einfach geraten zu sein.
Innerukrainisch verläuft sie wohl zu einem grossen Teil so, wie Kreis sie darstellt.
Nur:
Die Repräsentanten der "Westorientierung" der Ukraine sind selber, von Klitschko vielleicht abgesehen, genau so korrupt, so führungsanmassend, so undemokratisch wie beispielsweise der gestürzte Präsident Janukowitsch. Die so genannt nationalistischen Kreise, die sich auf dem Maidan bis zum Schluss durchaus gewaltbereit und gewaltausübend aufgeführt haben, denken überhaupt nicht in "westlichen", also menschenrechtlichen, individuellen, liberalen Kategorien, wenn sie an die Gesellschaft und deren Organisation denken. Dass sie antisemitische Parolen verkünden, ist nun einfach eine Tatsache. Man kann natürlich die Warnungen des ukrainischen Oberrabiners vor deren politischen Antisemitismus als Übertreibung abtun. Nur: Dieser Oberrabiner lebt vor Ort und kennt die Situation und die Repräsentanz dieser Nationalisten, was auf all die kurz mal nach Kiew gereisten "Aktualitäts-Berichterstattern" nicht zutrifft.
Zudem, nur nebenbei bemerkt, kennt die "westlich orientierte"Ukraine sehr wohl eine Geschichte der Verwicklung mit dem europäischen Judenmord der Nazis. Dass diese "Nationalisten" mit "Demokratie" im westlichen Stil nichts am Hut haben, ist offenkundig.
Nun sind sie Teil der westlich orientierten ukrainischen Übergangsregierung. Diesen Umstand zu übergehen oder kleinzureden ist dann, wenn man gleichzeitig feststellt, dass die Ukraine Zeit für eine neue Rollenfindung auf der Ost-West-Bruchlinie brauche, ein wenig leichtsinnig.
Eine zweite Personalie sollte man meiner Ansicht nach auch nicht bloss unter dem Aspekt Ost-West studieren, sondern ihr faktisches Verhalten in der ukrainischen Politik seit fast 20 Jahren studieren:
Frau Timoschenko.
Was hat sie als Ministerin und als Ministerpräsidentin hinterlassen ? Es ist feststellbar, dass es ihr immer vor allem um ihre eigene Machtausübung gegangen ist. Inhalte spielten kaum oder gar keine Rolle (ihr Übername in der Ukraine lautet nicht ohne Grund: Gasprinzessin).
Soll diese Frau eine Garantin für den Gewinn an Zeit für eine Entwicklung der Ukraine zu einer "Willensnation" sein ?
Natürlich kann ich diese Frage nicht beantworten.
Die Frage allerdings weist auf ein grosses Problem hin:
Rechtsstaatsbewusstein und Demokratiebewusstsein sind in der politischen "Elite" der Ukraine kaum pesonifiziert. Die Ost-West-Differenzierung von Georg Kreis spielt bei diesem Personenkreis wahrnehmbar kaum eine Rolle, vielleicht, wie bereits erwähnt, von Klitscko und seinem Kreis abgesehen.
Die Spannung zwischen Putin und Obama, um eine Verkürzung zu benutzen, hat mit der Situation in der Ukraine meiner Ansicht nach zwar zu tun, ist aber dafür nicht ursächlich. Vielmehr scheint gerade von Seiten der USA diese Situation für ihre Macht- und Interessendurchsetzungen global, vor allem aber im Nahen und Mittleren Osten instrumentalisiert zu werden.
Stichwörter: Syrien, Ägypten, Iran, Afghanistan/Pakistan usw.
Bei Betrachtung dieser von den USA als "westlich" erklärten Interessenpolitik sollte man weitere Stichwörter nicht vergessen: Irak, Saudi-Arabien/Katar, Israel/Palästina usw.
Wie will man ohne Berücksichtigung der realen Machtverhältnisse in den genannten Krisensituationen zu Lösungen kommen, welche Kriege, Bürgerkriege, Armut und auch ideologischen Dogmatismus samt dessen terroristischen Auswirkungen auch nur eindämmen, wenn man den dazu in allen Fällen dringend notwendigen "Partner" oder, wenn dieser Begriff lieber ins Spiel gebracht wird, "Gegenspieler" mit gross inszenierten PR-Politshows quasi ausser das Mediengefecht setzt ?
