Die ersten Produktionen schlugen ein wie eine Bombe: Sie hiessen «Do flippsch uss» oder «Kasch mi gärn ha!» und waren ursprünglich Projekte der Berliner Jugendbühnen Grips-Theater und Rote Grütze, die ins Schweizerdeutsche übertragen worden waren. Das war im Jahr 1977. Hans Hollmann, damals Direktor der Basler Theater, hatte für das Dreispartenhaus eine Jugendtheater-Schiene ins Leben gerufen, die sofort enorme Erfolge feierte.
Wer die Produktionen damals erlebte, nahm unvergessliche Eindrücke mit. Etwa als bei «Kasch mir gärn ha!» ein schlacksiger junger Mann auf Rollschuhen über die Bühne raste und sich als personifizierter Orgasmus («Orgi») vorstellte. Das war Ueli Jäggi, der später unter anderem als Urmitglied der Marthaler-Theaterfamilie auf fast allen wichtigen Bühnen von Basel bis Berlin eine vielbeachtete Theaterkarriere hinlegte.
Fulminanter Auftakt, viele Höhepunkte
Zusammen mit Jäggi stand damals auch der 20-jährige Dani Levy auf der Bühne, der heute zu den bekanntesten Filmemachern des deutschsprachigen Raums zählt.
In der Komödie – dem ehemaligen Schauspielhaus der Basler Theater – und auf der Kleinen Bühne erlebte das Junge Theater einen fulminanten Auftakt, dem bis heute viele weitere Höhepunkte folgten.
Ende 1979 löste sich das Jugendtheater vom Stammhaus und etablierte sich als eigenständiges Theater mit dem Hauptspielort Kaserne. Seit 1994 verfügt es mit dem ehemaligen Rossstall «Baggestooss» auf dem Kasernenareal über eine eigene feste Spielstätte.
Uwe Heinrich, der das Haus heute leitet, betont im Interview mit der TagesWoche zwar, dass er alle jungen Spielerinnen und Spieler davor warnt, die Passion für das Spielen auf der Bühne zum Beruf zu machen. Aber dennoch erwies sich das Junge Theater stets auch als Sprungbrett für junge spielbegeisterte Menschen, die beachtliche Karrieren in der Film- und Theaterszene hinlegten.
Zwei der wohlklingen Namen kamen im Jahr 2000 in «Die Schaukel» von Edna Mazya zusammen – eine brisante Produktion über eine Vergewaltigung auf einem Spielplatz, die zu den Meilensteinen in der Geschichte des Hauses gehört. Sie wurde am Festival «Impulse», dem Besten-Treffen der freien Szene, als erste Jugendtheaterproduktion überhaupt mit dem ersten Preis ausgezeichnet.
«Die Schaukel» war eine der ersten Inszenierungen von Sebastian Nübling, der dem Theater bis heute als stilprägender Hausregisseur treu blieb, sich zugleich aber auch an professionellen Bühnen einen Namen schuf (und bereits mehrmals ans renommierte Berliner Theatertreffen eingeladen wurde). Und mit dem damals 16-jährigen Michael Koch stand ein junger Mann auf der Bühne, der mit der Hauptrolle in der Filmkomödie «Achtung, fertig, Charlie» bei einem breiten Publikum bekannt wurde und sich nun als Filmemacher («Marija») einen Namen macht.
Die Liste prominenter Ahnen lässt sich lange weiterführen. In ihrer Biografie weist zum Beispiel die Filmschauspielerin Marie Leuenberger explizit auf ihre Zeit am Jungen Theater hin. Sie erlangte vor allem mit der Hauptrolle im Schweizer Kinohit «Die göttliche Ordnung» Bekanntheit – eine Rolle, für die sie überdies und zum wiederholten Mal den Schweizer Filmpreis erhielt.
Nicht nur als Spieler, sondern auch als Regisseur gehörte Rafael Sanchez viele Jahre zur Stamm-Crew des Haues. Seit gut 15 Jahren inszeniert er an vielen bedeutenden Bühnen des deutschsprachigen Raums – unter anderem als Hausregisseur am Schauspiel Köln. Von 2008 bis 2013 war er überdies Co-Leiter des Theaters am Neumarkt in Zürich.
Karriere im Jungen Theater Basel
Eine ganz besondere Beziehung hatte der bekannte Slampoet Laurin Buser zum Jungen Theater. Denn er war erblich ziemlich vorbelastet: Vor ihm gehörten nämlich bereits sein Vater Daniel Buser und seine Mutter Dalit Bloch zum Inventar des Hauses. Beide hatten mehrere Projekte inszeniert, Vater Daniel Buser war mehrere Jahre Co-Leiter des Hauses. Schliesslich stiess auch noch seine Schwester Tabea dazu, die heute in Bern Schauspiel studiert.
Für die meisten der heute etablierten Film- und Theaterleute war das Junge Theater Basel Sprungbrett für eine Karriere ausserhalb des Hauses. Suna Gürler hat ihre vielbeachtete Karriere als Regisseurin, Schauspielerin und Theaterpädagogin im Jungen Theater gestartet und zumindest mit einem Bein im Basler Haus bis heute weitergeführt.
Mit dem anderen Bein steht das 31-jährige Multitalent seit 2013 im Maxim Gorki Theater Berlin. Seither ist es bereits zu mehreren Koproduktionen gekommen. Unter anderem 2014 mit dem Stück «Es sagt mir nichts, das sogenannte Draussen» von Sibylle Berg, das von der Zeitschrift «Theater heute» zum Stück des Jahres gekürt wurde.
Die Zitate in der Bildstrecke stammen zum Teil von persönlichen Anfragen, aber auch aus dem lesenswerten Jubiläumsband «Forever Young» von Alfred Schlienger, der im Christoph Merian Verlag erschienen ist und einen umfassenden Rückblick auf 40 Jahre Junges Theater Basel vermittelt.