In Deutschland spielen zur Zeit wegen der bevorstehenden Bundestagswahlen am 22. September 2013 Umfragen eine hervorgehobene Rolle - in den redaktionell betreuten Medien.
"Umfrageergebnisse" ersetzen weitgehend die Auseinandersetzung um politische Inhalte, welche die Parteien in ihren Wahlprogrammen vorstellen.
Zu bemerken ist allerdings, dass die "Umfrageergebnisse" der letzten Jahre bei sämtlichen stattgefundenen Landtags -und Bürgermeisterwahlen weit neben den realen Wahlergebnissen lagen.
Man sollte, was Kommentare und Rückschlüsse über und aus Umfrage"Ergebnissen" betrifft, etwas vorsichtig sein, was deren Projektion auf ein Wahl- oder ein Abstimmungsergebnis betrifft.
Dies gilt zur Zeit auch für die SRG-Umfrage zur GSoA-Initiative. Das "Ergebnis" nützt scheinbar den Intiativgegnern. Zitat aus dem sda-Artikel:
"Die Basis von FDP, CVP und SVP lehnen diese jedoch wuchtig ab - bei der SVP beträgt der Nein-Anteil ganze 78 Prozent."
Ach ja. Wenn ich - nur mal nur so nebenbei - die Frage stelle, welche Basis denn CVP und FDP haben, dann dürfte der Begriff "wuchtig", bezogen auf alle Stimmberechtigten eher eine vielleicht gutgemeinte Übertreibung darstellen.
"Wuchtig" kann sich für diese Initiative wohl nur das Ständemehr einstellen,wenn es denn überhaupt "Wuchtiges" zu kommentieren gibt - am Abend des 22. September 2013.
Mit anderen Worten:
Heute habe ich - als Auslandschweizer bin ich für eidgenössische Abstimmungen stimmberechtigt - die Stimmunterlagen erhalten. Ich hatte eigentlich nicht die Absicht, mich an dieser Abstimmung zu beteiligen, weil ich schliesslich nicht in der Schweiz lebe, sondern meine "Sicherheit" von der Freiwilligenarmee der Bundesrepublik Deutschland garantieren lasse.
Weil ich aber sehe, dass Freiwilligenarmeen durchaus funktionieren und selber als Armeeangehöriger in der Schweiz in meinen unfreiwillig geleisteten unzähligen Diensttagen praktisch nichts irgendwo noch Sinnvolles erlebt habe, werde ich nun dem angeblich aussichtslosen Initiativunterfangen der GSoA eine JA-Stimme beisteuern. Die Armeeverherrlicher und Manneszuchtbefürworter bringe ich dadurch - siehe SRG-Umfrage - natürlich keineswegs in Bedrängnis. Ist mir schon klar.
Aber ich mag Übertreibungen nicht. Und Heiligsprechungen reizen mich zum Widerwort.
Ich bin seit 50 Jahren, was die persönliche Mobilitätsausrüstung betrifft, Velofahrer, habe nie ein Auto gefahren (habe keinen Führerschein) und habe in dieser Zeit immer in grösseren Städten gelebt. Ich habe nie den Anspruch gehabt, dass ich mit meinem Velo immer genau vor dem Café, vor dem Buchladen, vor der Bank usw. "landen" musste, das ich aufsuchen wollte. Ein paar Meter zu Fuss habe ich häufig in Kauf genommen und nehme das nach wie vor ohne Verlust an "Mobilität" in Lauf.
Man kann ein Rad auch mal auf ein paar Metern schieben. Oder es irgendwo abstellen.
Insofern finde ich Herrn Buschweilers Bemerkungen zum Rad in Fussgängerstrassen nachvollziehbar.
Basel ist nun weiss Gott nicht die erste mittlere Großstadt in Europa, welche sich eine teilweise autofreie Innenstadt "leistet", genauer: irgend wann einmal leisten wird.
Im Gegenteil: Basel hinkt zahlreichen vergleichbaren und vielen weit grösseren Städten weit hinterher.
Ist "das Gewerbe" in Freiburg, in Strassburg, in Karlsruhe, in München, in Berlin, in Kopenhagen, in Stockholm, in Amsterdam, in London (!), sogar in Rom und anderswo aus autofreien oder autoberuhigten Stadtteilen
verschwunden ?
