CVP-Strahlemann auf der Suche nach der Erfolgsstory

Lukas Engelberger machte in seinen zwei Jahren als Basler Gesundheitsdirektor eine Politik der kleinen Schritte. Nun steht die Spitalplanung mit Baselland an. Es soll die grosse Erfolgsgeschichte des CVP-Strahlemanns werden.

Der Gesundheitsdirektor posiert im Eingangsbereich des Kinderspitals.

(Bild: Alexander Preobrajenski)

Lukas Engelberger machte in seinen zwei Jahren als Basler Gesundheitsdirektor eine Politik der kleinen Schritte. Nun steht die Spitalplanung mit Baselland an. Es soll die grosse Erfolgsgeschichte des CVP-Strahlemanns werden.

Lukas Engelberger weiss, was ihm gut ansteht. Ob wir die Fotos nicht draussen machen möchten, fragt er. Mit dem Universitäts-Kinderspital im Hintergrund; dem Prestigebau, den Baselland und Basel-Stadt 2010 gemeinsam verwirklichten. 

So sieht sich Engelberger am liebsten: als Gesundheitsdirektor, der die Spitäler vereint. Für das Foto ungeeignet, sagt der Fotograf. Enttäuscht stellt sich Engelberger vor die weisse Wand im Eingang des Kinderspitals und zieht angestrengt die Mundwinkel hoch.

Engelberger ist seit zwei Jahren Vorsteher des Basler Gesundheitsdepartements. Das bedeutet: komplizierte Tarifsysteme, undurchsichtige Interessenverbindungen und milliardenschwere Player; in diesem Umfeld muss sich der Gesundheitsdirektor zurecht finden. Er habe sich bereits einen guten Überblick verschafft, sagt Engelberger, der bis 2014 bei Roche tätig war und dessen Ehefrau als Ärztin arbeitet – bis Ende August noch als Oberärztin am Kantonsspital Baselland.

Bloss nicht auffallen – so könnte man den Eindruck gewinnen – ist Engelbergers Devise.

Engelberger ist einer, der sich nicht in den Vordergrund drängt. Seit er 2014 als Nachfolger von Carlo Conti (CVP) in den Regierungsrat gewählt wurde, blieb er farblos. 

Arbeit gäbe es genug für den CVP-Strahlemann: Der Kanton Basel-Stadt hat seit Jahren die höchsten Gesundheitskosten und Prämien. Und was tut der Gesundheitsdirektor? Er produziert Präventionsvideos für den Umgang mit Hunden («Du & Hund»), organisiert WGs für Studenten und Rentner («Wohnen für Hilfe») und finanziert sechs Praxisassistenzen in Basel-Stadt, um Hausärzte zu entlasten.

Es ist eine Politik der kleinen Schritte. Bloss nicht auffallen – das, so könnte man den Eindruck gewinnen, ist die Devise von Engelberger.




Zusammen mit seinem Baselbieter Amtskollegen, Thomas Weber, plant Engelberger den Durchbruch in der bikantonalen Spitalplanung. (Bild: Alexander Preobrajenski)

Diese Devise zeigt sich auch beim Cannabis-Pilotprojekt, an dem sich Basel-Stadt beteiligt. Während Genf und Zürich vorangehen und in den Apotheken Cannabis an Kiffer abgeben, testet man in Basel das Betäubungsmittel mit einigen Kranken. Selbstmedikation – mehr will Engelberger nicht wagen.

«Der enge Fokus dieses Projekts hat mit einer gewissen Vorsicht zu tun», sagt Engelberger. Die Abgabe an Jugendliche beispielsweise sei für ihn nicht ganz unproblematisch. Er möchte nicht provozieren, wichtig sei, seriös vorzugehen, sagt Engelberger – CVP-Politik «at its best».

Spitalplanung auf Augenhöhe

Seine Zurückhaltung steht zwar grossen Schritten im Weg – sie hat aber auch Vorteile: Bei der Spitalplanung mit Baselland wird Engelberger das zugetraut, was seine Vorgänger verpassten: eine konstruktive Lösung mit dem Partnerkanton.