Die Tektonik einer Bruchlinie hat es in sich, dass sie nicht per ordre de Mufti - in diesem Fall weder durch jene aus Moskau noch jene aus Washington - mit Hilfe lauter Propaganda beherrscht werden kann. Die Tektonik ist kein PR- Medienereignis, sondern von oft unberechenbarer "Natur".
Zugegeben: Es ist sehr schwierig, die Vorgänge in der Ukraine zu beschreiben. Wer vertritt was ? Wer ist mit wem "verbündet", wer greift zu Gewaltakten, wer hat eine gewisse Legitimität auf seiner Seite, wer nicht ?
Inzwischen werden Nachrichten en masse fabriziert, und dabei fällt einem durchaus auf, dass jede dieser Nachrichten von massiver Übertreibung gefüllt ist.
Ein typisches Beispiel dafür ist die Fotografie, welche die Anmoderation des - meiner Ansicht nach "erholsamen", weil differenzierenden - Artikels illustriert:
Wie kommt es, dass ein paar angeblich die ukrainische Nationalhymne singende "Demonstranten" in Athen fotografiert und von "Reuters" als Ausdruck von "Protest gegen Russland" auf eine virtuelle Weltreise geschickt werden ? Ist dies ein Bericht über den Zustand in der Ukraine ?
Wie kommt es, dass die gleiche Agentur Bilder aus Donetsk verbreitet, deren Untertitelung mit "gestürmt" eine illegale Handlung durch eine zerbrochene Glasscheibe hindurch stipuliert ?
Vor zwei Wochen war es "der Maiden", welcher "gestürmt" hatte, aber der "Maiden" war für die Nachrichtenagenturen aus den USA und aus Großbritannien eine "Volkserhebung". Wenn Menschen mit russischer Sprache, mit russischer Vergangenheit usw. gegen die Abschaffung ihrer Minderheitenrechte nach dem Machtwechsel in Kiew demonstrieren, und zwar mit exakt denselben Mitteln, mit welchen "der Maiden" sich während Wochen inszeniert hat, ist das sofort eine "russische Provokation". Was war dann der Maiden ? War das eine amerikanische Provokation ? Oder eine EU-Provokation ? Oder eine nationalistisch-faschistische Provokation ?
Ein anderes Beispiel:
Die ARD-Radiosender haben Journalisten auf die Krim geschickt, welche nun fleissig Berichte in die Sender telefonieren. Heute Morgen habe ich auf dem Inforadio von RBB einen Berichterstatter gehört, welcher zwar in einem einleitenden Satz erklärt hat, dass über 60 % der Bevölkerung auf der Krim russisch seien ( genauer, meine Anmerkung: das Russische als Muttersprache benutzen) und sich nicht gegen die Anwesneheit russischer Truppen aussprechen würden, dass aber etwa 10 % der Krimbevölkerung so genannte Krimtataren seien, welche auf keinen Fall unter russischen Verwaltungen leben möchten - obwohl sie das, genau das seit vielen Jahren, nämlich seit ihrer Rückkehr aus Kasachstan, wohin sie in der Folge des 2. Weltkrieges von Stalin zwangsumgesiedelt wurden, ohne weiteres in Kauf genommen haben. Der ARD-Reporter sprach dann ausführlich davon, dass die Minderheitenrechte der Krimtataren durch die Russen bedroht werden. Dafür gibt es zwar aber keinerlei Anzeichen, wie er selber auf Nachfrage der Sendeleiterin erklären musste.
Gleichzeitig aber läuft, nachdem der "Maidan" die Macht in der Ukraine übernommen hat - und zwar keineswegs "legal", also durch Wahlen - die Anschaffung von Minderheitenrechten für die russische Bevölkerung der Ukraine als "Staatsakt" ab, und kaum einer dieser Korrespondenten "vor Ort" findet es nötig, darauf hinzuweisen, dass etwa zwischen 18 und 22 % der Bevölkerung der Ukraine (Bürgerinnen und Bürger des Landes) Russen sind. Keiner gibt zu bedenken, dass die Abschaffung dieser Minderheitenrechte durch den an die Macht gelangte "Maidan" eine aktive Verletzung von Völker- und Menschenrechten darstellt.
