Na, da erwarten die (wir) Berliner in Schwierigkeiten!
Immerhin: Ein Größenvergleich relativiert denn doch ein wenig:
http://www.bvg.de/index.php/de/3721/name/Bus.html
Zudem ist die BVG (Berliner Verkehrsgesellschaft) keineswegs für den desolaten S-Bahnverkehr in Berlin verantwortlich, sondern die Deutsche Bahn. Dass bei der Berliner S-Bahn Zugausfälle wegen erkranktem Personal alltäglich sind, hat nichts mit der Personalpolitik des BVG zu tun.
Die BVG ist ein rein kommunales Unternehmen und funktioniert mit U-Bahnen, Strassenbahnen und Bussen sowie Fährschiffen über Spree oder Wannsee sehr zuverlässig, wenn ich das aus eigener Erfahrung mit Paris oder gar London vergleiche - aber auch mit Basels Tramverkehr so Handgelenk mal Pi feststellen darf.
Aber, liebe BVB: Was sagt denn Herr Mörgeli von der SVP zu Ihren Inseraten im "Tagesspiegel" ? Wenn ich da an seine öffentlich vorgenommenen Beschimpfungen deutscher Professoren, Ärzte oder sonstiger Fachkräfte denke! Und an die Jammerei, dass "Deutsche" das arme Schweizerland überfluten würden!
Rauchen kann tödlich sein.
Immerhin: Nichtrauchen kann auch tödlich sein.
Genauer: Nichtrauchende sterben genau so wie Raucherinnen und Raucher.
Es ist meiner Ansicht nach durchaus in Ordnung, dass in öffentlichen Räumen, angefangen von Schulen über jede Art von Büro bis hin zu Bahnen und beispielsweise auch Restaurants, in denen gegessen wird, das Rauchen untersagt wird.
Fraglich sind - ebenfalls natürlich nur meiner Absicht nach - verallgemeinerte "Rauchverbote", also etwa in Bars, an Tramhaltestellen, in "Fümoirs" und so weiter. Fraglich deshalb, weil solcherlei Maßnahmen respektive Vorschriften in keinem Verhältnis zum vorhersehbaren "Erfolg", nämlich der Abschaffung des Tabakkonsum quasi tel quel, stehen dürfte. Prohibition führt im Gegenteil sehr oft und nachweisbar zur Ausbreitung von
Suchtabhängigkeit gerade bei jenen, die man zu schützen vorgibt: Jugendliche, die einen natürliches Protestouting suchen, werden durch rigorose Verbotsmanieren geradezu eingeladen, ihren Freiheitsdrang, ihre Selbständigkeit, ihre Selbstverwirklichung mit der Umgehung von Verboten sowohl auszuprobieren als auch zu manifestieren. Man kann solcherlei im Geburtsland der Raucherverbote, den USA, an jeder Strassenecke beobachten,wenn man die Augen offenhält.
Natürlich ist der Tabakgenuss risikobehaftet. Genau so wie jeglicher Drogenkonsum, also etwa jeglicher Alkoholkomsum, der versteckte Zuckergenuss ( o ja, genau den!) und so weiter.
Den eben genannten Risiken stehen Erkrankungs- und Mortalistätsstatistiken zur Seite. Für die Schweiz liefert das Bundesamt für Statistik ausführliches Datenmaterial, das zu studieren sich lohnt, zum Beispiel:
http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/14/02/05/key/01/02.html
Es scheint mir von Bedeutung zu sein, auf die Vergleichszahlen hinzuweisen: Die Statistik setzt die Krebstodesfälle jeweils auf ihr Verhältnis zur Bevölkerungszahl 100'000 fest. Zudem wird, soweit es das statistisch erfasste Material zulässt (nicht alle Kantone verfügen beispielsweise über ein so genanntes Krebsregister) zwischen indiziertem Krebs (was u.a. Behandlungen folgen lässt) und Mortalität (also Todesfälle aufgrund einer Krebserkrankung) unterschieden. Die veröffentlichten Zahlen erscheinen mir doch sehr ernüchternd. Und zwar unter Berücksichtigung, dass der Mensch sterblich ist.
An Krebs erkrankt sind in der Schweiz laut Bundesamt für Statistik zwischen 2005 und 2009 pro 100'000 Einwohner 445,5 Männer und 324,6 Frauen. Gestorben an Krebs sind im gleichen Zeitraum pro 100'000 Einwohner 185,1 Männer und 114,6 Frauen.