Mangels wirklich nachweisbarer "Nachteile" - sieht man mal von einer gewissen Bequemlichkeit ab, welche als grenzenloses Autofahrrecht in den letzten Winkel dichtbebauter und dichtbesiedelter Städte daherkommt, wenn also jedermann/jedefrau jederzeit überall mit dem Auto hinfahren kann, den meist engen Stadtraum mit Parkplätzen und Parkhäusern mit Autos vollgestopft vorfindet mit der unmittelbaren Folge, dass ein beständiger Parkierungs- Suchverkehr generiert wird - kommen in Basel seit Jahrzehnten die immer gleichen "Argumente" daher. Eben: Das Gewerbe werde benachteiligt!
Wer aber ist denn dieses "Gewerbe" ? H & M, Migros, Coop, Fielmann, Tele- und Smartphonanbieter, "New York" und Zara, Schuhgroßhändler und und und:
Ein immer gleichnamiges "Gewerbe" also in immer gleich ausgestatteten Geschäften mit der immergleichen Ware im Angebot. Die Gründe für diese globalisierte "Monokultur" haben mit autofreien Zonen aber kaum etwas zu tun.
Mit Mietpreisen hingegen sehr viel, wenn nicht beinahe ausschliesslich.
Wenn ich meine "Marken"-Unterwäsche "bequem" im Center vor der Stadt, welches mir einen Gratisparkplatz für eine oder zwei Stunden an irgend einer Autobahnausfahrt anbietet, einkaufe und nicht z.B. an der Freien Strasse, weil ich dort eben nicht parkieren kann - welches "Gewerbe" wird dann "beschädigt" ?
Ein etwas verwegener Gedanke: Wenn unbegrenzt mögliche Autozufahrten in Innenstädte gekappt werden, könnten ja die Mietpreise für jenes Gewerbe, welches keine Filialnetze weltweit verwaltet, wieder erschwinglicher werden. Statt dem Einerlei von Bangkok über Tokyo, New York, Paris, Berlin, Frankfurt, Basel und Liestal bekäme dann der Goldschmied Müller vielleicht endlich eine kleine Ladenfläche, die von Kunden, welche in sein Schaufenster schauen, unter Umständen auch betreten wird. Kunden, welche sich über die Vielfalt an interessanten Angeboten freuen und deshalb gerne durch die Innenstadt flanieren, Märkte aufsuchen, riechen, essen, schmecken, schauen, sich treffen, Stadtluft geniessen, kaufen, was sie eben erst entdeckt haben.
Vielerorts ist solcherlei durchaus eingetreten, also keineswegs eine "gewerbefeindliche" Utopie.
Nur in Basel ist das halt anders. So, wie während Jahrzehnten angeblich die Parkplätze auf dem Münsterplatz für das Überleben von CoopMigrosH&MCreditSuisseFielmann und Co. unverzichtbar gewesen sein sollen - und es nach deren endlicher halbwegs funktionierenden Abschaffung offensichtlich bis heute nicht geworden sind.
Dieser Satz im Artikel ist mir auch in die Nase gestochen, Herr Buschweiler. Aber:
Bevor über ein konkretes Projekt entschieden wird - sollte die Initiative angenommen werden - muss erst einmal ein konkretes Projekt vorliegen. Dann entscheidet in einem Rechtsstaat, auch in der Schweiz oder in Basel-Stadt NICHT irgend ein Architekt, der eine Idee gehabt hat, WIE diese Idee umgesetzt werden soll oder kann.
Es entscheidet der Bauherr. In diesem Fall also die SBB und/oder der Kanton Basel-Stadt.
Herr Jacob, also dieser Landschaftsarchitekt, kann vielleicht versuchen, seine Idee ortsgebunden patentieren zu lassen. Nur: Ohne konkreten Auftrag und ohne konkreten Inhalt (mitsamt, in diesem Fall besonders wichtig, etwa einer ausgeklügelten Baustatik...) kommt er mit einem solchen Ansinnen nirgendwohin. Und den Investor möchte ich gerne kennen lernen, der dem Herrn Jacob die Finanzen für die Projektierung (mehr geht für ihn in diesem ganzen Verfahren sowieso nicht als eben die Projektierung quasi als Vorleistung...) ohne Aussicht auf Verwirklichung samt Kapital-Rendite zur Verfügung stellen würde.
Daraus folge ich: Herr Jacob kann drohen. Er kann auch klagen. Aussicht auf Erfolg mit einer Klage aber existiert nicht. Wo nichts Konkretes ist, gibt's auch nichts zu beurteilen.
Da haben sie natürlich ins Volle der "Nation" getroffen, der Mut für eine Akzeptanz der Schweizer Geschichte ausserhalb des Mythos ist sehr gering.
