Baschi Dürr: Der Mann mit Ambition

Baschi Dürr hat Biss, am Rednerpult ebenso wie beim Verfolgen seiner politischen Laufbahn. Niederlagen erlaubt er sich keine.

Baschi Dürr, Herbst 2016

(Bild: Alexander Preobrajenski)

Baschi Dürr hat Biss, am Rednerpult ebenso wie beim Verfolgen seiner politischen Laufbahn. Niederlagen erlaubt er sich keine.

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Ob in ein ausgeleiertes Sweatshirt und Laufschuhe gewandet oder in feinem Anzug: Baschi Dürr ist ein Athlet. Der 39-Jährige liebt den Wettstreit, beim Joggen am Rhein ebenso wie auf dem Diskussionspodium. Er liebt den Widerstand. Und er liebt es, diesen Widerstand Schritt für Schritt, Argument für Argument zu brechen.

Öffentliche Auftritte von Dürr, Vorsteher des Justiz- und Sicherheitsdepartements (JSD) und aussichtsreicher Kandidat für das Regierungspräsidium, sind Lehrbuchbeispiele für brillante Redekunst.

Dürr kennt jeden Trick und jeden Kniff. Er lässt sich nicht in die Enge treiben und ist ein herausfordernder Interviewpartner.

Eine unliebsame Frage? Dürr bleibt bei seiner vorbereiteten Botschaft, weicht nicht ab von seiner gedanklichen Stichwortliste. Wer nachhakt, hört vor allem ein Wort: «noonemool».

Eine Gegnerin fällt ihm ins Wort? Dürr hört nicht auf zu sprechen, bis der anderen Seite die Luft ausgeht.

Eine argumentative Unschärfe oder Unsicherheit? Dürr lässt beim Gegenüber keine Zweifel daran, dass er den Moment der Schwäche bemerkt hat und diesen Vorteil irgendwann ausspielen wird.

Baschi Dürr, Herbst 2016

Heute hat sich Dürr an diese Exponiertheit gewöhnt. «Als Politiker muss man Kritik an der eigenen Person ernst nehmen, nicht nur, weil man wiedergewählt werden will. Doch wenn die Kritik zur Häme wird, sollte man nicht mehr jedes Wort auf die Goldwaage legen.»

Er polarisiere wohl und sei eher direkt. Deshalb biete er mehr Angriffsfläche. «Was mich manchmal überrascht, ist die starke Personalisierung. Es ist doch grotesk, wenn jede Parkbusse mit mir in Verbindung gebracht wird.»

Fast könnte man sogar den Eindruck gewinnen, dass Dürr die Exponiertheit zuweilen geniesst und Kraft schöpft daraus. Als er sich vor zwei Jahren an einem TagesWoche-Podium zur sogenannten Pappteller-Affäre einer aufgebrachten Zuschauermenge gegenüber sah, schien Dürr aufzuleben, je stärker sich die Stimmung gegen ihn richtete.

Weshalb also sucht Dürr nun den Absprung aus dem JSD? Warum will er vom politisch exponiertesten Departement ins eher repräsentative Präsidialdepartement wechseln?



Baschi Dürr, Herbst 2016

Im Amt des Regierungspräsidenten sieht Dürr die Möglichkeit, wieder verstärkt über «das grosse Ganze» nachzudenken. (Bild: Alexander Preobrajenski)

Der Athlet unterscheidet sich vom Hobby-Sportler darin, dass er Bequemlichkeit meidet und den Stillstand ablehnt. Dürr hat Ambitionen.

Er machte nie einen Hehl daraus, dass er sich auch für fähig hält, Bundesrat zu werden. Stufe für Stufe erklomm er die Karriereleiter, geradlinig und zielbewusst.

Zweite Plätze passen nicht in diese Biografie. Deshalb will Dürr es noch einmal versuchen. Er will die einzige grosse Niederlage aus seiner Politikerlaufbahn tilgen und durch einen Sieg überschreiben. Er will vom Volk zum Regierungspräsidenten gewählt werden, um endlich auch diesen Sieg zu seinem Palmarès hinzufügen zu können.

Im Spätherbst 2012 war es der Grüne Guy Morin, der ihn beim Rennen um das Amt des Regierungspräsidenten abhängte. Fast 6000 Stimmen lagen zwischen den Kontrahenten. Ausgerechnet Morin, ungelenker Redner und wenig weltmännisch im Auftritt, kam beim Stimmvolk besser an als der gewiefte Rhetoriker und Erfolgsmann Dürr.

Dürr, dem Athleten, wird die Luft so schnell nicht ausgehen.

Das Amt des Regierungspräsidenten sieht Dürr als Chance, wieder mehr über das «grosse Ganze» nachdenken zu können. «Als JSD-Vorsteher bin ich 98 Prozent Führungskraft und 2 Prozent Regierungsrat.»

Die Gesamtregierung trete heute noch zu wenig strategisch auf. «Die Aufgabe des Regierungspräsidenten sollte es sein, dafür zu sorgen, dass sich das Gremium auch Fragen stellt, die über das Tagesgeschäft hinausgehen. Wohin wollen wir mit diesem Kanton?»

Dürrs Chancen, ins Präsidium gewählt zu werden, stehen gut. In dieses Rennen startet er als Favorit. Doch was, wenn er doch unterliegt? Dürr wird die Luft so schnell nicht ausgehen.

Was beschäftigt die Bevölkerung aus Ihrer Sicht am meisten?
Als reiche, aber wirtschaftlich nur langsam wachsende Gesellschaft stellt sich bei vielen die Frage: «Is the best still to come?» Dies führt zu einer gewissen Verunsicherung, was sich etwa in der Umverteilungs-, Sicherheits- oder auch Umweltdiskussion niederschlägt.

Wieso sollte man ausgerechnet Sie wählen?
Ich kandidiere als Regierungspräsident, weil ich mich für den Kanton als Ganzes engagieren möchte. Nutzen wir unsere grossen Stärken und einmaligen Chancen – statt die Erfolgsfaktoren einer freien Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung immer wieder infrage zu stellen. Ich möchte Basel-Stadt strategisch weiterbringen. Vier Jahre Erfahrungen im führungsintensiven Justiz- und Sicherheitsdepartement unterstützen mich auf diesem Weg.

Welches Buch liegt auf Ihrem Nachttisch?
«A Contested Nation» von Oliver Zimmer – und zumeist ein Comicheft.

Steckbrief

Geboren: 7. Februar 1977.
Politische Laufbahn: 2003 bis 2013 Mitglied des Grossen Rats (seit 2006 Präsident der Finanzkommission), 2012 Wahl in den Regierungsrat (seit 2013 Vorsteher des Justiz- und Sicherheitsdepartements Basel-Stadt).
Beruflicher Werdegang: Wirtschaftsstudium (lic. rer. pol. Universität Basel), verschiedene Tätigkeiten in den Bereichen Medien und Kommunikation (u.a. «Neue Zürcher Zeitung», Roche-Gruppe, Farner Consulting).
Familiäres: Zwei Söhne, wohnt im Wettsteinquartier.

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Die TagesWoche porträtiert während dem Wahlkampf alle bisherigen Regierungsräte und neuen Kandidaten. Bereits erschienen: Eva Herzog, Conradin Cramer, Lukas Engelberger, Christoph Brutschin, Lorenz Nägelin, Heidi Mück, Hans-Peter Wessels, Christian Mueller, Elisabeth Ackermann und 
Baschi Dürr (FDP).
Damit ist die Porträtserie zu den Regierungsratswahlen beendet. 

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