Die allgemeine Todesfallstatistik für 2009 sieht wie folgt aus: Pro 100'000 Einwohner starben in jenem Jahr in der Schweiz insgesamt 571,0 Männer und 385,0 Frauen. Mit anderen Worten: 385,9 Männer pro 100'000 Einwohner und 270,4 Frauen pro 100'000 Einwohner sind an anderen Ursachen als einer Krebserkrankung gestorben.
http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/14/02/04/key/01.html
Man vergleiche - bei der Rubrik "Männer" -
die Mortalitätsrate bei "Lungenkrebs" und bei"Unfälle und Gewalteinwirkung"!
Lungenkrebs, 2009, Mortalitätsrate bei Männern: 39, 6;
Unfälle und Gewalteinwirkung: 49.6.
Mit diesem Ausflug in Statistisches will ich Krebserkrankungen und deren Folgen keineswegs kleinreden. Ich bin selber davon betroffen. Ich möchte allerdings eine in Sachen Tabakgenuss längst in halb- oder ganzreligiös ausstaffierte Ideologiegläubigkeit abgeglittene Parolentätigkeit vieler radikaler Rauchverbotsforderer hinweisen. Wie in diesem Stream bereits angedeutet wurde: Was ist denn im Zusammenhang mit dem Lungenkrebs oder insgesamt der Atmungsorgankrebserkrankungen mit den Autoabgasen, mit Industriesmog (dem gerne versteckten, nicht diskutierten), mit Strahlungen aller Art usw. ?
Rauchverbotsbefürworter treten gerne moralisierend auf. Ist solcher Auftritt wirklich berechtigt ? Weshalb wird dem Feinstaub, verursacht etwa durch die so genannte "Mobilität-Freiheit", nicht mindestens die gleiche Aufmerksamkeit gewidmet ?
Schliesslich eine letzte Bemerkung: Prohibition in den USA und von den dortigen Behörden global verlangt hat bereits beim Versuch, den Alkohol zu verbieten, Mafiastrukturen geschaffen, die man weder in den USA noch sonstwo (man denke an Mexiko, an Kolumbien, an Afghanistan und an all die Metropolen und ihre sozialen Probleme usw.) seither bändigen konnte. Die gesundheitlichen, sozialen und rechtlichen Risiken und Schäden, welche dem prohibitiven Gedankengut auf dem Fuss folgen, sind unermesslich.
Ihre Linkliste ist beeindruckend, auch wenn sie für in Deutschland lebende Zeitgenossen mit einigermassen intaktem Sinn für Nachrichtenhintergründe weder neu noch überraschend ausfällt.
Nur:
Sie hat mit der offensichtlich nach wie vor sehr aktiven Steuerhinterzieher- und Steuerbetrugsunterstützung schweizerischer Banken für schwerreiche deutsche Staatsbürger sachlich nichts zu tun.
Deutschland ist - genau so wie die Schweiz - ein souveräner Staat. Die deutsche Steuergesetzgebung geht weder "die" Schweiz noch Schweizerinnen und Schweizer, welche in der Schweiz leben und in Deutschland oder der EU keine Geschäfte betreiben, irgend etwas an. Jene Schweizerinnen und Schweizer, welche im Ausland Geschäfte betrieben, müssen sich selbstredend an die "ausländischen" Steuergesetzgebungen halten - was ja auch umgekehrt gilt, bis ins Detail von AHV, IV oder eben Einkommenssteuer für Migranten in der Schweiz.
Dass die Schweiz als Staat eine Gesetzgebung kennt (oder genauer: bis vor kurzer Zeit kannte), welche schweizerischen Banken, Anwälten, Stiftungen (mitsamt Scheinstiftungen) und reichen Migranten sonder Zahl sowie so genannten Holdinggesellschaften oder auf viel Spekulation begründeten Rohstoffhändlern (etwa Glenco) ermöglichte, wohl weit mehr als 1000 Miliarden € Schwarzgeld jeglicher Art und Herkunft in der Schweiz zu "bunkern", ist eine interne Angelegenheit "der" Schweiz. Der Staat Schweiz ist allerdings auch für die Folgen dieser "Gewährungspolitik" schlicht und ergreifend souverän, das heisst für sich selbst verantwortlich.
Dass sich andere Staaten die jahrzhehntelang betriebene Schwarzgeldstrategie dieses einen Staates, der Schweiz - USA, Frankreich, Großbritannien, Italien, die EU, die OECD usw., auch Deutschland - nicht einfach mehr gefallen lassen wollen, ist deren Angelegenheit. Aus der Sicht der um Steuermilliarden geprellten Staaten handelt "die" Schweiz unter anderem auch völkerechtswidrig, weil sie Steuerbetrug, also massive Kriminalität, mit Begriffen wie "Bankgeheimnis" oder "Bankkundengeheimnis" vor berechtigter Strafverfolgung schützt und solcherlei auch noch aktiv zu unterstützen scheint.