Was bei Maurer beispielsweise fehlte:
-Untertanengebiete, gemeine Vogteien (Tessin, Westschweiz, Aargau, Thurgau - alle bis zur Mediatonsverfassung nicht souverän, sondern politisch und rechtlich ohne Selbstbestimmung, und innerhalb der "Orte" die Nichtbürger, die "Hinterlassen"...
-Die "Familien", welche Landbesitzer waren, welche bis zur Grpndung des Bundesstaates 1848 feudale Meriten anwendeten wie überall sonst in Europa im ausgedehnten Zeitalter des Feudalismus...
-der Verkauf der jungen Männer als Soldateska durch eben die genannten Familien (von Reding, Zurlauben, von Schultheiss, von Attishofen usw.) an die europäischen Fürsten- und Königshäuser, ohne dass diese jungen Männer oder deren Familien dazu irgend etwas zu sagen gehabt hatten...
usw.
Was mir, Jahrgang 1944, in der Schule als Schweizergeschichte aufgetischt wurde, war schlicht Chabis (um ein Mundartwort zu gebrauchen) und hatte mit historischen Fakten nichts zu tun, angefangen vom angeblich "ewigen Bund auf dem Rütli" über "Morgarten" und "Winkelried" bis hin zu der ausgesprochen dämlichen Einlage der "Eidgenossen" als Militärmacht in den Burgunderkriegen und so fort. Interessanterweise wurden die Bauernaufstände im Mittelalter nie erwähnt, so wenig wie der von mir bereits genannte Westfälische Frieden. Dafür aber wurden diverse Bürgerkriege - bis hin zum "Sonderbundkrieg" 1847, ins Licht einer hehren Militärgeschichte getaucht und als Gipfelpunkt eidgenössischer Vernunft dann die "Kappeler Milchsuppe" aufgetischt (nach der der Huldreich Zwingli allerdings sein Leben verlor, nach der Suppenausteilung wohlverstanden!). Dass es danach mehrere Bürgerkriege im Aargau gab: Zwar erwähnt (Villmerger Kriege zum Beispiel), aber so dargestellt, als hätte sich immer alles in Wonne aufgelöst - bis dann die bösen Franzosen kamen und den Berner Goldschatz requirierten... Na ja: SVP-Wissensstand von heute!
Interessant, wie die SVP den Begriff "Völkerrecht" definiert.
Beim "Völkerrecht" handelt es sich nicht um Beliebigkeiten, sondern um eine internationale Rechtsentwicklung. Rechtsentwicklung gibt es, seit es verfasstes Recht gibt.
Die Schweiz profitiert von zahlreichen Teilen international geltenden Rechts - beispielsweise ganz wesentlich in Fragen von Patentschutzrechten. Aber und gerade auch von der Anerkennung, welche das Völkerrecht souveränen Staaten garantiert.
Die Teilhabe an internationaler Handelsfreiheit ist selbstredend an zahlreiche Rechtsschutzbestimmungen geknüpft, welche als Teil des "Völkerrechts" entwickelt worden sind – durchaus häufig unter Mitarbeit der Schweiz. Das betrifft die Exportnation Schweiz in wesentlichen Belangen. Und das weiss Blocher natürlich sehr genau. Ob es Brunner rein begrifflich begreift, kann ich nicht beurteilen.
Interessant zu erfahren wäre natürlich auch, was die SVP unter "zwingendes Völkerrecht" versteht.
Gehören beispielsweise die Genfer Konventionen für Blocher, Brunner und Co. zum "zwingenden" Völkerrecht ? Gehört die UN-Menschenrechtscharta nur zum "nicht zwingenden" Völkerrecht ?
Und was ist mit jenem "Handelsrecht", welches die Schweiz auf Grund ihres Vertragsbilaterismus mit der EU anerkennen muss, um in diesen Verträgen bleiben zu können ?
Anders gefragt: Meinen Blocher, Brunner und Co., "die Welt" würde schweizerische respektive SVP-Rechtsspezifitäten verstehen oder gar insgeheim "bewundern", deren Inhalte der Beliebigkeit der SVP innerhalb der schweizerischen politischen Prozesse ausgeliefert wären ?
Eine Politik-Beliebigkeit nebenbei bemerkt, die in allen bisher inkriminierten Völkerrechtsfällen vor und nach „SVP-Volksinitiativen“ auch schweizintern nur in den Augen von Blocher und Co. eine PR-Aktion erforderlich macht, irgend eine sinnlose, dafür aber xenophobe oder sonstwie dem "gesunden Volksempfinden“ von ein paar Prozent SVP-Anhängern geschuldete "Aktivität" per Volksinitiative als Wahlkampfmittel einzusetzen, sonst aber keinerlei Problem anzugehen vermag.