Ich beschreibe dieses Detail so ausführlich, weil es beispielhaft dafür ist, wie schabloniert diese Krise nachrichtenmässig in unseren Breitengraden dargestellt wird. Wie schabloniert und damit wie ungenau, wie oberflächlich, wie falsch.
Da ist der Fall Timoschenko. Ihre Partei hat die Parlamentswahlen 2012, vor anderthalb Jahren, klar verloren. Durch den "Maiden" wurde das Wahlergebnis "korrigiert". Das mag machttechnisch akzeptabel erscheinen - auch für Nachbarstaaten -, aber "legal" ist das nicht. Und eine "Legitimität", dann erst noch eine, welche Krieg gegen Russland oder Gewaltanwendung gegen die russische Minderheit irgendwie legitimieren würde, ist das alles schon gar nicht.
Oder man betrachte einmal den Begriff "Oligarchen". Als ob nur der gestürzte Präsident Janukowitsch mit Oligarchen verbandelt wäre! Als ob Frau Timoschenko nicht genau so wie eben dieser Janukowitsch sich in ihren mehreren Amtszeiten als Ministerin oder Ministerpräsidentin nicht unmässig bereichert hätte!
Auf der Grundlage solcher Sprach- und Begriffsverwirrung wird nun der Vorabend eines Krieges, angezettelt durch Putin, und selbstredend nur durch ihn, beschworen. Wortführer in dieser ganzen Vorkriegsinszenierung ist mehr und mehr die US-Administration. Es sind die altbekannten Weltmachtallüren, welche da mit einer Einseitigkeit ohnegleichen Fakten zu schaffen versuchen. Und die Nachrichtenagenturen der westliche Hemisphäre leisten wieder einmal ihren Dienst an diesen Allüren. Notfalls mit einem Bild von einer "Demonstration" von gezählten fünf Personen (vielleicht ist eine sechste noch unter dem Regenschirm hinten links im Bild versteckt), welche angeblich vor der russischen Botschaft in Athen stehen und protestierend die ukrainische Nationalhymne singen.
Hauptsache: Man ist dabei, wenn Stimmung gemacht wird. Schliesslich darf die "freie Presse" alles. Auch zum Zweck, Rendite zu schaffen.
Liebe Maya Eldorado
Das System des globalisierten Kapitalismus erzeugt sowohl gegenüber den Menschen allgemein als auch gegenüber dem individuellen Leben sehr vieler Menschen schreiende Ungerechtigkeiten.
Sie haben in Ihrem Kommentar auf die Not von Millionen Menschen verwiesen, welche keineswegs freiwillig für "marode Zeitabreitsplätze" emigrieren müssen.
Die Personenfreizügigkeit innerhalb der EU sei in erster Linie dafür da, Menschen dorthin zu bringen, wo sie "dem Kapital und der leidigen Marktwirtschaft am besten Judinen können".
Ich denke, Ihre Beschreibung stimmt im allgemeinen. Wobei ich beifüge, dass dies nur ein Aspekt des globalisierten Kapitalmarktes, bezogen auf Arbeitsplätze, ist. Zwei andere sollten nicht unerwähnt bleiben:
-Die Drohung, Arbeitsplätze abzuschaffen, in ein anderes Land, einen anderen Kontinent zu verschieben, wenn vor Ort sozialstaatliches Recht zu Gunsten von Arbeitnehmern konstituiert wird und
-die Tatsache, dass der global und privatwirtschaftlich organisierte Ressourcendiebstahl sowohl Unterentwicklung als auch Hunger und Tod, Bürgerkriege, Terrorismus aus blanker Not ohne Schulterzucken akzeptiert wird.
Von allen "großen" und mehr oder weniger zentralistisch operierenden Bürokratien, welche diesbezüglich die Machtausübung des Kapitalismus garantieren, also USA, Kanada, China, teilweise inzwischen Indien und Brasilien, Japan, Russland, die EU, in Sonderheit Deutschland, Großbritannien und Frankreich, ist die EU aber jene, welche meiner Ansicht nach mindestens einen internen und teilweise sehr kritischen Diskussionsprozess darüber kennt. Es existiert die Brüsseler Bürokratie. Es existiert aber auch das EU-Parlament.