Darum geht es.
Es geht um Steuergerechtigkeit in souveränen Staaten wie Deutschland, Frankreich, Italien, USA usw. Und es geht beispielsweise um OECD-Richtlinien im Bereich des Begriffs "Weissgeld", deren Charakter mindestens völkerrechtlich bindend ist, wenn "man" als souveräner Staat in der internationalen Handels- und Zahlungsclearing-Rechtssetzung mitmachen will.
Kurz:
Ihre Ausführungen sind zwar in sich vermutlich weitherum richtig, sie beinhalten meiner Ansicht nach auch berechtigte Kritik an der Politik von SPD und Grünen. Aber mit dem so genannten Steuerstreit zwischen Deutschland (und, man muss es schon betonen, den USA, Frankreich usw.) haben sie nichts zu tun.
Was verstehen Sie im Zusammenhang mit Steuerhinterziehung und Steuerbetrug unter "wissenschaftlich nachgewiesen" ? Wollen Sie festhalten, dass es keine sicher quantifizierten Angaben über hinterzogenes, also den jeweiligen Staat nach dessen Gesetzen betrogenes Steuersubstrat gibt ? Nun, das ist dann aber eine ziemlich banale so genannte Binsenwahrheit. Natürlich gibt es weder eine makro- noch eine mikroökonomische Evualisierung, weil der ganze globalisierte Finanz"markt" derart intransparent ist, dass jegliche Quantitätsaussage vorderhand seit Jahr und Tag bloss immer auf Schätzung, vornehmer (respektive "wissenschaftlicher") ausgedrückt auf extrapolarisiertem Datenmaterial beruht.
Aber auch diesbezüglich gilt:
Was Deutschland mit solchen Extrapolarisationen macht, ist nicht Sache irgendwelcher schweizerischer Banken oder gar der schweizerischen Politik, sondern allein Sache deutscher Institutionen. Wenn schweizerische oder deutsche politische, finanzpolitische oder rechtspolitische Unternehmungen vertraglich geregelte zwischenstaatliche oder internationale, vornehm oder wissenschaftlich ausgedrückt bilaterale oder multilaterale und damit völkerrechtlich zu Stande gekommene Abkommen betreffen, ist es Sache der betroffenen Staaten, diese anzuwenden.
In den Jahrzehnten seit dem 2. Weltkrieg hat sich allerdings bezüglich zwischenstaatlicher Verhältnisse sehr vieles auch grundsätzlich verändert. In Europa ist es offensichtlich, dass die EU nach und nach Rechtsvereinheitlichungen auf zahlreichen Feldern der Rechtsstaaten, die EU-Mitglieder sind, koordiniert, gleichgestellt und im Vollzug vereinheitlicht hat. Dies wird zunehmend parlamentarisch durch das EU-Parlament kontrolliert.
Wäre die Schweiz Mitglied der EU, könnte sie mitbestimmen (man denke da an die Einstimmigkeit, welche in der EU nach wie vor Gültigkeit hat). Da sie nicht Mitglied ist, und zwar aus durchaus eigenem Antrieb, muss sie in Kauf nehmen, trotz bilateraler Verträge mit der EU in Fragen, welche innerhalb der EU noch nicht vereinheitlicht geregelt sind, also etwa dem Steuerrecht, immer wieder auf ganz verschiedenen Hochzeiten mit denselben Regierungen verhandeln zu müssen, mit denen sie indirekt in Brüssel verhandeln muss, nur eben mal multinational, mal binational. Wie viel einfacher haben es gerade auch in Steuerfragen (Schlupflochstrategien) da EU-Staaten wie Luxembourg, Österreich oder beispielsweise auch Deutschland oder Dänemark.
Das zum einen.
Eine zweite Bemerkung:
Als Auslandschweizer fällt mir auf, wie sich der Grundton schweizerischer Aussendarstellung aus der Schweiz heraus in den letzten Jahren verändert hat. Ich stelle dies beispielsweise gerade auch in Leitartikeln der NZZ fest. Waren diese bis vor wenigen Jahren von einem geradezu unübersehbaren Besserwissen, was weltweit richtig oder falsch sei, beherrscht, so sind sie nun oft Ausdruck von einer fortgesetzten Jereminade über die böse Aussenwelt, welche der funktionierenden Schweiz von Neid getrieben von einem Offenbahrungseid zum nächsten treibe. Dass solcherlei mit der zunehmenden Vernetzung auch globaler Wirtschaft (und eben nicht nur globaler Finanz"märkte) zu tun haben könnte, fällt vielen Schweizerinnen und Schweizern nicht auf. Und es fällt ihnen vor allem nicht auf, dass dieser unübersehbare globale Transformationsprozess in anderen Ländern zu intensiven landesinternen Diskursen führt, beispielhaft gerade auch in Deutschland. Man geht dann als Schweizer - Sie führen dies hier paradigmatisch vor - hin und googelt fleissig etwa im deutschsprachigen Nachrichtenangebot herum, findet selbstredend jede Menge zu Kritisierendes an der deutschen Politik und schliesst daraus: Die sind ja nicht besser als wir.