Natürlich wissen Blocher und Co., was sie da in Szene zu setzen versuchen. Sie wollen das Abkoppeln der Schweiz von der übrigen Welt. Ihr Denken ist von einem Nationalismus geprägt, der in weiten Teilen inzwischen einfach obsolet geworden ist. Die SVP handelt bezüglich "Völkerrecht" nicht im Interesse "der" Schweiz, auch nicht im Interesse schweizerischer Souveränität, sondern im Interesse ihrer Vorstellungen von "Souveränität". Diese Vorstellungen sind geprägt von korporativen Gesellschaftsstrukturvorstellungen, welche man als "paternalistisch" bezeichnen könnte, und von einem Staatsverständnis, welches beispielsweise die seit einigen Jahrzehnten fortschreitende Globalisierung - nicht nur der "Exportwirtschaft, von der Blocher persönlich ja profitiert hat -, sondern von der Globalisierung der Information, der Kommunikation, der Bildung, der Kulturen und so weiter, einfacvh und oft genüg völlig unbegründet, weil unbegründbar leugnet. Dieser Globalisierungsprozess ist schwierig, verursacht Ängste, Unsicherheiten, Sehnsüchte nach Überschaubarem, dem Kleinstaat meinetwegen. Darüber zu diskutieren, sich über Aktion und Reaktion gegenüber den Phänomenen der Zeit Gedanken zu machen, um da, dort, um alltäglich zu Lösungen zu kommen, ist in demokratisch verfassten Staaten ein Gebot der Politik. Mit Ausschließlichkeiten zu operieren verhindert die tatsächlich notwendigen Diskurse ein ums andere Mal. Gestern ist Gestern. Heute ist nicht Gestern. Heute ist vor allem nicht - wie Maurer in seiner Neujahrsansprache und am 31.7. und 1.8. verkündet hatte, 1291.
Denn:
1291 ist keineswegs die "Geburtsstunde" der Schweiz. Wenn schon ist es der westfälische Frieden von 1648 - für die Schweiz und für die Niederlande. Es waren keineswegs ein paar Grundbesitzer in ein paar Alpentälern mit einem Pass in ihren Gefilden, welche für die damalige Eidgenossenschaft völkerrechtlich bindend die Unabhängigkeit vom römischen Reich deutscher Nation verhandelt haben, sondern der Bürgermeister Wettstein aus Basel. Aber ein solch nicht unwichtiges Detail aus der Geschichte der Schweiz ist den SVP-Propagandisten zuwider, weil es nicht mit Buurezmorge oder Sünneli, nicht mit Alpenglühen, der „Armee“ und dergleichen mehr in Verbindung gebracht werden kann, sondern Ausdruck sowohl humanistischer Bildung, diplomatischer Könnerschaft und Weltoffenheit ist, sondern erst noch aus urbaner Umgebung stammt.
Das breite Grinsen, welches Blocher und Brunner laut Titelfoto über dem TagesWocheartikel von sich geben, lädt ein, darüber nachzudenken, ob man die Schweiz den „1291ern“ überlassen soll oder ihnen nicht eher so Paroli bietet, dass ihnen exakt dieses Grinsen vergeht.
(Was durchaus eine Anstrengung der so genannt „bürgerlichen Parteien der Mitte“ erforderlich machen würde, und zwar eine Anstrengung vor der Lancierung einer Initiative mit zweifelsohne schwerwiegenden und äusserst gefährlichen Folgen für den Rechtsstaat Schweiz).
@emichel
Sie schreiben - unter anderem -:
" Jedenfalls kam es mir im Vorfeld so vor, wie es etwas Schlimmes sei, in Israel Fussball zu spielen. Das "Deutsche kauft nicht bei den Juden" kann hier auf "Ägypter spielt nicht bei den Juden" umgemünzt werden. Und NIEMAND, ja NIEMAND hat sich dem gross entgegengestellt."
Auf den ersten Blick ist diese Aussage für mich nachvollziehbar - mitsamt den Schlussfolgerungen, welche sie aus diesem und ähnlichen Beispielen ziehen, indem Sie festhalten:
"Jeder Mensch ist irgendwo ein kleiner Rassist..."
