Eine Gelegenheit zur Revanche und andere Glücksgefühle

Am Nationalfeiertag zur ungewohnten Anstosszeit um 15.00 Uhr empfängt der FC Basel zum Meisterschaftsspiel den FC Sion. Ein Gegner, mit dem der Meister noch eine Rechnung aus dem Cupfinal offen hat.

Sion's players celebrate after winning the Swiss Cup final soccer match between FC Basel and FC Sion at the St. Jakob-Park stadium in Basel, Switzerland, Sunday, June 7, 2015. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)

(Bild: Keystone/PETER KLAUNZER)

Am Nationalfeiertag zur ungewohnten Anstosszeit um 15.00 Uhr empfängt der FC Basel zum Meisterschaftsspiel den FC Sion. Ein Gegner, mit dem der Meister noch eine Rechnung aus dem Cupfinal offen hat.

Schmerzliche, gar schmachvolle Niederlagen wie jene des FC Basel gegen den FC Sion im Cupfinal schreien nach Revanche und Wiedergutmachung. Und der Spielplan will, dass es 55 Tage nach jener sang- und klanglosen Leistung des FCB und dem 0:3 zur Neuauflage gegen den Weltrekordhalter im Endspielgewinnen aus dem Wallis kommt.

Nur 55 Tage, könnte man sagen, knapp acht Wochen, in denen jedoch schon wieder so viel passiert ist. Neue Saison, neuer Trainer, neues Glück bedeutet das beim FC Basel.

Bernhard Heusler kramt in den Erinnerungen an den 7. Juni. An der Seite von Edelfan Roger Federer war der FCB-Präsident vor dem Anpfiff in der Basler Garderobe, blickte in fokussierte und motivierte Gesichter der Spieler – und erlebte anschliessend doch eine schwere Enttäuschung.



Swiss tennis player Roger Federer, left, and Basel's president Bernhard Heusler, right, pose for a picture for the fans prior to the Swiss Cup final soccer match between FC Basel and FC Sion at the St. Jakob-Park stadium in Basel, Switzerland, Sunday, June 7, 2015. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)

Bernhard Heusler (rechts) mit Roger Federer vor dem Cupfinal am 7. Juni im Basler St.-Jakob-Park. (Bild: Keystone/PETER KLAUNZER)

Der nachvollziehbare Spannungsabfall

Viel hatte dieses Endspiel überlagert: der endgültig letzte Auftritt des Marco Streller, die Walliser Fan-Übermacht im eigenen Stadion, der sechste Basler Meistertitel, der eine Woche zuvor an gleicher Stelle gefeiert worden war. Einen für ihn selbst nachvollziehbaren «Spannungsabfall» nennt Heusler, was in den Basler Reihen passierte, und das gegen einen Kontrahenten, «für den der Final mindestens das Spiel des Jahres, wenn nicht des Jahrzehnts war».

Einen merkwürdigen Eindruck hinterliess auch Paulo Sousa. Am Festtag des Schweizer Fussballs erschien der modisch bewusste Portugiese in langer Trainingshose und T-Shirt im St.-Jakob-Park. Als die Partie vor Anpfiff der zweiten Halbzeit von Schiedsrichter Nikolaj Hänni unterbrochen wurde und die beiden Mannschaften zurück in die Katakomben beordert wurden, blieb Sousa auf der Trainerbank sitzen.



Paolo SOUSA TRAIN FC BASEL CUPFINAL SCHWEIY FC Basel / FC Sion 0.3 7. 6. 2015 Bild meinrad schoen BILD MEINRAD SCHOEN

Der in sich versunkene Paulo Sousa während des Cupfinals gegen den FC Sion. (Bild: Meinrad Schön )

Irgendwann, die Felle schwammen schon davon, zog Sousa sich sein Hemd übers Gesicht. Weil er sich schämte für den Auftritt seiner Mannschaft? Weil er mit Gedanken schon in Florenz war? Man weiss es nicht. Heusler pocht jedenfalls darauf: «Ganz bestimmt hat nicht Paulo Sousa diesen Final verloren. Das wäre zu einfach.»

Frischer Wind in Basel mit Urs Fischer & Co.

Das Kapitel Sousa ist unterdessen längst ad acta gelegt, Protagonisten wie Fabian Frei und Fabian Schär, beide neben den Schuhen in diesem Final, sind nicht mehr dabei. Frischer Wind beim FC Basel wird die Triumphatoren vom 7. Juni am ersten Samstag im August empfangen.

Urs Fischer erlebte das Endspiel daheim vor dem Fernseher und gesteht: «Ich schaue sonst keine Cup-Finals – weil ich ja nicht dabei bin.» Was er damals noch als Thun-Trainer sah: «Ein sehr dominantes Sion und einen FC Basel, der keinen guten Tag hatte. Das gibt’s. Aber das hatte vor allem mit den Elf auf der anderen Seite zu tun.»

Dass bei Wallisern Potenzial vorhanden ist, weiss Fischer nicht erst seit diesem Sonntag im Juni. «Aber es macht den Anschein, dass eine gewisse Ruhe eingekehrt ist beim FC Sion, dass die Mannschaft Zusammenhalt hat, und dann hat sie Qualität.» Und sollte diese Ruhe im Tourbillon anhalten, dann zählt Fischer Sion auch zu den Spitzenmannschaften der Liga.