Dass "die" Deutschen vielleicht gar nicht annehmen, sie seien "besser" als "die" Schweizer, kommt ihnen aber nicht in den Sinn, obwohl genau diese Feststellung eigentlich auf der Hand liegt, weil es dazu ja so viel Gegoogeltes gibt - was Sie in Ihren beiden Postings immerhin ausführlich genutzt haben.
Kurz:
Es würde "der" Schweiz meiner Ansicht nach gut tun, sich endlich intern in jene Diskussionen zu begeben, die mit ihrer unmittelbaren und mittelbaren Umwelt zu tun haben. Da geht es mittelfristig gesehen durchaus um Existentielles.
Dieses "Megathema" zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass es "globalisiert" ist wie kaum ein anderes Phänomen der Jetztzeit - sieht man mal von den so genannten "Finanzmärkten" ab. Natürlich kann man in der Schweiz mit einer Arbeitsgruppe anfangen und mit deren Arbeitsergebnissen Gesetze schaffen und Verordnungen anhängen und Inspektoren beschäftigen und und..., Abschaltungen, Ausgrenzungen vornehmen - bis solche dann wieder durch Updateprozesse überwunden sein werden, was nicht Jahre oder Monate, sondern allenfalls ein paar Stunden Aufwand erforderlich machen dürfte: Wahrlich ein weites Feld für allerlei Advokaten und auch, leider, für Künstlerinnen und Künstler.
Dabei geht es bei genauerem Hinschauen durchaus nicht um die Frage, wem ein Musikstück oder ein Filmwerk, ein Bild oder ein Text gehört, ob dem Künstler oder dem Produzenten. Meistens gehören Kunsterzeugnisse jeglicher Art sowieso durchaus intransparenten "Gesellschaften", also der Produzenten-, der Verleger- und der Galerieseite. Künsterlinnen und Künstler spüren diese Besitzverhältnisse nicht erst seit Internetzeiten. Ich möchte beispielsweise an Versuche wie "Autorenfilmverleih" oder "Autorenverlag" erinnern, Selbständigkeitsversuche, welche in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts überall auftraten - und wieder verschwanden. Da nützt auch die Anwendung spitzzüngiger Betroffenheitsjammerei nichts, wie sie auch früher nichts gebracht hatte.
Vor allem aber: Wie soll ausgerechnet "die Schweiz", nicht mal in den EU-Rechtsprozessen, geschweige denn in jenen der USA oder Chinas usw. eingebunden, quasi weltweit "wirken" ? Alleine, als SVP-souveräner Staat, geht solcherlei schlicht und einfach nicht. Es kräht im globalisierten Dorfmarkt kein Hahn nach ihr.
Daraus schliesse ich: Das Megathema von Frau Somaruga ist ein EU- respektive eine OECD-, respektive eine UNO-Thema. Und es zeigt sich dann sehr rasch, dass ohne Mitmachen in all diesen supranationalen Einrichtungen nichts geht.
"Die beschränkten Kapazitäten seien ausgelastet durch eine "grosse Zahl von Personen, die keinerlei Anspruch auf Asyl haben". Deshalb fehle der Spielraum für echte humanitäre Aktionen, teilte die SVP mit."
Man muss es der SVP lassen: Sie lässt keinen Anlass aus, um sich als Spezialistin für Xenophobes am Stammtisch in Szene zu setzen.
Ob das, was ihre Medienmitteilungen "hervorheben", mit der Realität, also im konkreten Fall mit der so genannten "Aufnahmekapazität" für Asylsuchende in der Schweiz zu tun hat, spielt offensichtlich keine Rolle. Muss es aus SVP-Logik heraus betrachtet auch gar nicht. Denn es geht nicht um irgend eine realpolitische oder realrechtliche Stellungnahme, sondern um die Benutzung gewisser Begriffe, deren ungenau-schwabbliges Etwas sich für politgeplapperte Verallgemeinerungen eignet. "Asyl", "Asylbewerber" und daraus in SVP-Eigenleistung abgeleitet "Asylmßbrauch" sind seit Jahren fester Bestandteil der SVP-Rhetorik, genauer: begrifflicher und semantischer Bestandteil ihrer Neigung, statt Argumente vorzutragen mal eben am Rande des Anständig-Unanständigen etwas zu hetzen, biedermeierisch versteckt hinter "die Schweiz", oder "der Souverän", am häufigsten mit "das Volk".