Zuerst stellt sich die Frage: Wann ist jemand, der sich als Opfer irgendwelcher widriger Umstände fühlt, Rassist (Rassistin) ?
Die Antwort lautet wohl: Dann, wenn eine Person all das, was sie in ihren eigenen Augen zum "Opfer irgendwelcher Umstände" macht, einer bestimmten Kategorie von Menschen zuschreibt. Also: Ich habe jedes Monatsende die Angst,mein Geld reiche nicht, obwohl ich doch voll arbeite. Schuld daran IST, und zwar allein, ohne Zweifel, ausschliesslich auch, zum Beispiel "der Amerikaner" oder "der Türke", also "Amerika", "die Amerikaner" oder "die Türkei", also "die Türken.
Nun kann es sein, dass ich in einer Firma arbeite, deren Kapital von US-Investoren gestellt wird - mit entsprechender Renditeforderung. Diese Renditeforderung führt dazu, dass das Unternehmen, in dem ich arbeite, "Personalkosten" einsparen muss. Es droht mir also beispielsweise entweder die "Entlassung" oder dann eine Lohnkürzung usw.
Nun erkläre ich mir meine Arbeitsplatz-Situation so, dass "die Amerikaner" oder "die Türken" immer so handeln, wie ich es am eigenen Leib erfahre. Folglich sind "die Amerikaner" Schuld, dass ich Ängste habe, mit denen ich durch ein immer unfreundlicheres Alltagsleben gehen muss.
Faktisch aber ist das ein wenig anders im Gange. Dass US-Kapital, welches nur auf Renditeerwartung aufgebaut ist, überhaupt in meinem Land, zum Beispiel in der Schweiz, ankommt, hat unter anderem auch mit der Gesetzgebung der Schweiz zu tun, welche ausländischem Kapital den Weg zu schweizerischen Unternehmen freimacht. Diese Gesetzgebung wiederum ist für schweizerische "Investoren" natürlich interessant, weil sie im Gegenrecht ihrerseits ihre Kapitaltransfers zum Beispiel in die USA ermöglicht.
Für "Opfer" schweizerischer Kapitalinvestitionen in den USA, die ebenfalls auf höchster Renditeforderung aufgebaut sind, also "Amerikaner", welche wie ich in der Schweiz in den USA mit Entlassung oder mit Lohnverzicht konfrontiert werden, ist es dann "die Schweiz", sind es "die Schweizer"...
So etwas kann den Anfang einer rassistischen Sortierung meines Weltbildes erzeugen. Den Grund für eine rassistische Sortierung politischer Handlungsabläufe allerdings gibt diese "Angst" und deren individuelle "Erfahrungsanreicherung" nicht her.
Weshalb nicht ?
Rassismus als politische Handlungsmaxime besteht darin, einer bestimmten Menschengruppe die Alleinschuld an Entstehung und Existenz eines sozialen, also gesellschaftlichen Problems, Unglücks, einer situativen Notsituation zu geben. Und zwar in Form ausschliesslicher Schuldzuschreibung. Diese umfasst dann, bildlich gesprochen, folgende "Festhaltung": Amerika, also alle Amerikanerinnen und Amerikaner, sind so, wie diese Investoren, welche meinen Arbeitsplatz geführten. Sie sind qua Geburt so. Sie sind menschenfeindlich, weil sie Amerikanerinnen, Amerikaner sind. Sie wollen mir, weil ich kein Amerikaner bin, das Leben verunmöglichen, wollen mich ausschalten. Folglich muss ich dafür eintreten, dass sie, die Amerikaner, und zwar in globo, ausgeschaltet werden, Entweder die oder ich, entweder die oder wir.
So hat in Europa der Antisemitismus immer wieder funktioniert. Übrigens eine sehr "christliche" Erfindung, welche bis weit in 20.Jahrhundert hinein durch christliche Religionsselbstverständlichkeiten Judenverfolgung - einschliesslich Judenmord - mit deren angeblichem "Gottesmord" an Jesus oft rechtfertigten, manchmal bloss "erklärten". Der Islam war für jüdische Menschen jahrhundertelang Schutz, nicht Verfolgung - beispielhaft bei den Mauren in Spanien im Früh- und Hochmittelalter.
Rassimus besteht wesentlich aus zwei Elementen:
1. Zuschreibung einer Totalität (Charakter, Lebensäusserung, Lebensorganisation usw. bezogen nicht auf ein Individuum, sondern auf "ALLE" eine bestimmten Menschengruppe) und
2. Ausschliessung, möglichst "endgültige", des ANDEREN, eines bestimmten Anderen genauer, zum angeblichen Schutz der eigenen "Reinheit", auch wieder bezogen nicht auf ein Individuum,. sondern auf ALLE in einer bestimmten Menschengruppe.