Es existiert der eindeutige rechtliche Bezug auf Menschenrechte und es existiert auf der Ebene der einzelnen Menschen das Recht auf sozialstaatlich organisierten Ausgleich - etwa in der Personenfreizügigkeit.
Zwischen Theorie und Praxis allerdings besteht eine riesige Kluft.
Anderseits: Für viele junge Griechen, Spanier, Portugiesen, auch Bulgaren, Rumänen ist die EU-Personenfreizügigkeit individuell verstanden eine Chance, ihrem Leben, welches vor Ort in den Dreck der Korruption, des Rechtsverfalls, der ungezügelten Banken- und Versicherungsspekulation mit Volksvermögen geraten sind, doch noch einen Hoffnungsschimmer abzugewinnen.
Ich lebe mit jemandem zusammen, der vor 2 Jahren in Spanien in der Folge der "Krise" trotz gutem Bildungsabschuss keinerlei Möglichkeit mehr gefunden hatte, ein sinnvolles Leben zu führen. Nun lebt er in Berlin und arbeitet in der so genannten Dienstleistungsbranche.
Speziell an seinem Status ist, dass die Firma, in der er angestellt ist, von polnischen Migranten gegründet wurde, die vor einigen Jahren selber in völlig unterbezahlter Arbeit im Reinigungssektor zu überleben versucht haben. Nun haben sie sich organisiert und ihre Firma reinigt Büros, Hotels, Ferienwohnungen, Privathaushalte. Die Löhne ihrer Angestellten sind dabei keineswegs branchenüblich, sondern mit 8.50 € die Stunde viel höher und entsprechen jetzt bereits (seit über 2 Jahren nebenbei bemerkt) den Forderungen der Regierungspartei SPD für den gesetzlichen Mindestlohn.
Möglich wurde diese Firmengründung in Berlin durch die EU-Personenfreizügigkeit. Und sie ist kein Einzelfall, wenigstens nicht in dieser Stadt.
Mein Mitbewohner ist nicht "glücklich", leidet unter dem Berliner Winter, vermisst in dieser nördlichen Stadt das südliche Flair...Aber er ist froh, seinem Leben einen Alltagssinn zu Grunde legen zu können, nebenbei an der Volkshochschule, vom Stadtstaat Berlin gefördert, unentgeltlich Deutsch und Englisch lernen zu können usw.
Damit will ich sagen:
Die Personenfreizügigkeit hat sowohl rechtsstaatliche - und damit von Machtkalkülen abhängige - Aspekte als auch individuelle, und damit aktuell schicksalsbestimmende. Ich denke, man sollte über dem Begriff und der allgemeinen Kritik an der EU-Bürokraite die Alltagsrealitäten, welche sich hinter dem Begriff verbergen, nicht übersehen.
Und:
Ich finde es schon etwas sehr an den Haaren herbeigezogen, allen jenen, welche am 9.2. die 50,3 % Jastimmen gebildet haben, Kapitalismuskritik so, wie Sie sie hier immer wieder unternehmen, gutzuschreiben.
Die SVP und ihre Anhängerschaft zeichnen sich gerade dadurch aus, dem egoistischen Prinzip der Macht, welche ausschliesslich auf Geldbesitz beruht, den Vorrang vor allen anderen sozialen Machtgestaltungsprinzipien zu geben. Wer zahlt, befiehlt. Das hat mit Gerechtigkeit im Sinne Ihrer Gedanken wenig bis nichts zu tun.
Weder in Brüssel noch an der Zürcher Bahnhofstrasse, weder beim IWF noch bei Glencore oder in Herrliberger Villenanwesen spielen Sozialrechte irgend eine Rolle - ausser die Kritik an ihren Machenschaften organisiert sich - im Kleinen wie im Großen. Aber eben vor allem und zuerst einmal im Kleinen.
Solcherlei Rhetorik habe ich vor allem von schweizerischen SVP-Apologeten (Namen habe ich bereits genannt) vernommen.
Cohn-Bendit ist weder Europa noch die EU, und zu sagen er auch nicht viel und bald mangels Mandat politisch im EU-Parlament gar nichts mehr. Da ich mangels Quellenangabe durch Sie nicht weiss, ob er das so gesagt hat, wie Sie es zitieren, erübrigt sich für mich eine Diskussion darüber.