Sobald etwa der Begriff "Asyl" auftaucht, setzt die SVP ihre Wortmaschinerie in Bewegung und ist "dagegen". Gegen was auch immer, sie ist erst einmal "dagegen". Im konkreten Fall ist sie zwar laut ihrer Medienveröffentlichung scheinbar nicht grundsätzlich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem syrischen Bürgerkrieg. Aber sie erklärt, dass es - das "leider" verkneift sie sich logischerweise selbstredend - wegen der grossen Anzahl von Scheinasylanten in der Schweiz
- welche durch die "verfehlte" Asylpolitik überhaupt erst im Land angekommen seien -
keine Aufnahmekapazität für Notfälle gebe.
Ein wunderbares "Argument". Man sollte es schon etwas genauer bedenken:
Um ein nachvollziehbares Bild zu schaffen und zu bedenken:
Ein Erdrutsch zerstört ein Urner Bergdorf. Neben vielen, die diesen Erdrutsch nicht überlebt haben, sind einige Dutzend Dorfbewohner ohne Wohnraum, ohne Nahrungsmittel, ohne Geld, auch, weil alle ihre Identifikationsunterlagen verschüttet worden sind. Nun ist es leider so, dass die kantonalen und schweizerischen Behörden keine Budgetmittel zur Verfügung haben, auch keine leerstehenden Wohnräume, kein Hilfspersonal, um Hilfestellungen vornehmen zu können. Deshalb teilen sie mit: Die nicht budgetierte Katastrophe übersteigt unsere Arbeitseinsatz- und Finanzkapazität, deshalb müssen wir deren Opfer ihrem Schicksal überlassen. Wir tragen für diese Nichtleistung allerdings keine Verantwortung, schliesslich haben wir immer darauf hingewiesen, dass es in den Alpen Bergrutsche geben kann. Die Leute, welche geschädigt worden sind, passen nicht in unser souverän erstelltes Budget. Tut uns leid, aber da können wir nun mal nichts machen. Zudem haben wir immer gesagt, dass wir gegen Subventionen im Alpenraum sind, weil solcherlei nur dazu führt, dass dort noch Leute leben. Wir haben also recht behalten. Amen.
Dieses Bild, mit einem Beispiel, dessen Anwendung für ihre Rhetorik die SVP natürlich sofort beleidigt weit von sich weisen würde, enthält die Bestandteile jener Art von unterschweliger Dauerhetze, welche von Seiten der SVP gegen Hilfe für Hilfsbedürftige, vor allem aber gegen einen Rechtsanspruch auf Hilfe für Hilfsbedürftige ununterbrochen in die publizierte Öffentlichkeit getragen wird.
Abgesehen vom eklatanten Mangel an Empathie für Notfälle verweist dieser Umstand auf schlichte Unanständigkeit, welche die SVP wohl als "schweizerisch" und "vom Volk getragen" versteht. Und: Sie kommt davon längst nicht mehr los.
Einmal habe ich Harry Belafonte von Nahem erlebt. Es war anfangs September 1982, als die ein Jahr vorher von Eva Mattes und anderen gegründete Initiative "Künstler für den Frieden" gegen den Nato-Doppelbeschluss mit Hilfe des damals europaweit wohl wichtigsten Konzertagenten Rau (nicht mit dem Politiker Rau zu verwechseln) im Ruhrstadion in Bochum, das mit Zehntausenden Besuchern, Demonstranten, wenn man will, gefüllt war, ein Protest-Konzert veranstaltet hat.
Wer damals alles auftrat! Ich erinnere mich an die Bots, an Konstantin Wecker, an die tiefe Stimme von Mirjam Makeba, an Katja Epstein, an Nina Hagens Kreischen, an Hanns Dietrich Hüsch, der uns später sagte, er habe noch nie soviel Stille während einem seiner Auftritte erlebt wie im überfüllten Stadion. Udo Lindenbrg sang, Degenhardt, Bill Ramesey und so weiter. Und dann erschien Harry Belafonte auf der riesigen Tribüne. Er sang, nachdem er davon gesprochen hatte, es sei so viel für Gerechtigkeit, für Menschenrechte, für den Ausgleich in der Welt zu tun, dass aber die Nato-Nachrüstung genau diese permanente Arbeit verhindere. Und dann sang er seinen Schlager O Mister Tasliman...
Zusammen mit Martin Schubarth, seiner Frau und Jürgen von Tomeï konnte ich damals diese Demonstration vor Ort miterleben.