Wenn rassistische Elemente Alltagspolitik in einem Staat bestimmen, kommen diese beiden Elemente immer vor. Beide leugnen eine Grundlage der conditio humane, nämlich deren Heterogenität.
Der Stadtrat von Bremgarten - offenbar salviert von einer Bundesbehörde - hat rassistische Elemente zum "Schutz" der so genannt "eigenen Bevölkerung" vor einer bestimmten Menschengruppe, nämlich von Flüchtlingen, als "selbstverständlich" kommuniziert. Das ist Apartheid, ganz offiziell von einer politischen Behörde betrieben. Apartheid ist eine Form des politisch begründeten Rassismus. Im Kontext schweizerischer - und europäischer - Gewohnheiten ist dieser Rassismus, wie Michael Rockenbach in seinem Artikel nachweist, offenbar courant normal.
Im Interesse rechtsstaatlicher Qualität ist meiner Ansicht nach eine klare Kritik an solcher politischen Verfahrensweise, wie sie in Bremgarten zu Tage getreten ist, notwendig. Auch wenn eine so genannte "Mehrheit" meint, sie könne sich per "Mehrheitsentscheid" durchsetzen. Das Recht schützt immer und vor allem Individuen und Minderheiten. Dank und vor allem wegen der Heterogenität der europäischen, auch der schweizerischen Gesellschaft(en) gehören viele Menschen, Individuen wie auch Gruppen, in irgend einer Art irgend einer gesellschaftlichen Minderheit an. Deshalb ist ein demokratisch verfasster Staat heute immer auch ein Rechtsstaat mit der Garantie der Rechtsgleichheit für alle Individuen in seinem Geltungsbereich. Recht aber hat eine andere Funktion als die reine demokratisch erfasste "Mehrheit". Recht muss über den Tag hinaus gelten können. Rechtsveränderungen sind deshalb immer an komplizierte Verfahren gebunden - begründet nicht zuletzt darin, dass dafür ein umfassender Diskurs durch die Repräsentatíon der Bürgerinnen und Bürger (z.B. Parlamente) und unter diesen selber notwendig ist, damit nicht irgend eine Willkür Lebensmöglichkeiten, welche in einer Gesellschaft vorhanden sind, aus tagesaktuellen Gründen vernichtet werden.
Es ist die Geschichte des 20. Jahrhunderts - dessen Wurzeln unter anderem in den europäischen Nationalstaaten des 19. Jahrhunderts liegen-, welche lehrt: Wehret den Anfängen!
Auch und gerade, was den "kleinen" Alltags-Rassimus in irgend einem Dorf, einer Stadt oder einem Staat wie der Schweiz - oder in Deutschland, in Frankreich und so weiter betrifft.
Ausschliessen lässt sich der "kleine Alltags-Rassismus" nicht, aber benennen lässt er sich. Und das Benennen hilft, sich mit ihm so auseinander zu setzen, dass er nicht "Allgemeingültigkeit" erlangen kann.
Das Lehrstück "Holzmarkt" hat selbstredend Zukunft, Herr Buschweiler. Auch und gerade, was das Zusammenspiel von Politik und Investitionsabsichten betrifft. Nicht nur in Berlin (wobei solcherlei typischerweise vorerst in Berlin angepackt worden ist).
Wie solche Stadt-Zukunft finanziert wird, ist natürlich offen.
Eine Stadtregierung, die sich um die Entwicklung ihrer Zentrumsstadt (was Basel zweifelsfrei ist) kümmert, hat zahlreiche Möglichkeiten in- und ausserhalb direkter Finanzierung. Also auch innerhalb einer Arealfinanzierung. Eine dieser Möglichkeiten ist beispielsweise die Anschubfinanzierung. Eine andere könnte darin bestehen, Boden, also Areal, zu kaufen und dann zu verpachten, mit Pachtbedingungen, welche im Sinne diskutierter Projekte gestaltet sind. Zukunftsgestaltung beginnt nicht in der Zukunft, sondern im Jetzt.
(Sie sind ja beispielsweise auch nicht deshalb krankenversichert, weil sie jetzt grad die Finanzierung einer Operation brauchen, sondern weil sie ein mögliches Risiko finanziell absichern möchten).