Aufgefallen ist mir in Deutschland ganz im Gegenteil zu Ihrer meiner Ansicht nach unredlichen Verallgemeinerung eine sehr höfliche, differenzierende und auch um Erklärungen des politischen Systems der Schweiz bemühte politische und journalistische Besprechung des 50,3 % - 49,7 % Abstimmungsergebnisses.
Das gehört zwar nicht in diesen Strang.
Und. Ich diskutiere nicht gerne mit hybriden Größen ohne individuelle Biografie. Was ich fernerhin auch ganz unterlassen werde.
Zur Sache:
"Revision" beruht allerdings auf Gegenseitigkeit, das heisst: Die EU (und die inzwischen 28 EU-Mitgliedsstaaten) sind die eine Seite und die Schweiz ist die andere. Eine Neufassung eines der 7 Verträge der Bilateralen I verlangt nach EU-Recht die Ratifizierung durch die EU-Gremien, das EU-Parlament und die 28 staatlich dafür vorgesehenen Institutionen (Parlamente).Und genau diese Kenntnisse hat der schweizerische Bundesrat vis-à-vis des durchsichtigen Motionsmanövers von Rhime angewandt, um den "Erfolg" solcher Revisionsbegehren einzuschätzen. Ihre fortgesetzte Behaupterei in diesen komplexen Dingen hat mit der politischen und rechtsstaatlichen Realität nichts zu tun.
Ansonsten hier die Direktzitate, aus ihrer Quelle):
Art. 16 Bezugnahme auf das Gemeinschaftsrecht
(1) Zur Erreichung der Ziele dieses Abkommens treffen die Vertragsparteien alle erforderlichen Massnahmen, damit in ihren Beziehungen gleichwertige Rechte und Pflichten wie in den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft, auf die Bezug genommen wird, Anwendung finden.
(2) Soweit für die Anwendung dieses Abkommens Begriffe des Gemeinschaftsrechts herangezogen werden, wird hierfür die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung berücksichtigt. Über die Rechtsprechung nach dem Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens wird die Schweiz unterrichtet. Um das ordnungsgemässe Funktionieren dieses Abkommens sicherzustellen, stellt der Gemischte Ausschuss auf Antrag einer Vertragspartei die Auswirkungen dieser Rechtsprechung fest.
Art. 17 Entwicklung des Rechts
(1) Sobald eine Vertragspartei das Verfahren zur Annahme eines Entwurfs zur Änderung ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften einleitet oder eine Änderung in der Rechtsprechung der Instanzen, deren Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, in einem unter dieses Abkommen fallenden Bereich eintritt, unterrichtet die betroffene Vertragspartei die andere Vertragspartei im Rahmen des Gemischten Ausschusses hiervon.
(2) Der Gemischte Ausschuss führt einen Meinungsaustausch über die Auswirkungen der Änderung auf das ordnungsgemässe Funktionieren dieses Abkommens.
Art. 18 Revision
Wünscht eine Vertragspartei eine Revision dieses Abkommens, so unterbreitet sie dem Gemischten Ausschuss hierzu einen Vorschlag. Die Änderung dieses Abkommens tritt nach Abschluss der jeweiligen internen Verfahren in Kraft; hiervon ausgenommen sind Änderungen der Anhänge II und III, die vom Gemischten Ausschuss beschlossen werden und sofort nach dessen Beschluss in Kraft treten können.
Lieber Herr Tanner
Was Sie über Rechercheprojekte aus "linkem" Verständnis heraus schreiben, sehe ich auch als Chance, journalistisch wahrgenommen zu werden.
Wobei mir die Pauschalisierung in "Rechts" oder "Links", gleich noch mit dem Artikeln "die" versehen, als viel zu bieder erscheint. Es ist - in der Deutschschweiz - das Ergebnis von Blochers Propagandasprache, ständig "die Linke" oder "die Linken" vorzuführen. Das ist genau so daneben, wie alles, was irgendwie etwas mit den USA zu tun hat, ständig als "imperialistisch" zu bezeichnen.