Danach trafen sich viele der Künstler in einem Saal des damaligen Hotels Novotel nahe beim Stadion. Mitten unter uns allen (also auch den sich dort aufhaltenden Nichtkünstlern) sass Harry Belafonte und widmete sich jedem der Gesprächspartner, die um ihn herumsassen oder standen so, als sei dieser sein einziger: Nachhaltig, nachfragend. Es strahlte eine Ruhe aus, die mir einen tiefen Eindruck hinterlassen hat. Neugierig stand ich in der zweiten oder dritten Reihe von ihm weg. Plötzlich zeigte er auf mich, fragte, woher ich denn käme, was ich arbeiten würde. Ich war derart erschrocken, dass ich kein Wort hervorbringen konnte, was er mit der Bemerkung versah, genau das sei ihm öfter dann geschehen, wenn er von Menschen, die er bloss aus dem Fernsehen oder Pressebildern gekannt habe, angesprochen worden sei. Danach konnte ich dann ein paar Sätze sagen. Die Sätze habe ich längst vergessen, auch seine Sätze, die er danach zu mir gesagt hat. Seine Augen, seinen Sprechstimmenklang, seine Ruhe werde ich nie vergessen.
für Ihre Antwort bedanke ich mich. Es ist schon so, dass die Lesbarkeit von Artikeln in einem Blogg von Verfasserinnen und Verfassern Entscheidungen erfordert, was man denn nun antönen will, was man vernachlässigen könnte und so weiter. Ein Artikel wird immer eine Verkürzung bleiben. Mehrere Artikel von mehreren Verfasserinnen oder Verfassern zu einem gewählten Thema aber können mindestens einzelne Aspekte eines "Problems", über das man schreibt, berühren.Nicht "lösen" oder gar in eine endgültige Festlegung führen, sondern "berühren" und in Kommunikation führen.
Ich habe Ihre Beschreibung sprachlicher Gewohnheiten in Ihrer alltäglichen Umgebung als Wissensgewinn wahrgenommen. In meiner Umgebung bestehen solche durchaus vielbedeutende sprachliche Reguliergewohnheiten selbstredend auch. Sie sind mir teilweise bewusst, undefiniert, rein gefühlsmässig. Ich nehme den Tonfall wahr, in dem mich jemand anspricht, ich sortiere Ernsthaftigkeit und Geschwätz quasi automatisch auseinander, ich erinnere mich nach Gesprächssituationen an Gesprächslinien, welche ich während des Gesprächs vielleicht gar nicht bemerkt habe.
Unter der Voraussetzung des eben Geschriebenen beschreibe ich - erst einmal für mich - Phänomene des sozialen, des wirtschaftlichpolitischen, des kulturellen Lebens in der Stadt, in der ich lebe.
Erst einmal:
Berlin ist derart komplex zu erfahren, dass es meiner Meinung nach keinerlei "Allgemeingültigkeit" gibt, welche einfach so gilt. Jede Festlegung über das Stadtleben ist eine Einschränkung.
Als Zuwanderer in Berlin, der keine sprachlichen Probleme hat, weil eben deutschsprachig, kann es mir passieren, dass ich trotzdem alltäglich mit sprachliche Problemen konfrontiert werde, weil ich jemanden kennen lerne, der beispielsweise vor allem Spanisch spricht. In Berlin begegne ich, ohne dass ich solches bewusst plane, oft einer Mehrsprachigkeit, welche kommunikativ nicht ohne weiteres mit Hilfe einer übergeordneten Hauptsprache, Deutsch, eingeebnet werden kann. Oft weicht man dann auf Englisch aus. Dabei gehen wichtige Zwischentöne verloren. Die "Fremdsprache" Englisch erscheint mir oft wie ein Vehikel, mit dessen Hilfe man sich zwar verständigen kann, aber auf einem ziemlich oberflächlichen, oft schlicht nichtssagenden, gar entpersönlichtem Niveau. Diese Beobachtung führt mich dazu, der Forderung nach totaler sprachlicher "Integration" mit Skepsis zu begegnen. Sprachliche Integration ist kaum ein allgemeiner Vorgang, den man bestellen kann, sondern ein gesellschaflticher Prozess, der vor allem viel Zeit braucht. Ehrlicherweise müsste man für Berlin festhalten, dass es auf Grund der Vielfalt von "Muttersprachen", welche in der Stadt gesprochen werden, eine multisprachliche Realität gibt, welche einfach existiert, ob man das nun wahrnehmen will oder nicht. Im meinem Alltag spielen dann häufig einerseits die deutsche Sprache in Form lernender Erweiterung durch ihre Benutzer und anderseits das Englische als Hilfssprache zur oberflächlichen Kurz-Verständigung sprachliche Hauptrollen. Daneben aber existieren zahlreiche andere Kommunikationsmittel respektive -Automatismen, welche meine Wahrnehmungen beherrschen: Bilder ganz allgemein, Ikonen der Werbung etwas spezieller, Musiksprachen, Kleidermoden und so weiter. Die meiner Ansicht nach sehr läppische Diskussion um das "Kopftuch" oder die "Burka" zeigt, dass gerade die äussere Erscheinung eines Menschen oftmals in uniforme Gleichschaltung gezwungen wird, Mode genannt. Wer sich nicht an solche Zwänge hält, und sei er rein körperlich nicht dazu in der Lage, fällt auf, wird als "Fremdkörper" wahrgenommen und abgelehnt.