Sion ohne Kouassi, FCB mit kurzer Regeneration

Das Aufeinandertreffen in der dritten Runde der noch jungen Saison ist denn auch ein Spitzenspiel: Der Erste (Basel) gegen den Zweiten (Sion). Ein Gegner, der für zwei Partien auf eine Schlüsselfigur verzichten muss, weil Xavier Kouassi beim glücklichen 1:0 gegen St. Gallen mit Rot vom Platz geflogen ist.

Während der FC Sion als Cupsieger direkt für die Gruppenphase der Europa League qualifiziert ist und eine normale Trainingswoche hinter sich hat, bleiben dem FCB nach dem erfolgreich bespielten Nebenschauplatz Posen nur zweieinhalb Tage Zeit zum Regenerieren. Dafür sind alle Akteure einsatzbereit aus Polen zurückgekehrt.

epa04865548 Davide Calla (2-L) of FC Basel celebrates with team mates after scoring a goal during the UEFA Champions League third qualifying round first leg soccer match between Lech Poznan and FC Basel in Poznan, Poland, 29 July 2015. EPA/Jakub Kaczmarczyk POLAND OUT

Neue Gesichter, frischer Wind: Der FCB bei seinem dritten Pflichtspiel der jungen Saison in Posen, wo der dritte Sieg gelang. (Bild: Keystone/JAKUB KACZMARCZYK)

Fischer kündigt an, dass er am Nationalfeiertag «frisches Blut» bringen will, womit er die in Posen nicht oder nur kurz eingesetzten Spieler Matias Delgado (für Zuffi?), Mohamed Elneny (Xhaka?) Adama Traoré (Safari?) und Calla (Gashi, Bjarnason?) meint. Ausserdem hat der europäisch gesperrte Walter Samuel daheim mit U21-Trainer Thomas Häberli gebüffelt und steht für sein Saisondebüt parat (für Hoegh?).

Fischer: Den Cup-Frust in positivie Energie umwandeln

Auch wenn sich der FCB 55 Tage nach der Demütigung im Cup «in einem anderen Kleid präsentiert» (Fischer), so glaubt der Trainer doch, dass der verlorene Final Spuren hinterlassen hat: «Ich denke schon, das da etwas in den Köpfen hängen geblieben ist. Das soll auch so sein, und wichtig ist nur, dass das in positive Energie umgewandelt werden kann.»

Es geht am Samstag zwar nicht um die Krone eines Wettbewerbs, sondern nur um drei von vielen noch auszuspielenden Punkten. Aber der neue FCB hat sich in den ersten drei Pflichtspielen so vielversprechend gezeigt, dass eine gelungene Revanche ein Zeichen an die ambitionierten Walliser wäre und an die Young Boys. Bei denen zieht nach zwei enttäuschenden Remis in der Meisterschaft und dem sich abzeichnenden Aus in der Champions-League-Qualifikation schon Endzeitstimmung auf.

Glücksgriffe und Glücksgefühle

Damit verglichen sind es einige Basler Glücksgefühle, die seit dem verkorksten Cupfinal zusammengekommen sind. Mit Urs Fischer als Nachfolger von Paulo Sousa ist dem Verein ein Glücksgriff in vielerlei Hinsicht gelungen, ebenso bei der Besetzung der Lücken, die die Streller, Frei und Schär hinterlassen haben. Die neuen Spieler und ihren Hunger hat Präsident Heusler in den ersten Wochen der neuen Saison mit Genugtuung beobachtet.

Ein neuer Club, ein neues Trikot: Ein paar Buchstaben des kyrillischen Alphabets kennt Derlis Gonzalez nun schon. (Bild: Dynamo Kiew)

Selbst nach dem Abgang von Derlis Gonzalez sind die Flügelpositionen doppelt besetzt (Gashi, Kakitani, Calla, Bjarnason), wobei Sportdirektor Georg Heitz andeutet, dass schon sehr genau geprüft wird, ob der Verlust an Geschwindigkeit nicht doch noch kompensiert werden soll.

Mitte des Jahres steht der FCB schon wieder blendend da

Wirtschaftlich, das darf man Mitte 2015 festhalten, hat der Schweizer Krösus sein strukturelles Defizit durch die Transfers von Marcelo Diaz, Fabian Schär, Fabian Frei und eben Gonzalez bereits ausgeglichen. Der unter der Woche zu Dynamo Kiew gewechselte Paraguayaner verkam in der Schweiz fast zu einer Randnotiz, dabei ist er mit geschätzt mindestens zehn Millionen Franken einer der spektakulärsten Transfers der Liga überhaupt.

Für den FCB bedeutet das fast schon grösstmögliche finanzielle Absicherung. Geht es gegen Posen nächsten Mittwoch nicht schief, ist ihm die Teilnahme an der Europa League gewiss, dazu kommen vier Millionen Euro für die Teilnahme an den Playoffs zur Champions League, deren Erreichen weitere acht Millionen Startgeld garantieren würde.

 

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