Wenn eine Stadtregierung die Nutzung von Stadtboden allein dem Immobilienmarkt - dem längst global tätigen, das heisst auf reiner so genannter Investorenrendite im Viertjahrresrythmus ausgelieferten - überlässt, handelt sie im Interesse aller Stadtbewohner schlicht unverantwortlich.
Auf Grund Ihres Kommentars zu Stephan Bruederlins Ausführungen nehme ich an, dass Sie den informativen Artikel über "Abendrot" und "Holzmarkt" nicht gelesen haben - oder dann kaum verstanden haben dürften, worüber darin berichtet wird. Ihr Reflex gegenüber jeglicher Überlegung, dass "der Staat" mehr zu sein hat als eine Verbots- und Sanktionsmaschine, ist aus Ihrer Sicht auf das Gemeinwohl, welches Sie immer wieder zum Ausdruck bringen, wenig überraschend.
Nur:
Was macht denn eigentlich "den Staat" aus ? Nicht doch auch Bedürfnisse vieler seiner Bürgerinnen und Bürger nach Zukunftsgestaltung, auch dann, wenn diese Menschen nicht mit "Investitionskapital", welches allein auf Renditebasis eingesetzt wird, verfügen? Darf "Zukunft" den Staat nichts kosten ? Ist das "Private" allein zuständig für jegliche Art von Gestaltungsmöglichkeit ?
Anders gefragt: Sind Sie der Ansicht, dass nur dann, wenn jemand das nötige "Kapital" besitzt - egal, woher dieser Besitz stammt, egal, wer dahinter steckt, Stadtgestaltung zulässig ist ?
Wer zahlt,. befiehlt. Und der Staat schützt dann nur diejenigen, die bezahlen können....
Sie würden glaube ich noch Augen machen, wenn Sie sich mal in die Niederungen staatlicher deutscher Anschubfinanzierungsmodelle für ganz einfache Menschen, welche eine Geschäftsidee haben, begeben würden. Oder auch in die entsprechenden Niederungen niederländischer, schwedischer, dänischer Praxis! ( Was durchaus sogar die deutsche FDP als "ihre" Politik versteht).
Gelegenheit für Zukunft entsteht oft in zeitlich engen Fensteröffnungen. Deshalb schreibt Stephan Luethi meiner Absicht nach sehr folgerichtig: "Jetzt die Chance packen, den Staatsäckel öffnen und mutig eine Investition in die Zukunft unserer Stadt tätigen".
Ein inzwischen bald europaweites Stadtthema: Wohnraum wird für viele Menschen unerschwinglich.
Die Frage ist, weshalb dieses Phänomen immer breitere Spuren zieht.
Meiner Ansicht nach übersehen viele in dieser Diskussion, dass es einen "Wohnungsmarkt" in der spekulativen Form, wie er heute in Städten auftritt, nur deshalb gibt, weil dieser Markt seit längerem ein Spekulantenteich ist, undurchsichtig, von Hypthekennullnummern (man erinnere sich an Leman-Brothers 2008, man erinnere sich an Spaniens Küste usw.) durchzogen, von Bedürfnisspekulationen geprägt. Die Mieter oder Käufer für den Luxus einer isolierten Luxusinsel mitten im urbanen Gemisch sind bei weitem nicht so zahlreich in ihrer Masse wie der dieser Schicht angebotene Luxuswohnraum.
Man kann diese Marktübersättigung sehr wohl konkret erfahren, wenn man sich mal in den Immobilienanzeigen im Netz oder in gewissen überregionalen Printerzeugnissen umsieht.
Wer eine Gentrifizierung ganzer Stadtteile verhindern will, sollte aber nicht so tun, als ob jegliche alte Bausubstanz deshalb erhaltenswert sei, weil sie billig sei (das heisst, weil sie Wohnungen anbietet, welche kaum noch wirklich bewohnbar sind). Da könnte eine Stadt - oder, jaja, der gesetzgeberisch tätige Staat - durchaus und vernünftig eingreifen.
Am Beispiel Claraturm abgehandelt: Wieviele "günstige" Wohnungen gehen durch den Abriss der bisherigen Gebäude verloren ? 10, 20 - oder vielleicht zahlreiche Einzelzimmer, welche zu überhöhten Mieten verstückelt den Begriff "günstig" ins Lächerliche ziehen ?