Von wem abgelehnt?
Von der so genannten Öffentlichkeit. Die dann "Integration" ruft, die erklärt: Wenn Du schon hier leben willst, dann passe Dich gefälligst an.
In einer Stadt von der Grösse und der Vielfältigkeit Berlins spielen allerdings solche Reflexe alltäglich eine weniger ausschliessliche Rolle als in Kleinstädten, in Dörfern usw. Die vielen Eindrücke im großstädtischen Alltag werden kaum so verarbeitet wie dort, wo es weniger Eindrücke gibt, denke ich.
Hinter der Sprache, meiner Muttersprache konkret, steht natürlich die "Kultur", aus der sie stammt. An der Sprache hängt die Geschichte, hängt das Selbstwahrnehmungsbewusstsein, hängen die Träume...
In Berlin erfahre ich, dass Sprache erweiterbar ist, wenn ich mich nicht dagegen wehre, meine Umgebung als heterogen wahrzunehmen, sondern allenfalls als interessant oder, im guten Fall, als spannend, als bereichernd.
So viel für dieses Mal.
Mit freundlichem Gruß
Alois-Karl Hürlimann
wer sind "Amerikaner" oder gar "die" Amerikaner?
Genau so wenig wie "die Amerikaner" in der 27'000 Einwohner zählenden Stadt in Ohio, in der sie laut ihrem Artikel leben, "die" Amerikaner an und für sich ausmachen dürften, werden die Expat-Deutschen bei Ihnen "die" Deutschen schlechthin sein. Allenfalls sind Sie und Ihre Deutschen in Ihrer Stadt nahe Cleveland Menschen, welche sich auf ein Deutschland oder - welch Wort, ich weiss - ein Deutschtum verlassen, welches in Deutschland vielleicht gar nicht mehr so typisch ist, wie man es nach 16 Jahren Abwesenheit annimmt, verkörpern.
Ich bin "Schweizer", aber auch "Expat", denn ich lebe seit Jahren in Deutschland, in Berlin. Jedes Mal, wenn ich in die Schweiz reise, was etwa alle 6 Monate vorkommt, stelle ich fest, dass ich vieles, was dort gerade aktuell ist, worüber dort diskutiert wird, was meine Freunde dort bewegt, zwar durchaus wahrnehmen, aber häufig nicht auf Anhieb verstehen kann. Damit meine ich nicht bloss "Politisches" oder meinetwegen Geldgeschichten, "Fremdenangst" und dergleichen mehr, sondern ganz und gar Alltägliches. Ich stelle beispielsweise immer wieder fest, dass sich Alltagssprachliches verändert hat - so wie ich meine Alltagssprache im Lauf der Jahre mit Begriffen aus meiner Berliner Umgebung angereichert habe. Kurz: Meine Schweizer Mundart hat viele der im Verlauf der Jahre in der Deutschschweiz, genauer: in Basel angereicherten Begriffe nicht präsent, weil ich sie alltäglich wegen meiner Expat-Situation gar nicht aufnehmen konnte. Ein Beispiel für meine Abwesenheit ist der Begriff "Expat", dem man in der Berliner Alltagssprache nicht begegnet, in der Schweiz aber offensichtlich seit einiger Zeit sehr wohl. Mir ist dieser Begriff erstmals kürzlich bei der Lektüre eines Artikels der Tageswoche im Zusammenhang mit Entscheidungen des Regierungsrates von Basel-Landschaft über Spracherwerb für Migranten aufgefallen.