Es geht um aktuelle oder auch projektierte Schwerpunkte in gesellschaftlichen, politischen, kulturellen und rechtsstaatlichen Phänomenen, die in der Politik eine Rolle spielen:
Ihr Beispiel über 2 Arbeitsinpektoren für 16'000 Betriebe in Basel spricht für sich: Da setzt die Politik schlicht keinen Schwerpunkt.
Immerhin kann ich mich daran erinnern, dass die TaWo im Zusammenhang mit dem Messeneubau ordentlich recherchiert hat. Was heute diesbezüglich fehlt: Die Fortsetzung. Das heisst: Der Skandal, der damals zu Tage trat und den die TaWo mit an die Öffentlichkeit transportiert hat, ist verblasst. Geschehen, um den Zustand im Bauvergabewesen endlich auf dem in Gesetzen vorgegebenen Niveau zu stabilisieren, ist meinem Informationsstand nach NICHTS. Dass Gesetzeseinhaltung in diesem Bereich der Wirtschaft nur mit staatlicher Kontrolle erreicht werden kann, weiss man natürlich auch in der Politik. Deshalb ist es notwendig, dass die Redaktion eines journalistisch tätigen Mediums mit dem Anspruch, den die TaWo für sich vorsieht, die Angelegenheit weiter verfolgt und immer wieder darüber berichtet.
Etwas anderes ist es, wenn die Redaktion einer Zeitung sich mehr und mehr darauf beschränkt, gewissen Vorgaben des Zeitungsbesitzers nachzukommen, welche ohne Verfälschung von Fakten nicht umgesetzt werden können.
Anders gesagt:
Wenn Somm am 10. Februar 2014 einen Chefkommentar über den Ausgang der Abstimmung vom 9.Februar 2014 schreibt, in dem es von peinlichem Nachplappern und von schlichten Geschichtsfäslchungen nur so wimmelt, ist das allenfalls eine Bestätigung dafür, dass es sich bei bei der journalistischen Tätigkeit dieses Herrn und wohl auch vor allem im lokalen Teil der heutigen BaZ um reinen Kampagnenjournalismus handelt - oder um PR-Journalismus, um ein etwas freundlicheres Wort darüber einzubringen. Das muss man zwar im Interesse transparenter politischer Diskussion registrieren und kritisieren, inhaltlich aber genau so wenig ernst nehmen wie all die Siegespetarden, welche hier etwa von einem "Schaub" abgeschossen werden. Es sind meiner Ansicht nach billige Effekthaschereien, mehr nicht.
Die angebliche BaZ-Recherche über ein "Reisli" von Kadermitgliedern des Basler Baudepartements nach Stockholm aber ist offensichtlich in weiten Teilen schlicht Lüge. Da wurde nicht recherchiert, sondern - im besten anzunehmenden Fall für die BaZ-Redaktion - bloss kolportiert. Im Gegensatz zu mangelnder Recherche, die ich hier - provisorisch und vorerst einmal unbegründet - als "passives" Verhalten bezeichnen würde, ist die Verbreitung und das Beharren von Unwahrheiten, die sich als solche unzweifelhaft zu erkennen gegeben haben, eine AKTIVE Tätigkeit.
Wer aktiv lügt, um jemandem zu schaden - beispielsweise einem politischen oder meinetwegen ideologischen "Gegner" des Zeitungsbesitzers -, lügt eben. Nicht mehr. Nicht weniger.
Die konkrete Lüge macht aus Sicht der BaZ-Redaktion insofern Sinn, als sie damit Stimmung gegen eine Regierung oder einen Regierungsrat machen kann, die ihrem Besitzer und seinen Redaktoren nicht passt. Und zwar auch im Sinn, dass ja "immer etwas hängen bleibt", dass "morgen niemand mehr weiss, was wirklich war", dass aber das Hängengebliebene nicht dem Lügner, sondern dem Verleumdeten schadet.
Deshalb finde ich es wichtig, dass die Lüge als solche bekannt wird. Sie ist nicht "eine Meinung", sondern eine Lüge. Jedenfalls bedeutet Meinungsfreiheit nicht Lügenfreiheit.
(Was "Visionen" betrifft: Mit zunehmendem Alter begreife ich den Satz von Helmut Schmidt, wonach Leute mit Visionen in der Politik krank seien, immer mehr als konkrete Aussage über IST-Zustände im politischen Nichthandeln).