Durch den Neubau sollen 140 Wohnungen angeboten werden. Eigentlich ist dies ein gutes Verhältnis im Vergleich mit dem bisher existierenden Wohnungsangebot auf diesem Areal. Wenn diese 140 Wohnungen allerdings derart teure Mietpreise erforderlich machen, dass 90 % der Bevölkerung nicht einmal im Traum daran denken können, sich in diesem Turm einzumieten, stimmt die Bedürfnisabklärung meiner Ansicht nach nicht.
Dabei spielt einerseits der Ausbau der Wohnungen eine Rolle. Diese ist aber für eine längerfristige Lebensdauer eines Gebäudes wohl eher von untergeordneter Bedeutung, denn die Amortisation der reinen Entstehungskosten muss ja nicht innert kürzester Frist geschehen - es besteht bei massiv gebauten Gebäuden für Amortisationen durchaus ein ziemlich weitgespanntes Zeitfenster.
Bedeutend mehr in die heutige Mietpreisgestaltung in Innenstädten hinein schlägt heutzutage die Renditeerwartung sowohl von Bauauftraggebern, Immobiliengesellschaften als auch von Banken. Genau hier muss, will ein Staat einigermassen ausgeglichene soziale Verhältnisse für seine Bewohner realisieren, Politik stattfinden. Genau hier findet sie aber interessanterweise kaum statt.
Kurz: Es ist selbstredend ein Unding, dass das Grundbedürfnis Wohnen in Städten immer mehr der Sucht nach Rendite von so genannten "Investoren" untergeordnet wird. Und dies oft genug, weil die Politik einfach schläft, einfach zu faul ist, diesbezüglich endlich Nägel mit Köpfen zu schlagen. In Ansätzen werden in Deutschland (Berlin, Hamburg, München usw.) stadtpolitisch und durchaus parteiübergreifend (sieht man mal von der FDP ab) endlich Maßnahmen erörtert, welche dem Wohnbedürfnis der überwiegenden Mehrheit der Stadtbewohner nach bezahlbaren Wohnungen entsprechen. Geradezu paradigmatisch: Es geht dabei bezeichnenderweise oft um den Bodenbesitz!
Diesbezüglich herrscht in der Schweiz schon längst ein nicht zu übersehender Notstand.
Ihre Definitionsanstrengungen zum Begriff "Neoliberal" sind etwas dürftig, teilweise einfach unrichtig.
Was die Freiburger Schule betrifft, hat sie mit dem, was heute als "Neoliberalismus" verstanden wird - der Begriff hat sich im Laufe der Jahrzehnte inhaltlich schlicht gewandelt - nämlich einem schlichten Marktradikalismus, nichts zu tun. (Und auch sehr wenig mit Hayek, dem einen "Vater" der urspünglichen Begriffs). "Neoliberalismus" ist im Konzept heute das theoretische Gebäude für jenen Marktradikalismus, der behauptet, es brauche keinen Sozialstaat, es brauche an sich überhaupt keinen Staat - ausser für die "Sicherheit" (lange Zeit "radikal" vertreten durch die Chicago-Boys, u.a. von Fridmann).
Die Freiburger Schule ihrerseits war stark geprägt von einem Begriff, den man dort selbst als den "Dritten Weg"verstanden hat - zwischen Marktradikalismus und totaler Staatsintervention. Ein Weg, der einen starken Staat brauchte, um dem Markt die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten - also etwa mit machtvollen Kartellbehörden!
Zu Erhard:
Er war jahrelang der Wirtschaftsminister von Adenauer. Sein Konzept der sozialen Marktwirtschaft geht nur zu einem Teil auf die Freiburger Schule zurück (Kartellrecht beispielsweise, Ordnunggsrecht für Zahlungsabwicklungen usw.), zu einem gewichtigen Teil aber auf die "soziale Marktwirtschaft" von Müller-Armack. Erhard hat nicht "in den Sechzigerjahren" diese soziale Marktwirtschaft eingeführt, sondern zur Währungsreform in Westdeutschland 1948. Als Kanzler ist Erhard gerade wirtschaftspolitisch gescheitert - wie Sie wissen könnten, aber offenbar überhaupt nicht wissen.
Ihre massiven Ungenauigkeiten sind das eine. Ihr Tonfall gegenüber Mitkommentatoren ist das andere. Und dass sie dann gleich noch den "Sozis" eins auswischen und denen irgend etwas ans Bein zu schmieren versuchen, ist typisch. Mit demThema hat's inhaltlich nichts zu tun. Mit den Sozis in ganz Westeuropa seit Jahrzehnten (seit den Fünfzigerjahren nämlich) ebenfalls nicht. Mit Ihrer Qualifikation offensichtlich sehr viel.