Was ich mit diesen Ausführungen zum Ausdruck bringen will:
Die Beobachtung Ihres Amerika ist geprägt durch Ihren Wohnort. Meine Beobachtungen zu Deutschland sind geprägt durch meinen Wohnort. Ihr Wohnort mag für Ohio repräsentativ sein, genauer, für eine Kleinstadt in Ohio. Mein Wohnort, Berlin, ist wohl nicht "typisch" für Deutschland, aber vielleicht "typisch" für eine europäische Metropole. Mich würde interessieren, wie die Bevölkerung Ihres Wohnortes zusammengesetzt ist. Gibt es dort auch lateinamerikanische Expats ? Chinesische, japanische, oder beschränkt sich dieser Bevölkerungsteil auf "Deutsche"? Gibt es ein Weiss-Farbiges Problemfeld, wie man es in den USA doch recht häufig beobachten kann? Wie steht es in Ihrer Stadt um die Auseinandersetzung über so etwas wie die "Schwulenehe" oder den privaten Waffenbesitz ? Wer regiert in Ihrer Stadt ?
Kurz: Ihr Artikel ist für einen interessierten Leser tatsächlich etwas gar oberflächlich. Vor allem, wenn man anderswo immer wieder liest, dass Ohio ein so genannter Swingstaat ist, wenn es um Wahlen geht. Da würde mich als Leser zum Beispiel das Erscheinen von Tea-Party-Leuten in lokalen Verhältnissen interessieren, um allenfalls diese ganze Bewegung etwas besser verstehen zu können...
In Syrien wird ein Krieg geführt, für dessen Eigenart es einen Begriff gibt: Bürgerkrieg.
Die (halb)globalisierte Mediennachrichtenwelt wird genau diesem Umstand bei weitem nicht gerecht. Die Nachrichtenquellen westlicher Medien sind seit Beginn dieses Krieges absolut unklar. Fake-Videos, die Tage nach ihrer Verbreitung deshalb, weil die angeblich getöteten Opfer in erneuten Videos plötzlich wieder als "Kämpfer" respektive erneut wieder als Opfer auftreten, existieren genau so wie die Nachrichtensperre des diktatorischen Regimes. Wer für wen ist, auf welcher Seite "die Bevölkerung" steht ? Nicht einmal über die Zusammensetzung der syrischen Bevölkerung, das heisst: der so genannten Ethnien der in Syrien lebenden Menschen wird man als durchschnittlicher Nachrichtenkonsument unterrichtet. Dass es offensichtlich zahlreiche "Söldner" gibt, welche sich kriegerisch-mordend betätigen, ist die eine Seite. Wer diese Söldner bezahlt, eine andere, unbeantwortete. Woher die Waffen stammen, welche die "Rebellen" zur Verfügung haben: Weder wird danach gefragt noch wird nach Antwort danach gesucht. Die einfache Frage, ob beispielsweise die Bevölkerung der Stadt Aleppo insgesamt oder mehrheitlich oder nur zu einem geringen Teil gegen für oder gegen das Assad-Regime ist oder ob sie vielleicht eher unpolitisch war, bis man ihr den Bürgerkrieg aufgezwungen hat - und von wem allenfalls dieser denkbare Zwang ausgegangen ist - alles Unbeantwortetes, weil gar nicht Nachgefragtes.
Dass man westlicherseits so tut, als schützen Russland und China das Assad-Regime, als belieferen diese beiden Vetomächte hintendurch Assads Restarmee mit Munition und dergleichen mehr ist zwar allenthalben nachzulesen und zu hören. Die Dementis namentlich aus Moskau werden dabei süffisant behandelt, als Lügen dargestellt. Dass Katar und Saudi-Arabien in Syriens Bürgerkrieg, den sie mindetsens mitangerührt haben, mitmischen, und zwar sowohl mit Waffenlieferungen, Logistik, als auch mit "Diplomatie" usw., ist zwar ziemlich offensichtlich, gibt aber in den westlichen UN-Vetohauptstädten wenn, dann nur hinter vorgehaltenen Händen zu reden.
Kurz: Die Frage, was nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien folgen soll, wie die Dschihadisten und die übrigen Söldnerherrschaften behandelt werden, welche politischen Ziele (oder auch nur, welche Ansätze demokratischer Strukturvorstellungen inklusive der Bereitschaft zu Kompromissen) die so genannte syrische Opposition hat, läuft in der westlichen Diplomatie und auch im UN-Sicherheitsrat, sieht man mal von russischen Vorschlägen und Annans inzwischen verlorenem Friedensplan ab, in schlichte Leere. Von der lautstarken Erdogan-Clinton-Hollande-Forderung nach Sicherheitsrats-Intervention (was immer solches dann ausser einer "Verurteilung" Assads den Menschen ringen soll) abgesehen ist kein "westliches" Element irgend eines politischen Handlungsszenariums erkennbar.
Inzwischen kann man immerhin, wenn man sich darum bemüht, Nachrichten über Menschen, welche Syrerinnen und Syrer sind, einigermassen gesicherte Nachrichten, lesen und hören. Zum Beispiel:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/krieg-in-syrien-assad-gegner-und-anhaenger-feiern-in-beirut-a-847018