Engelberger und sein Baselbieter Amtskollege Thomas Weber (SVP) agieren auf Augenhöhe – was bei Conti und dem verstorbenen Peter Zwick (CVP) nicht der Fall war. Hier der Basler Charakterkopf, dort der ausdruckslose Baselbieter. Weber und Engelberger hingegen, gleichermassen unscheinbar in ihrer Erscheinung, könnten das neue Dream Team im Gesundheitsbereich werden.

Den grossen Wurf in der Spitalplanung wollen die beiden noch im September präsentieren – just ein paar Wochen vor den Regierungsratswahlen. Es ist das Projekt, auf das Engelberger seit knapp zwei Jahren hinarbeitet. Es soll seine Erfolgsstory werden.

Humorvoller Typ

Der 41-Jährige erscheint als Regierungsrat zwar blass, privat sei er jedoch ein humorvoller Typ, sagen Leute, die ihn seit Jahren kennen. Nach dem zweiten Bier könne er eine ganze Abendgesellschaft unterhalten. Der Grund für seine Reserviertheit als Regierungsrat liegt wohl im Respekt vor dem Amt. Er will einen guten Eindruck hinterlassen und in Harmonie regieren.

So stört es ihn auch nicht, als «ausgeprägter Pro-Europäer», als den er sich bezeichnet, mit einem SVP-Kandidaten für das bürgerliche Viererticket zu posieren. «Die Differenz in der Europapolitik ist offensichtlich», erklärt Engelberger, der einst flammender Befürworter eines EU-Beitritts war. Regierungsratswahlen seien jedoch auch Persönlichkeitswahlen. Und deshalb habe er «überhaupt keine Probleme, mit Lorenz Nägelin in einem Team aufzutreten».

Überhaupt steht der CVP-Mann in manchen Fragen – etwa in der Velo-Politik – näher bei Rot-Grün, als beim bürgerlichen Quartett. Engelberger sieht das anders. Er sei nun mal Velofahrer! «Meine bürgerliche Einstellung sieht man vielmehr an der Frage, wo Entscheidungen fallen sollen: Ich als CVP-Politiker finde, der Einzelne soll möglichst viele Entscheidungen treffen. Sobald dieser überfordert ist, müssen Gemeinden, Kantone, der Bund und irgendwann auch internationale Institutionen Entscheidungen treffen.»

Was beschäftigt die Bevölkerung aus Ihrer Sicht am meisten?
Dass unsere offene, liberale Gesellschaft durch terroristische Attacken infrage gestellt wird.

Wieso sollte man ausgerechnet Sie wählen?
Ich konnte mich in den letzten zwei Jahren in die Gesundheitspolitik einarbeiten und möchte meine Ziele – unter anderem die gemeinsame Spitalplanung mit Baselland – auch in der kommenden Legislatur im Regierungsrat umsetzen.

Welches Buch liegt auf Ihrem Nachttisch?
«Feuernacht» von Yrsa Sigurdardottir – es hilft mir hoffentlich, die Ferienstimmung nach unserer Islandreise etwas zu verlängern.

Steckbrief:

Geboren: 1975
Werdegang: Studium der Rechtswissenschaften, Erwerb des Anwaltspatents, Promotion, Unternehmensjurist bei Hoffmann-La Roche (2003–2014). 2004 in den Grossen Rat gewählt, Präsident der Wirtschafts- und Abgabenkommission, 2014 Wahl in den Regierungsrat.
Familiäres: Engelberger ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Er ist der Neffe von Ex-Nationalrat Edi Engelberger. Seine Frau arbeitet noch bis September 2016 als Oberärztin am Kantonsspital Baselland. Danach macht sie sich selbstständig. Die Familie lebt im Gundeli.

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Die TagesWoche porträtiert während dem Wahlkampf alle bisherigen Regierungsräte und neuen Kandidaten. Bereits erschienen: Eva Herzog, Conradin Cramer, Lukas Engelberger, Christoph Brutschin, Lorenz Nägelin, Heidi Mück.
Demnächst im Porträt: Hans-Peter Wessels (SP).

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